Kurt, Aline: 30 x soziales Lernen für 45 Minuten. Fertige Stunden zur Förderung der
Sozialkompetenz. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr, 2015, 128 S.
Die Autorin setzt in dieser Publikation mehrere Akzente: Neben Achtsamkeit, Toleranz, Stärkung der inneren Widerstandsfähigkeit und gewaltfreier Konfliktbewältigung geht es unter anderem um Mitgefühl, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Zivilcourage.
Im Bildungsplan 2016 ist das soziale Lernen jeweils im Bereich 1 (Mensch) verankert; zudem spielt es bei der Leitperspektive Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt eine zentrale Rolle. Für das Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler in der Klassen- und Schulgemeinschaft kommt es entscheidend darauf an, dass soziales Lernen gelingt, da nur dann eine angstfreie und von gegenseitiger Unterstützung getragene Zusammenarbeit möglich ist.
Das Buch umfasst jeweils 15 Einzelstunden für die dritte und für die vierte Klassenstufe.
Wie stets in Aline Kurts Publikationen folgen auf Erläuterungen für Lehrerinnen und Lehrer Arbeitsblätter und Kopiervorlagen für die Hand der Schülerinnen und Schüler.
Für die dritte Klassenstufe werden zunächst die Inhalte Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung thematisiert. Hierbei geht es unter anderem darum, dass sich die Grundbefindlichkeiten Trauer und Wut bei jedem anders äußern und es, gemäß des Drei-Hirne-Modells von Paul MacLean, eher verständnisvoll-körpersprachenbezogene, primär aufbrausend-lebhafte und bevorzugt zurückhaltend-nüchterne Persönlichkeiten gibt. Hier gilt es, Toleranz und Verständnis für Mitschülerinnen und Mitschüler zu entwickeln, deren Wesensart sich von der eigenen deutlich unterscheidet.
Weiterhin setzt Aline Kurt hilfreiche Akzente zur Stressbewältigung, zum Beispiel durch Atemübungen und die Methode der Gefühlstrennung, welche verhindert, dass Gefühle innerer Anspannung im Gehirn abgespeichert werden. Des Weiteren gibt die Autorin auch Anregungen zur Stressvorbeugung, etwa durch Hinweise für die Freizeitgestaltung in Form eines Wochenplans, bei dem Aktivität und Erholung in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Auch werden Lernimpulse zur Selbstliebe vermittelt, die im Verbund mit der Gottes- und Nächstenliebe das christliche Hauptgebot ausmacht (vgl. Mk 12,29–31). So einigen sich die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe der Platzdeckchen-(Placemat-) Methode auf gemeinsame Ideen, was besonders hilfreich ist, um sich selber annehmen und bejahen zu lernen. In einer weiteren Unterrichtsstunde bedenken die Kinder mithilfe ansprechend gestalteter und übersichtlich gegliederter Arbeitsblätter die Vor- und Nachteile von Klassen- und Schulregeln, wobei es auch darum geht, unter welchen Umständen solche Vereinbarungen außer Kraft gesetzt werden dürfen.
Schließlich gibt die Autorin mithilfe der Giraffensprache (in Abgrenzung von der Wolfsprache) den Schülerinnen und Schülern Anregungen, auch in kritischen Situationen ruhig zu bleiben, Kritik auf konstruktive Weise zu üben und gerechte Kompromisse zu finden.
Die Unterrichtshilfen zum vierten Schuljahr beginnen mit Tipps zur Einführung neuer Klassenämter, z.B. Streitschlichterbeauftragte/-r, Mutmachbeauftragte/-r und Trostspendenbeauftragte/-r. Danach folgen Lernimpulse und Konzentrationsübungen zur Achtsamkeit anhand eines Fragekatalogs und einer Landschaftsaufnahme. Selbstwert-Karten dienen dazu, dass die Schülerinnen und Schüler sich eigener Stärken bewusst werden können. Bei einem Gruppenfeedback beurteilen die Kinder zunächst ihr eigenes Sozialverhalten mithilfe eines Selbstreflexionsbogens, bevor sie in Kleingruppen dann gemeinsam über Verhaltensweisen der jeweils anderen Schülerinnen und Schüler nachdenken.
Eine besonders empfehlenswerte Unterrichtsstunde handelt vom Mitgefühl mit Tieren. Hier finden sich auch die schönsten (Schwarz-Weiß-)Fotografien der Publikation. Bei Lernimpulsen zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit wird konsequent darauf geachtet, dass die Kinder zur Bewahrung der Schöpfung in ihrem Nahbereich eigene Ideen entwickeln und umsetzen. Nach Unterrichtsbausteinen zu den Themen Wahrhaftigkeit (achtes Gebot) und Gerechtigkeit (siebtes Gebot) folgen Lernimpulse zur Vorbeugung und Behebung von Mobbing, auch mithilfe eindrücklicher Fotos. Diese Unterrichtsstunde enthält, neben den Lernanregungen zur Zivilcorage und zu der Durchführung einer Streitschlichterkonferenz, die anspruchsvollsten Inhalte des Buches und eignet sich daher erst für das letzte Vierteljahr der vierten Jahrgangsstufe.
Auch in dieser Publikation sind Aline Kurt die selbsterzählten Geschichten aus der Lebenswelt der Kinder besonders gut gelungen. Es empfiehlt sich jedoch, manche Begriffe durch andere zu ersetzten: finanziell schwache statt „sozial schwache“ Familien (S. 98), Kleidung statt „Klamotten“ (S. 99) oder gelassen anstatt „cool“ (S. 47).
Ansonsten aber kann die Publikation nahezu uneingeschränkt für den Religionsunterricht der dritten und vierten Klassenstufe empfohlen werden. Abschließend ist hervorzuheben, dass Religion hier in erster Linie als Unterrichtsprinzip erscheint: Das entscheidende Lernziel ist ein von Wohlwollen und gegenseitiger Wertschätzung getragenes Miteinander.
Josef Gottschlich
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