Biesinger, Albert; Kohler-Spiegel, Helga; Hiller, Simone (Hg.): Gibt es ein Leben nach dem Tod? Kinder fragen – Forscherinnen und Forscher antworten. München 2017, 144 S.
Je kleiner die Kinder, desto größer sind ihre Fragen: Diese (religions-)pädagogische Erkenntnis ist nicht neu. Sie macht auch vor den letzten Dingen des Lebens nicht halt: Tod, Auferstehungshoffnung, Ewigkeit, Jenseitsvorstellungen, Gericht, Hölle und Himmel.
All dies beschäftigt ein Kind vor allem dann, wenn ein nahestehender Mensch gestorben ist, es um ihn trauert und ihn vermisst. Aber auch schon der Verlust eines Haustieres kann sehr schmerzlich sein. Wie kann man ein Kind in einer solchen Situation trösten?
Diesen und weiteren Fragen widmen sich die acht Autorinnen und neun Autoren des mittlerweile fünften Bandes der Reihe Kinder fragen – Forscherinnen und Forscher antworten. Dies geschieht in 17 thematisch geordneten Kapiteln, wobei immer ein Teilaspekt der Eschatologie betrachtet und Kindern gut verständlich gemacht wird, ohne dabei den jeweilige Sachverhalt zu sehr zu vereinfachen. Dennoch sind viele Inhalte der Publikation erst ab der dritten Klassenstufe geeignet, will ein Kind sie sich durch Lesen selbstständig erschließen. Jüngeren Kindern kann aber durchaus auch bereits aus dem Buch vorgelesen werden; sie bedürfen jedoch ergänzender Erläuterungen und klärender Gespräche.
Ohnehin ist die Eschatologie, die Lehre von den „letzten Dingen“, eine Teildisziplin der Theologie, die im Vergleich zu ihren anderen Forschungsgebieten nur vage und relativ unklare Antworten bereithält. Hieraus machen die Autorinnen und Autoren auch keinen Hehl: Sie geben offen zu, dass es für ein Weiterleben nach dem Tod keine Beweise gibt (z.B. S. 14, S. 80) und letztlich nur Gott allein weiß, was dann mit uns geschehen wird (z.B. S. 101).
Neben spezifisch theologischen Themen wie Gericht, Himmel, Hölle, Auferstehungshoffnung oder dem Glauben an eine Wiedergeburt werden aber auch eher medizinische Fragen angesprochen: Welche Organe versagen hauptsächlich, bevor ein Mensch stirbt? Welche Möglichkeiten stehen zur Verfügung, um starke Schmerzen zu lindern oder einen Menschen in Todesangst zu beruhigen?

Gibt es ein Leben nach dem Tod von Helga Kohler-Spiegel
Auch die Frage, was dazu führen kann, dass ein Mensch freiwillig aus dem Leben scheiden will, wird offen und ohne Tabus beantwortet. Gerade in diesem Kapitel werden Kinder jedoch zurecht darauf hingewiesen, sich an Erwachsene zu wenden, wenn sie merken, dass jemand in ihrem Umfeld in Suizidgefahr schwebt (S. 55 f.)
Die Aufsätze des Bandes überzeugen ausnahmslos durch große Empathie und Behutsamkeit. So wird auch sensibleren Kindern nicht zu viel zugemutet. Vor allem besteht sehr offensichtlich ein gemeinsames Hauptanliegen der Autorinnen und Autorin darin, Kindern die Angst vor dem Tod zu nehmen. Im Beitrag über die Hölle (S. 97–103) etwa wird die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass diese leer sein möge. Der Aufsatz über das Gericht (S. 90–96) macht Kindern bewusst, dass dieses notwendig ist, weil der Mensch in seinen Entscheidungen ernstgenommen werden möchte und menschliches Bemühen um Gerechtigkeit letztlich immer unzureichend bleibt. Zugleich aber wird auch drauf verwiesen, dass Gott vor allem möglichst viele Menschen retten will (S. 95). Dies ist auch die Aussage des Beitrags über Nahtoderfahrungen (S. 23–29): Hier werde Menschen in der Rückschau auf ihr Leben („Lebensfilm“) zwar auch ihr Scheitern vor Augen geführt (S. 24), doch wüssten sie sich dabei zugleich von Gottes Geborgenheit beruhigt und getragen. Bei erstaunlich vielen Betroffenen habe eine solche Erfahrung sogar zu einem radikalen Gesinnungswandel geführt (S. 25).
Ein Kapitel (S. 68–76) widmet sich den einzelnen Elementen einer Trauerfeier und Bestattung, wobei auch der Sinn der jeweiligen Rituale, beispielsweise das Besprengen des Sarges mit Weihwasser, gut verständlich erläutert wird. Wie in den anderen Beiträgen, so lockern auch hier die farbenfrohen Illustrationen von Masche Greune die Erläuterungen angenehm auf, entsprechen aber zugleich auch durchweg dem Ernst der Thematik.
Bei allem Abschiedsschmerz, den der Tod uns unleugbar abverlangt, wird auch ausgeführt, wie verhängnisvoll und belastend ein unvergängliches Leben auf der Erde wäre, allein schon aus Platzgründen und aufgrund der dann noch weitaus größeren Ressourcenknappheit (S. 37–39).
Das Kapitel über ein mögliches Weiterleben von Tieren (S. 125–133) kann Kinder nicht nur trösten, sondern gibt ihnen auch Impulse, sie als Mitgeschöpfe wahrzunehmen, die vieles mit uns Menschen gemeinsam haben und vor nicht-artgerechter Haltung zu schützen sind.
Die Beiträge über Jenseitsvorstellungen in Judentum, Islam und Buddhismus gehören zu den anspruchsvollsten Texten des Buches und finden sich demgemäß auch gegen Ende der Publikation. Diese Aufsätze eignen sich aber durchaus als Grundlage, um im Religionsunterricht ab der vierten Klassenstufe Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur christlichen Auferstehungshoffnung zu erarbeiten.
Sehr hilfreich sind auch dieses Mal wieder die weiterführenden Impulsfragen am Ende jedes Kapitels, vor allem für das gemeinsame Gespräch in der Familie, im Religionsunterricht oder in der Sakramentenvorbereitung. Denn gerade die Konfrontation mit dem belastenden Thema Tod erfordert neben einer vertrauensvollen Atmosphäre auch eine offene, möglichst angstfreie Auseinandersetzung und einen starken Zusammenhalt. Der vielleicht größte Vorzug des Buches liegt darin, dass es nicht nur hilfreiche Sachinformationen liefert, sondern insbesondere auch hierzu viele bedenkenswerte Denkanstöße gibt und damit glaubwürdige Hoffnung vermittelt, dass Liebe tatsächlich stärker ist als der Tod.
Josef Gottschlich
Das Buch ist im Medienportal der Mediathek Freiburg und einigen der 16 Religionspädagogischen Medienstellen der Erzdiözese Freiburg entleihbar.
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