Pemsel-Maier, Sabine: Gott und Jesus Christus : Orientierungswissen Christologie. Stuttgart 2016, 238 S.. ISBN 978-3-17-023414-7.
In der Reihe Theologie elementar hat Frau Professorin Dr. Sabine Pemsel-Maier sich dem Anliegen Christologie elementar gewidmet. Der Titel des sehr empfehlenswerten Buches heißt
Ziel des Buches ist es „die Darstellung an christologischen Grundfragen und Perspektiven auszurichten, die sich in besonderer Weise im Kontext Schule stellen“ (S. 13). Abgesehen von Einführung und Abschluss enthalten alle Kapitel Theologische und wissenschaftstheoretische Zugänge, Religionspädagogische Herausforderungen, Christologisches Basiswissen und Didaktische Perspektiven.
Das Buch enthält die Themen, die Theologinnen und Theologen in einer Christologie erwarten. Darüber hinaus thematisiert Sabine Pemsel-Maier die Bedeutung dieser klassischen Christologie-Themen für Menschen im 21. Jahrhundert und besonders für Kinder und Jugendliche.
Schon das erste Kapitel Einführung: Was ist und was will Christologie? enthält etliche Abschnitte, die ihre jeweilige Themenstellung so kompetent, prägnant und verständlich darstellen, dass sie hervorragend für den Religionsunterricht in der Kursstufe geeignet sind. Als besondere Herausforderung im Religionsunterricht aller Schularten und Schulstufen diagnostiziert Sabine Pemsel-Maier, dass den Schwierigkeiten mit explizit christologischen Themen durch eine deutliche Schwerpunktsetzung auf die Person Jesus von Nazaret begegnet wird. Dem häufig anzutreffenden Phänomen, dass theologischen Deutungen aus dem Weg gegangen wird, möchte sie mit ihrem Buch entgegenwirken.
Die Kapitel-Überschriften kombinieren jeweils ein jugendsprachliches Zitat mit dem theologischen Thema.
In Kapitel 2 „Wenn es den Typen gegeben hat, war er geil.“ Wie sich Schüler/-innen Christologie aneignen plädiert die Autorin unter Berufung auf Studien zu den Vorstellungen von Kindern und Jugendlichen für mehr Mut zur Christologie (S. 37). Auch wenn die Konstruktionen der Jugendlichen in Spannung zu wissenschaftlicher Christologie stehen, können die beiden Pole im Religionsunterricht miteinander in Dialog gebracht werden, so dass bei allem Respekt vor der religiösen Freiheit der jungen Menschen zumindest deutlich wird, dass Jesus Christus der Frage wert ist.
Das dritte Kapitel „Ist das wirklich so passiert?“ Geschichtliche Überlieferung und Glaubensüberlieferung thematisiert als religionspädagogische Herausforderungen, wie unterschiedlich Kinder und Jugendliche mit der Frage nach Historizität umgehen und welchen Schwierigkeiten Religionslehrkräfte bisweilen begegnen, wenn sie ihrem unterrichtlichen Auftrag gerecht werden, vermeintlich historische Aussagen zu dekonstruieren (S. 42).
Kapitel 4 „Was weiß man wirklich sicher über ihn?“ Die Frage nach dem historischen Jesus und seine Zeit enthält etliche Abschnitte, die genau richtig sind als Texte für das Kernfach Religion: Theologische und wissenschaftstheoretische Zugänge bietet Grundlagen für das Schwerpunktthema Wissen und Glauben, das christologische Basiswissen deckt verschiedenen Themen des Schwerpunktes Jesus Christus ab. Dasselbe gilt für das fünfte Kapitel „Was wollte der eigentlich genau?“ Die Botschaft und das Handeln Jesu. Präzise und schlüssig auf den Punkt gebracht ist der Vergleich der Reich-Gottes-Botschaft Jesu mit den anderen Vorstellungen, die sich Gruppierungen zur Zeit Jesu gemacht haben (S. 67).
Es gehört zu den rätselhaften Phänomenen unserer Zeit, dass Filme sich offensiver mit der Erlösungsthematik beschäftigen als der Religionsunterricht (S. 77). Die Autorin stellt sich der Thematik in drei Kapiteln: 6. „Mit ihm hat sich die Welt doch nicht wirklich geändert!“ Zum erlösenden Handeln Jesu Christi, 13. „Wegen mir hätte er nicht sterben müssen!“ Die Heilsbedeutung des Todes Jesu und 14. „Also wirklich sündigen, wie jemand umbringen oder so, tu ich nicht!“ Erlösung von der Sünde. Sabine Pemsel-Maier bezeichnet es als Aufgabe des Religionsunterrichts, die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler auf mögliche Heilsspuren in ihrem Leben zu lenken und sie für eine Ahnung von dem Heil zu sensibilisieren, das Gott schenkt (S. 84).
Das siebte Kapitel „Wer fand denn damals den Jesus gut?“ Vom Volk Israel zum neuen Volk Gottes bietet wieder sehr gute Oberstufentexte – dieses Mal zu den Schwerpunktthemen Jesus Christus und Kirche.
Die Thematisierung des Todes Jesu im achten Kapitel „Warum musste er sterben, wo er doch nichts Schlimmes getan hat?“ Auf dem Weg zum Kreuz mündet in das Plädoyer, Passion und Kreuz nicht aus der Perspektive der Auferstehung in den Blick zu nehmen, sondern in den Zusammenhang seines Lebens und Wirkens zu stellen (S. 101f). Konsequenterweise folgt diesem Kapitel nicht unmittelbar das Auferstehungsthema, sondern die Frage nach der Bewertung Jesu durch seine Zeitgenossen: 9. „Merkten die Leute damals, dass er etwas Besonderes war?“ Auf den Spuren impliziter Christologie. Die Autorin sieht in dem Ansatz einer Christologie von unten die Chance, dass den Schülerinnen und Schülern eine Verbindung zwischen dem geschichtlichen Jesus und dem Christus des Glaubens aufscheinen könnte (S. 107).
Das Kapitel zur Auferstehung „Dass einer tot ist und wieder lebt, das glaub ich nicht!“ Die Botschaft von der Auferweckung nennt als didaktische Perspektive, dass der Thematisierung der Auferstehung andere christologische Reflexionen vorausgegangen sein sollten (S. 121) und der Zusammenhang zwischen der Auferweckung Jesu Christi und der christlichen Jenseitshoffnung Jugendlichen nicht bewusst ist und darum erschlossen werden sollte (S. 124).
Der Thematisierung der Hoheitstitel 11. „Diese Namen verstehe ich nicht.“ Christologische Würdetitel folgt ein Überblick über die neutestamentlichen Schriften: 12. „Ich kenn ganz viele Geschichten von ihm.“ Christologische Konzepte im Neuen Testament. Der Überblick über die verschiedenen christologischen Schwerpunkte der Evangelien ist wieder hervorragend als Unterrichtsmaterial geeignet (S. 137-141).
Zum Abschluss der biblischen Christologie folgen die beiden bereits erwähnten Kapitel über die Heilsbedeutung des Todes Jesu und die Erlösung von der Sünde, die inhaltlich eng zusammengehören. Kapitel 14 thematisiert über die soteriologischen Aspekte hinaus die anthropologischen Grundlagen. Die Sündenthematik hat sich in der gesellschaftlichen Wahrnehmung so geändert, dass auch das Thema Erlösung andere Akzente verlangt.
Kapitel 15 „War er Mensch oder Gott?“ Grenzziehungen der alten Kirche thematisiert auch den konfessionellen Dissens dieser christologischen Grundfrage. Professor Dr. Joachim Weinhardt, evangelischer Kollege der Autorin an der PH Karlsruhe, ergänzt ihre Ausführungen um eine evangelische Auslegung (S. 182-185).
Das folgende Kapitel „Ich kann mir nicht vorstellen, wie das zusammengeht.“ Wahrer Mensch und wahrer Gott widmet sich verschiedenen Deutungen der christologischen Dogmen der alten Kirche und stellt das Modell der Christologie als vollendeter Anthropologie nach Karl Rahner vor. Auch dieser Text eignet sich für den Religionsunterricht in der Oberstufe. Als didaktische Perspektive formuliert Sabine Pemsel-Maier: „Dass Menschsein nach christlichem Verständnis auf Gott hin angelegt ist und nur in der Beziehung zu Gott seine Erfüllung findet, ist gerade nicht als eine Einsicht unter anderen lehr- und didaktisierbar, sondern das große Thema des Religionsunterrichts, das in vielen Variationen und immer wieder neu anzugehen ist.“ (S.195)
Eschatologische Fragen werden im 17. Kapitel thematisiert: „Wieso sollte er noch einmal kommen?“ Die Erwartung von Wiederkunft und Gericht. Die Autorin plädiert dafür, sich der Herausforderung des sperrigen Themas zu stellen und die Verantwortung für das eigene Tun zu vermitteln, aber auch den Aspekt, dass von Gott her Dinge und Menschen richtig gemacht werden (S. 204).
Die Frage nach der Gegenwart Jesu führt in Kapitel 17 zur Pneumatologie: „Im Innern ist er noch da, auch wenn er längst tot ist!“ Die bleibende Gegenwart Jesu Christi im Geist. Konsequenterweise folgt die Thematisierung der Dreifaltigkeit: 19: „Wenn Gott Gott ist und Jesus auch göttlich ist – wie passt das zusammen?“ Von der Christologie zur Trinität. Dieses Thema erhält im interreligiösen Dialog besondere Relevanz (S. 214).
Das letzte Kapitel Jesus Christus – die nicht mehr zu überbietende Offenbarung Gottes hält unter bewusster Kenntnisnahme der Provokation, die mit diesem Anspruch verbunden ist, daran fest, dass Gott sich in Jesus Christus in unüberbietbarer Weise offenbart hat und leitet über zu der Frage, wie mit diesem Anspruch im Dialog mit anderen Religionen umzugehen ist. Dazu verweist Sabine Pemsel-Maier abschließend auf eine andere Veröffentlichung der Reihe Theologie elementar.
Die Lektüre des Buches Gott und Jesus Christus ist für Religionslehrerinnen und Religionslehrer ein großer Gewinn. Zum einen wird das christologische Wissen aus Studienzeiten kompakt auf den aktuellen Diskussionsstand gebracht. Zum anderen wird die Theologie mit aktuellen religionspädagogischen Studien in Verbindung gebracht, so dass sich etliche Impulse für den eigenen Unterricht ergeben. Und zu guter Letzt finden zumindest Kolleginnen und Kollegen der gymnasialen Oberstufe viele geeignete Texte für ihre Schülerinnen und Schüler.
Dr. Sabine Mirbach