„Irgendwie glaube ich schon…“

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Große kirchliche Ereignisse, wie der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Deutschland im September 2011, ziehen tausende begeisterte Jugendliche an. Besucht man indes an einem Sonntagmorgen eine der katholischen Kirchen irgendwo im Bundesgebiet, wird sich ein ganz anderes Bild der Kirchengemeinde ergeben – nur wenige Jugendliche bis auf die MessdienerInnen, kaum Erwachsene und viele alte Menschen besuchen den sonntäglichen Gottesdienst.

Wie ist es also um das Verhältnis von jungen Menschen zur Amtskirche und ihrer persönlichen Religiosität bestellt?

Prof. Dr. Ulrich Kropač, Inhaber des Lehrstuhls für Didaktik der Religionslehre für Katechetik und Religionspädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, spricht in seinem Artikel Jugend und Religiosität in der Zeitschrift Pädagogik von einem anhaltenden Trend, der die christliche konfessionsgebundene Religion in Deutschland weiter auf dem Rückzug sieht und zu der Einschätzung kommt, „dass das Christentum in Deutschland schwierigen Zeiten entgegengeht“. Davon zu unterscheiden ist eine persönliche Religiosität, die mehr als 50% der Jugendlichen für sich in Studien reklamieren.

Im Hinblick auf die Gottesvorstellung ist es bemerkenswert, dass immer weniger katholische Jugendliche an einen personalen Gott glauben. Laut Shell-Studie 2010 ist von 2006 auf 2010 der Anteil von 40 auf 32 Prozent gesunken. Immerhin noch 22 Prozent der jungen katholischen Studienteilnehmer glauben an ein göttliches Prinzip. Ganz anders sieht dies hingegen bei den Jugendlichen aus, die anderen Religionen angehören und zu 57 Prozent angeben, an einen personalen Gott zu glauben. Jugendliche mit Migrationshintergrund äußern in Studien einen wachsenden Bezug zu ihrer Religion, der im Laufe der letzten Jahre noch zugenommen hat.

Für katholische und evangelische Jugendliche ist ein Trend weg von einer personalen Gottesvorstellung und hin zu einer religiösen Unsicherheit zu erkennen. „Religion soll, so der Anspruch der Jugendlichen, behüten und beschützen, wärmen und verwöhnen – und ein bisschen Sicherheit geben.“ Diese sehr funktionale Sichtweise von Religion geht mit der oft geäußerten Beobachtung einher, dass Jugendliche sich beispielsweise firmen lassen, um ein schönes Fest zu feiern bzw. die Geschenke von den Verwandten und Großeltern zu erhalten. Religiöse Bräuche werden so oftmals als „Zugehörigkeits- bzw. Abgrenzungsmittel“ funktionalisiert. Damit einher geht eine grundlegende Änderung in Bezug auf die Rolle, die Religion im Leben der Jugendlichen spielt – Religion muss sich heute in das Leben der Jugendlichen einpassen und ist keine lebensleitende Orientierung mehr. Weiterhin ist eine Abnahme in Bezug auf Mitgliedschaft in einer kirchlichen Jugendgruppe zu konstatieren. „War 1953 noch jeder zehnte Jugendliche in Westdeutschland Mitglied in einer kirchlichen Jugendgruppe, so traf diese um die Jahrtausendwende nur mehr auf sieben Prozent zu.“ Ebenfalls nachgelassen hat die persönliche Gebetspraxis von Jugendlichen, die sich aber auf einem konstanten bzw. „schwach rückläufigen Wert um 30 Prozent“ bezogen auf Westdeutschland eingependelt hat.

Immer wichtiger, so der Autor, wird die religiöse Sozialisation durch Medien. Die mediale Präsenz des Religiösen u.a. in Werbung, Pop-Musik und sozialen Netzwerken etc. beeinflusse die religiöse Sozialisation von jungen Menschen immer stärker und dies umso mehr je weniger religiöse Sozialisation eine Person in ihrer Kindheit und Jugend erfahren hat. Da dieser Anteil in Deutschland kontinuierlich wächst, gilt dieser Entwicklung besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

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