Religionsunterricht kompetenzorientiert

Klaaßen, Anne; Möller, Rainer (Hgg.): Religionsunterricht kompetenzorientiert. Praxisbeispiele für die Grundschule. Mainz 2014, 214 S.

Die Publikation enthält sieben Lernsequenzen für die dritte und vierte Klassenstufe zu den Themen Die Wörterfabrik; Das Sakrament der Taufe; Evangelisch – Katholisch; Mit Jakob neu anfangen; Warum am Sonntag Ruhe halten?; Wunder entdecken und Umgang mit Tod, Sterben und Trauer.

Unterrichtende des Fachs Religion sollen durch dieses Buch dabei unterstützt werden, Inhalte und Kompetenzen möglichst gut miteinander zu vernetzen, sodass Schülerinnen und Schüler, ausgehend von lebensweltlichen Erfahrungen, religiös aussage- und partizipationsfähig werden.

Hierfür hat eine Arbeitsgruppe die oben erwähnten Lernsequenzen erstellt, praktisch erprobt, reflektiert, evaluiert, weiterentwickelt und mit didaktisch-methodischen Hinweisen versehen.

Jeder der Lernsequenzen geht eine komprimierte Sachanalyse und ein sechsschrittiges Planungsmodell voraus: 1. Kompetenzen und Inhalte verschränken, Anforderungssituationen identifizieren; 2. Die Lernausgangslage erheben und Zieltransparenz herstellen; 3. Lernwege kompetenzorientiert gestalten und begleiten; 4. Lernen beobachten und sichtbar machen, Orientierung geben; 5. Wissen und Können erweitern, sichern, üben und wiederholen; 6. Lernergebnisse feststellen und Lehr/-Lernprozess evaluieren.

Dabei beziehen die Autorinnen ihre Ausführungen stets präzise auf die anschließend folgenden Arbeitsblätter/Kopiervorlagen und reichern sie durch Beispiele von Kinderantworten aus der Erprobungsphase an. Darüber hinaus wäre es hilfreich gewesen, Verlaufsplantabellen zu erstellen und auch das eine oder andere schriftliche Ergebnis von Schülerinnen und Schülern zu dokumentieren.

Dafür sind die zahlreichen Arbeitsblätter, auch in ihrer Abfolge, sehr gut durchdacht, vielfältig, sowie kindgemäß und ästhetisch ansprechend. Zudem entsprechen sie den Anforderungen eines differenzierten und, teilweise, auch eines inklusiven Religionsunterrichts: Oft werden verschiedene Aufgaben zur Wahl gestellt, die unterschiedlichen Lerntypen gerecht werden, etwa Pantomime, Rollenspiel, Interview oder die Vorstellung eines Bilderbuchs zum Thema „Wunder“ (S. 173f.). Zumeist sind auch die Kompetenzraster zur Selbstevaluation am Ende der einzelnen Lernsequenzen gut verständlich formuliert und fragen differenziert nach dem Lern- und Wissenszuwachs, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren.

Die Lernsequenz zur Wörterfabrik (S. 21–50) überzeugt durch besonders schön gestaltete Arbeitsblätter (z.B. für „Edelstein“-Wörter, S. 37), eine sehr schlüssige Wechselbeziehung von Lebenserfahrung und Glaubensinhalten sowie Aufgabenstellungen, die auch für intellektuell schwächere Schülerinnen und Schüler durchweg gut zu bewältigen sind.

In der Unterrichtseinheit Taufe (S. 51–74) wird die Symbolik des Wassers sowie des Unter- und Auftauchens sehr verständlich vermittelt; auch die Auswahl an Tauf- und Segenssprüchen (S. 67–70) weiß zu überzeugen. Hier wären allerdings noch Zeichnungen und Erläuterungen zu weiteren Symbolen sinnvoll gewesen, die bei einer Taufe Verwendung finden, z.B. Taufkleid oder Taufkerze. Auch die Bedeutung des Namens und die Aufgaben der Taufpaten bleiben unerwähnt; weiterhin fehlen Informationen zum Ablauf einer Tauffeier.

Die Lernsequenz Evangelisch-Katholisch (S. 75–92) bietet anschauliches Bildmaterial, eine gut elementarisierte Kurzbiographie Martin Luthers sowie kindgerechte Erläuterungen über die Ursachen und geschichtlichen Hintergründe der Reformation. Was hier jedoch fehlt, sind Lernimpulse und Arbeitsblätter zur Erschließung der wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Konfessionen in der Gegenwart.

Die Jakobsgeschichte (S. 93–128) wurde in durchweg gut verständlicher Sprache auf die wesentlichen Ereignisse reduziert (S. 99–108) und so gestaltet, dass sie von den Schülerinnen und Schülern zu einem Heftchen zusammengebunden werden kann. In dieser Lernsequenz wird besonders das Einfühlungsvermögen der Kinder gefördert: in Bezug auf Jakob, aber auch auf seinen Bruder Esau und andere beteiligte Personen. Die Bedeutung von Segen (im tieferen Sinn), Hoffnung auf Gottes Beistand auch in der Krise, vom inneren Ringen im Vorfeld einer schwierigen Entscheidung und von Versöhnung kann von den Kindern mit Hilfe der bereitgestellten Materialien (u.a. Bildern von Marc Chagall und Sieger Köder) gut herausgearbeitet werden.

Sehr lebensnah ist die Konzeption des Kapitels zum Sonntag (S. 129–156). Nach einer Erforschung der Ursprünge des Ruhetags im Alten Testament (3. Gebot, Gestaltung des Schabbats im Judentum) werden, kindgemäß vereinfacht, die Gesetze benannt, welche hierzulande den arbeitsfreien Sonntag schützen. Darüber hinaus stellen die Verfasserinnen aber auch Ausnahmesituationen zur Diskussion, verbunden mit Erzählungen von Krankenheilungen am Schabbat aus den Evangelien. Auch eine sinnvolle, gemeinschaftsfördende Gestaltung des Sonntags in der Familie wird thematisiert.

In der Unterrichtseinheit zum Thema Wunder (S. 157–184) wird zu Beginn deren Abgrenzung zu anderen außergewöhnlichen oder nur schwer erklärbaren Ereignissen und Phänomenen zur Diskussion gestellt (S. 170–172). Im weiteren Verlauf bilden sowohl Heilungsgeschichten aus den Evangelien einen Schwerpunkt als auch mögliche Wunder in der Gegenwart. Gerade bei dieser Lernsequenz wurde besonders gut auf die Aktivierung unterschiedlicher Lernkanäle der Schülerinnen und Schüler geachtet (vgl. Lernangebote zur Wahl, S. 173 f.).

Die abschließende Lernsequenz zur Thematik Umgang mit Tod, Sterben und Trauer (S. 185-214) überzeugt durch Einfühlungsvermögen und Diskretion. Hilfreich sind die Erläuterungen zu geeigneten Kinder- und Bilderbüchern (S. 196–199), auch wenn hierbei eine Publikation fehlt, die vom Tod eines Haustieres handelt. Als gut umsetzbar erweisen sich außerdem die Lernimpulse zur Erkundung eines Friedhofs (S: 203 f., S. 209, u. 2011). Durch die Darbietung der biblischen Ostererzählung von den drei Frauen am leeren Grab klingt auch die Auferstehungshoffnung an (S. 205 u. 212), was aber von der Lehrperson noch weiter ausdifferenziert und vertieft werden müsste.

Auch wenn die Publikation insgesamt etwas textlastig ist – so fehlen z.B. weitgehend Lieder, Kunstbilder oder Bastelideen – erweist sie sich dennoch als reiche Fundgrube, aus der durchaus auch nur einzelne Bausteine entnommen werden können. Vor allem aber helfen die gut durchdachten Ausführungen und Konkretionen, den Sinn eines kompetenzorientierten Religionsunterrichts mit einer solchen Klarheit und Tiefenschärfe zu verstehen, wie sie aus sonst nur wenigen bisherigen Publikationen für den Grundschulbereich hervorgeht.

Obwohl die Publikation für den evangelischen RU erstellt wurde, enthält das Buch vieles, was auch im konfessionell-kooperativen oder katholischen Religionsunterricht problemlos verwendet und umgesetzt werden kann.

Das Buch kann in der Mediathek Freiburg und in vielen der 16 Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums Freiburg ausgeliehen werden.

Weitere Informationen finden sich hier>>

 

Josef Gottschlich

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