In den „Medien-Besprechungen“ erscheinen Beiträge, die über alle Arten von Medien informieren.
Die besten Methoden für den Religionsunterricht
Kurt, Aline: Die besten Methoden für den Religionsunterricht. Praxisorientierte Ideen für die Grundschule. Mülheim: Verlag an der Ruhr, 2014, 136 S.
Die Verfasserin hat in dieser Publikation ein breites Kompendium an Methoden für den RU in der Grundschule zusammengestellt: Lesen und Schreiben, Vortragen und Zuhören, Gestalten, Arbeit mit Bildern, Darstellen, Musik und Tanz, Mediationen und Gebete, Spiele, sowie Sachbegegnung und Erleben.
Ganz bewusst verzichtet die Autorin darauf, mit längeren theoretischen Vorüberlegungen in die neun Kapitel oder gar jede einzelne der 75 dargebotenen Methoden einzuführen. Somit ist ihr Buch ein unangestrengt zu lesendes, sehr gut verständliches Kompendium. Ebenfalls positiv: die klare, stringente Gliederung. Am Beginn der neun Kapitel steht jeweils eine Übersichtstabelle, in der mögliche Ziele aufgeführt sind, die mit Hilfe der einzelnen Methoden erreichbar sind; eine ausdrückliche Bezugnahme auf Kompetenzorientierung fehlt jedoch. Weiterhin kann diesen Listen entnommen werden, für welche Unterrichtsphasen (Einstieg, Arbeitsphase, Reflexion und Abschluss) sich die jeweilige Methode eignet und welche Sozial- und Unterrichtsform (z.B. Stuhlkreis, Einzelarbeit) dafür benötigt wird. Im weiteren Verlauf ist dann jeder dargebotenen Methode ein grau eingefärbtes Informationsfeld mit möglichen Themenbereichen zu deren Einsatz, Zeitbedarf, Alter und Material vorangestellt. Die Artikel selbst sind in drei Abschnitte untergliedert: Vorbereitung, So geht’s und Tipp.
Für die Vorstellung und Erläuterung der einzelnen Methoden benötigt die Autorin mit ganz wenigen Ausnahmen nur eine Seite. Somit gelingt es ihr, komprimiert und ohne unnötig lange Ausführungen über die jeweiligen Vorgehensweisen zu informieren. Dennoch findet sie häufig Raum für hilfreiche Impulse oder konkrete Beispiele beim Einsatz der einzelnen Methoden, zum Beispiel des Placemats (S. 15), Bibliologs (S. 31), gelenkten Bildgesprächs (S. 54) oder einer Fragemeditation (S. 101).
Zu den Themen „Fantasiereise“ (S. 91), „Körpermeditation“ (S. 93) sowie „Dank- und Bittgebet“ (S. 105f.) stellt Aline Kurt auch längere eigene Texte zur Verfügung. Behilflich sind weiterhin ihre Zusammenstellungen zu Bewegungsimpulsen (S. 77, für die pantomimische Darstellung z.B. von Himmel, Erde, Frieden, Leben…) und die Auswahl geeigneter Werke aus dem Bereich der klassischen Musik für den Einsatz im RU der Grundschule (S. 83). Ebenfalls geeignet ist die Checkliste zur Vorbereitung und Durchführung außerschulischer Exkursionen (S. 122), wenngleich diese noch durch eine Zusammenstellung von Utensilien ergänzt werden könnte, die speziell bei der Erkundung einer Kirche hilfreiche Dienste leisten. Eine besonders schöne Idee ist das relativ unaufwändige Basteln kleiner biblischer Erzählfiguren aus preisgünstigen Materialien (S. 71f.) Wie bereits in anderen Publikationen erläutert Aline Kurt sachkundig und detailliert, wie die Lehrperson Knet (S. 41) und Farbe (S. 36; 43f.) selber herstellen kann – das spart nicht nur Geld, sondern ist auch ein Beitrag zum Umweltschutz.
Obwohl auch erfahrene Lehrkräfte sicher das eine oder andere ihnen noch nicht Bekannte entdecken werden, fehlt es der Sammlung dennoch etwas an innovativen Methoden. Weiterhin sind einige Arbeitsformen (z.B. Schreibgespräch, Bibliolog, Schreibmeditation, einen Rap dichten) für Schülerinnen und Schüler der Grundschule sehr anspruchsvoll und bedürfen zumindest einer ausführlichen Einübungsphase. Auch wären bei manchen Methoden Fotos oder Schaubilder zur Illustration und Verdeutlichung sinnvoll gewesen.Zum gemeinsamen Gebet ist noch der Hinweis zu ergänzen, dass lautes Mitbeten immer nur auf freiwilliger Basis geschehen sollte.
Ansonsten lässt Aline Kurt jedoch großes Einfühlungsvermögen erkennen, indem sie zum Beispiel immer wieder Hinweise für den Umgang mit sensiblen Kindern oder schwächeren Schülerinnen und Schülern gibt. Auch dienen viele der dargebotenen Methoden dem tieferen Verständnis biblischer Geschichten (z.B. soziometrische Darstellung, S. 69), der Einübung in Perspektivwechsel (z.B. Bibliodrama, S. 66f.) und der Aneignung sozialer Kompetenzen (vor allem die Spiele im Schlusskapitel).
Somit ist die Publikation für die Vorbereitung und Durchführung eines motivierenden und abwechslungsreichen Religionsunterrichts in jedem Fall hilfreich und eine wichtige Ergänzung zu den bereits vorhandenen Methodenbüchern für den Religionsunterricht der Grundschule.
Weitere Informationen finden sich hier: http://www.verlagruhr.de/shop/dynvadr/shop/showproddtl.php?item=2407
Josef Gottschlich
Kristina Roth: Sinnhorizonte christlich gestalteter Schule : Eine schulpädagogische Begründung der Schulpastoral an staatlichen Schulen, Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2013, 347 Seiten,
ISBN 978-3-8300-6833-4
Die Autorin, Lehrerin und langjährige Referentin für Schulpastoral im Bistum Augsburg, legt mit diesem Buch ihre Dissertation vor, welche aufgrund der außergewöhnlich gründlichen Reflexionen und der klar erkennbaren Verortung in der Praxis im Folgenden ausführlich besprochen werden soll.
K. Roth lässt sich vom Prinzip leiten, Schulpastoral aus der Perspektive der Schulpädagogik zu beleuchten (vgl. S. 9 und 15). Dabei geht sie in sechs Arbeitsschritten vor: Mit der Frage, ob Schule Religion braucht (Kap. 1), umreißt sie theologische Begründungen von Religion und Religiosität. Religionsunterricht (Kap. 2) und Schulpastoral (Kap. 3) als etablierter bzw. neuerer Ort für eine Auseinandersetzung mit Religion bzw. Religiosität werden v.a. in rechtlicher und geschichtlicher Hinsicht vorgestellt. Darauf folgt die „Schultheoretische Fundierung für eine Auseinandersetzung mit Religion und Religiosität“ (Kap. 4) und aufgrund dessen die Verortung der Schulpastoral im Raum der Schule (Kap. 5). Hier illustrieren einige Praxisbeispiele mögliche Dienste der Schulpastoral. Wie Schulpastoral dazu beitragen kann, Schule zu einem Lebensraum werden zu lassen, lotet das letzte Kapitel (6) aus, das Theologie und Pädagogik zusammenführt.
Der Titel des ersten Kapitels ist spannend formuliert, lässt aber, da es um theologische Begründungen geht, die Antwort bereits erahnen. Kristina Roth beginnt mit einer Begriffsklärung von Religion und Religiosität und bezieht sich damit auf den Religionspädagogen Ulrich Hemel. Sein fünfgliedriges Modell von Religiosität wird zum Vergleichsmaßstab für alle im Folgenden vorgestellten Ansätze. Diese stammen aus der Forschung, aus der katholischen Bischofskonferenz, der EKD und aus empirischen Studien zwischen 2008 und 2010. K. Roth setzt sich konstruktiv-kritisch mit den vorgestellten Begründungslinien auseinander und gibt immer wieder erste schulpastorale Ausblicke. Das Kapitel zeigt einen hohen Grad von Reflexion an. Nachteilig ist zu bemerken, dass die Begriffe „Religiosität“ und „Spiritualität“ in ihrem Verhältnis zueinander nicht geklärt werden (vgl. S. 26 und 38f).
Ziel des zweiten Kapitels ist es, den schulischen Religionsunterricht so darzustellen, dass sein Profil sowohl in Abgrenzung zur Schulpastoral als auch in den Verbindungslinien mit ihr deutlich wird (S. 95). Die Autorin würdigt neben der deutschen Rechtslage kritisch die einschlägigen Papiere der deutschen Bischofskonferenz und schließlich den performativen Religionsunterricht. In diesem Durchgang bleiben Fragen des Profils bei allen Erklärungsversuchen offen, wie z.B. die nach der „pastoralen Qualität des Religionsunterrichts“ („Die bildende Kraft des Religionsunterrichts“ 1996; hier S. 106) oder nach den Grenzen des Ansatzes von Hans Mendl (S. 114–116). Was in diesem Kapitel sichtbar wird, ist noch keine klare Abgrenzung, sondern die schillernde Verhältnisbestimmung zwischen Religionsunterricht und Schulpastoral, die sich durch die Jahrzehnte ihrer Koexistenz zieht.
Auf den folgenden gut 70 Seiten gelingt K. Roth das Kunststück, alles Relevante zur Schulpastoral aufzuführen: Sowohl geschichtliche Meilensteine, rechtliche und pragmatische Grundlagen, als auch theologische Begründungen von schulpastoralem Tun werden von ihr dargestellt und kritisch kommentiert (vgl. S. 144 zur Abgrenzung zum Religionsunterricht). Mit diesem kritischen Blick hätten nun auch die Trägerinnen und Träger von Schulpastoral gesehen werden können: Sind dies zumeist die im Religionsunterricht Tätigen, so gibt es für sie nicht nur den Aspekt, wie weit sie im zusätzlichen schulpastoralen Ehrenamt belastet werden dürfen (vgl. S. 142f. 165), sondern auch das Problem, dass sich ihre Rolle zwischen Lehre und Seelsorge vermischt. Bereits in diesem Kapitel leistet K. Roth teilweise die notwendige Arbeit, Schulpastoral von schulpädagogischen Ansätzen her zu begründen (Kap. 3.2.5).
„Schulpastoral als ein Dienst der Kirche an und für die Menschen im Lebensraum Schule […] muss sich […] den Anfragen von Seiten des Staates als Träger des Bildungswesens stellen.“ (S. 183) Dieser Anforderung kommt K. Roth nach, indem sie zuerst die gesellschaftsrelevanten Funktionen von Schule nach H. Fend (1980/2006) profund auflistet und kritisch würdigt. Aufgrund rasant veränderter, bzw. ins allgemeine Bewusstsein gedrungener sozialer Bedingungen schließt sie eine gründliche Diskussion der Ganztagsschulen an und verfolgt anschließend folgerichtig die Frage, wie evangelische und katholische Kirche von ihren Konzepten her als mögliche Kooperationspartnerinnen in der Ganztagsschule gegenwärtig sein können. Diese Präsenz spielt sie nun nicht sofort pädagogisch durch, sondern lässt in einem Zwischenschritt vier Schulpädagoginnen und Schulpädagogen zu Wort kommen, deren Ansätze auch Religion und Bildung berücksichtigen. Von hier aus fragt sie schul- und religionspädagogisch nach der Rolle von Religion und Religiosität im Rahmen von Schulentwicklung.
Im fünften Kapitel kann die Autorin ihre Ernte einfahren und analog bzw. konträr zu den Funktionsbeschreibungen H. Fends rein pädagogisch bzw. schultheoretisch fünf „Dienste“ (ein bewusst gewählter Begriff) der Schulpastoral entfalten und begründen: zur Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung, für die Integration junger Menschen, zum Ausgleich der Selektion, zur überberuflichen Qualifizierung und bei der Auseinandersetzung und Bewältigung von Lebens-, Sinn- und Glaubensfragen. Je ein konkretes Beispiel illustriert den entsprechenden Dienst auf anschauliche Weise.
Hier noch nicht am Ende, verfolgt die Autorin im letzten Kapitel die Frage, inwiefern „es im pädagogischen Feld einen Begriff gibt, der dem Anliegen von Schulpastoral gerecht werden und an Prozessen der Schulentwicklung an staatlichen Schulen anknüpfen kann“ (vgl. S. 308). Der Begriff „Lebensraum“ zeigt sich hier als geeignet, da er sowohl im Kontext schulischer Profilierungen als auch von den deutschen Bischöfen verwendet wird. Ein Durchgang durch die (Nicht-)Verwendung des Begriffes in Psychologie, Theologie und Pädagogik liefert einige erhellende Aspekte, ehe K. Roth sechs Perspektiven von Schulpastoral nennen kann, die für die sozial-, religiös-, ästhetisch- und politisch-erzieherische Gestaltung von Schule relevant sind. Diese Perspektiven stammen entsprechend ihrem Ansatz nicht aus theologischer Reflexion und halten doch, ganz im christlichen Sinn, den Horizont offen, für die Menschen und gegen ihre Funktionalisierung einzutreten.
Mit zwei Gedankenanstößen beschließt die Autorin ihre Arbeit: Einerseits mahnt sie personelle und finanzielle Ressourcen an, was ein bekanntes und wichtiges Thema ist. Andererseits formuliert sie den interessanten Einwand, ob der Begriff „Schulpastoral“ wirklich geeignet ist, das wiederzugeben, was dieser Dienst auch pädagogisch an Schulen leistet (S. 328).
Insgesamt deckt diese Arbeit praktisch alle Themenfelder ab, die in der Begründung von Schulpastoral relevant sind. Dabei gelingt es der Autorin, Perspektiven zu eröffnen, die über den binnenkirchlichen Raum hinaus anschlussfähig sind. Ein sehr empfehlenswertes Buch für Alle, die sich näher mit einer praxisdurchtränkten Theorie der Schulpastoral befassen wollen.
Näheres zum Buch finden Sie beim Verlag Dr. Kovač hier>>
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Dr. Jeremia Kraus
Pemsel-Maier, Sabine / Schambeck, Mirjam (Hg.): Inklusion!? Religionspädagogische Einwürfe. Freiburg, 2014, 304 S.
Zwei Freiburger Professorinnen, Sabine Pemsel-Maier und Mirjam Schambeck, sind Herausgeberinnen der im Herder-Verlag erschienen Publikation Inklusion!? Religionspädagogische Einwürfe. Das Ausrufe- und das Fragezeichen im Titel des Buches legen die Vermutung nahe, dass sich die Herausgeberinnen irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Polen der Inklusionsdebatte (Lernen gelingt nur in homogenen Lerngruppen – Lernen gelingt nur in heterogenen Lerngruppen) positionieren. Ein erster Blick in das Inhaltsverzeichnis bestätigt diese Vermutung: In vier Kapiteln mit jeweils drei Beiträgen und einem abschließenden Ausblick befassen sich elf Autorinnen und Autoren mit dem Thema, darunter auch die Herausgeberinnen selbst in jeweils zwei eigenen und einem gemeinsamen Beitrag. Inklusion soll also von verschiedenen Standpunkten aus beleuchtet werden.
Mirjam Schambeck schafft mit ihrem ersten Beitrag eine Grundlage für eine mögliche Strukturierung des aktuellen Diskurses. Sie entwirft ein Modell des Verstehens von Inklusion auf drei Ebenen und unterscheidet zwischen der „grundlagentheoretischen Ebene“, der „Ebene der ‚Leitbilder‘“ sowie der „Ebene der konkreten Maßnahmen“. Mit diesem Modell gibt sie der Leserschaft eine wertvolle Hilfe, um für die eigene Meinungsbildung größere Klarheit zu bekommen. Beispielsweise verdeutlicht Schambeck (S. 35), dass die Frage nach dem Erhalt von Förderschulen nicht auf der ersten, grundlagentheoretischen Ebene einzuordnen sei, was in der aktuellen Debatte oft fälschlicherweise getan wird (Anmerkung der Rezensentin). Sie spricht also Befürwortern und Gegnern des Erhalts der Förderschulen die Annahme von Diversität als „Ausgangs- und Zielpunkt pädagogischen Handelns“ zu und leistet damit einen Beitrag zur Versachlichung der Inklusionsdebatte sowie zum Aufbrechen der im Diskurs manchmal verhärteten Fronten.
Sabine Pemsel-Maier stellt die Frage, ob Religionsunterricht zur Inklusion prädestiniert sei. Sie verdeutlicht, dass der christliche Glaube und die christliche Botschaft in dem von Schambeck entworfenen Modell auf der grundlagentheoretischen Ebene einzuordnen sind, und begründet das Korrespondieren von Inklusion mit der christlichen Botschaft anthropologisch, christologisch, soteriologisch, gnadentheologisch und ekklesiologisch.
Pemsel-Maier weist darauf hin, dass der Wandel, der in der Religionspädagogik beispielsweise mit der Subjektorientierung, dem ästhetischen Lernen und der konstruktivistischen Religionspädagogik schon vor längerer Zeit eingetreten ist, der Praxis von Inklusion sehr entgegenkomme. Ebenso seien die Erfahrungen mit der gendersensiblen Religionspädagogik, dem interkonfessionellen und interreligiösen Lernen sowie der Binnendifferenzierung hinsichtlich gläubiger, suchender und nicht-gläubiger Schülerinnen und Schüler auf den inklusiven Unterricht übertragbar und fruchtbar zu nutzen. Damit gelingt es Pemsel-Maier, bei Religionslehrerinnen und Religionslehrern den oft empfundenen Druck hinsichtlich dessen abzuschwächen, was auf dem Weg zur Inklusion alles noch zu leisten ist. Besonders ihr Hinweis auf den eschatologischen Vorbehalt, der vor Selbstüberschätzung und Selbstüberforderung bewahre, lässt einen beim Lesen aufatmen und ist in diesem Zusammenhang eine hilfreiche Entlastung.
Johannes Heger und Christian Höger beschreiben die „Wegmarken internationaler und nationaler Erklärungen“ zu Inklusion.
Die Lektüre des Beitrags von Georg Feuser, einem der Hauptvertreter der inklusiven Pädagogik, erfordert beim Lesen ein hohes Maß an Konzentration – zumal dann, wenn man mit Begriffen wie „Lernen am gemeinsamen Gegenstand“ „reduzierte und parzellierte Bildungsinhalte“ oder „Biopolitik“ (noch) nicht vertraut ist.
Sieht man Inklusion im Bild einer Ellipse, dann repräsentiert Georg Feuser den einen und Prof. em. Dr. Otto Speck den anderen Brennpunkt der Ellipse. Otto Speck gehört nicht zu den Autoren dieser Publikation, jedoch bezieht sich Thomas Müller in seinem Beitrag mehrfach auf ihn. Müller bricht eine Lanze für den Erhalt der Sonderschulen und ruft in Erinnerung, dass die Bestrebungen für Integration bzw. Inklusion seit jeher von den Förderschulen selbst ausgegangen sind. Er beschreibt die Leistungen des Förderschulsystems bezogen auf die Schülerinnen und Schüler sowie auf die Gesamtgesellschaft und wirft schließlich einen Blick darauf, wie sich das Förderschulwesen in Zukunft voraussichtlich entwickeln wird.
Joachim Kahlert stellt ein Planungsmodell zur „Entwicklung inklusionsorientierten Unterrichts“ vor und erläutert dieses anhand des Beispiels eines „inklusionsdidaktischen Netzes“ für den Lerngegenstand „Vertrauen“.
Bert Roebben begründet inklusives Handeln biblisch-theologisch. Er spricht von einer „Kultur der Anerkennung“, unterscheidet nach Axel Honneth zwischen spontan-emotionaler, juridischer und kultur-pädagogischer Anerkennung und verortet letztgenannte insbesondere in der Schule.
Anita Müller-Friese legt in ihrem direkt auf den Religionsunterricht bezogenen Beitrag gut verständlich die didaktischen Prinzipien inklusiven Unterrichts dar: Individualisierung, Innere Differenzierung und Kooperation. Den Prinzipien inklusiver Didaktik fügt sie auch die Lernbedürfnisse von Schülerinnen und Schülern hinzu, an denen sich Unterricht orientieren muss, damit (individuelles) Lernen gelingen kann.
Barbara Strumann beschreibt ein Forschungsvorhaben an einer Schule mit dem Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung am Beispiel der Arbeit mit Psalmen.
Ellisabeth Hotze stellt eine als iBook verfasste Unterrichtsreihe für die Jahrgangsstufe 5/6 vor. Das iBook „Der Weg des Paulus“ wurde entwickelt für eine Lerngruppe an einem Gymnasium, die aus Kindern mit einer Hochbegabung, von denen einige einen sozial-emotionalen Förderbedarf oder eine Asperger-Symptomatik haben und Kindern mit Förderbedarf Lernen besteht.
In einem abschließenden Ausblick stellen die Herausgeberinnen zehn Thesen auf, mit denen sie, die Beiträge der Autorinnen und Autoren würdigend, ihre Anfragen (das Fragezeichen im Buchtitel) und ihre Forderungen (das Ausrufezeichen im Buchtitel) an Inklusion zusammenfassend formulieren.
Für diejenigen, die sich mit dem Thema Inklusion gründlich befassen wollen und dabei nicht allzu viele Anwendungsbeispiele für die konkrete Umsetzung im Religionsunterricht erwarten, ist die Lektüre dieses Sammelbandes zu empfehlen.
IRP Freiburg, Referat Sonderschulen, Brigitte Muth-Detscher
Reinhold Miller: Beziehungstraining: 50 Übungseinheiten für die Schulpraxis, Beltz-Verlag 2015, 216 Seiten, ISBN 978-3-407-29397-8
Welche Rolle Beziehungen für gelingende Unterrichtssituationen spielen, wird nicht nur durch die Hattie-Studie, sondern auch durch die zunehmende Zahl an Publikationen zum Thema deutlich. Reinhold Miller, u.a. Beziehungsdidaktiker in der Lehrerfortbildung, Supervisor und Coach, legt ein Arbeitsbuch vor, das vorzugsweise in einer Supervisionsgruppe eingesetzt werden kann: Es enthält Anregungen, eigene Verhaltensweisen persönlich zu reflektieren und im Anschluss daran zusammen mit Anderen noch adäquatere Muster zu entwickeln.
Doch: „Kann man Beziehungen trainieren?“ – dies ist die Frage, die der Autor gleich in der Einleitung stellt (S. 7) und umgehend so beantwortet, dass sich zwar nicht Beziehungen an sich, wohl aber sozialverträgliche Verhaltensweisen einüben lassen. So teilt er sein Buch in zwei Abschnitte ein: „Ich“ und „Ich und du und wir“, d.h. er stellt Übungen zur Selbst- und Beziehungskompetenz vor. Im Blick hat er Adressatinnen und Adressaten, die sich auf irgendeine Art und Weise im Lernraum Schule bewegen. Mit seinem Buch will er nicht eine weitere theoretische Abhandlung vorlegen, sondern die Erkenntnis umsetzen, dass „intensives und kontinuierliches Training für alle Personen, die in der Schule arbeiten, notwendig [ist], um für die Ausübung ihres Berufes ein gesundes Selbstbewusstsein, versierte Handlungssicherheit und soziale Fähigkeiten zu erreichen.“ (S. 8; Hervorhebungen des Autors)
Der schulische Hintergrund wird in jedem Kapitel plastisch, wenn Miller zur Illustration von Perfektionismus, Unsicherheit, Stress oder Selbstliebe („Ich“) bzw. zu Themen wie Verstehen, Elterngesprächen, Störungen oder Teamarbeit („Ich und du und wir“) zahlreiche konkrete Fälle aus dem Schulalltag vorlegt. So ist es leicht, sich dabei in der eigenen Berufspraxis wiederzufinden.
Die 50 Übungen präsentiert Miller durchweg dreigeteilt: Kurze Szenen oder Aufgaben dienen „zum Aufwärmen“ (S. 8) und zum Erkennen von Grundüberzeugungen, die jeder Mensch in seiner Herkunftsfamilie von klein auf lernt. Darauf folgen Impulse zur Einzel- und anschließend zur Gruppenarbeit. Sie enthalten Informationen, Anregungen zur Reflexion der eigenen Muster oder Anleitungen zu Rollenspielen und Übungen. Dabei wird ein beachtliches Spektrum von menschlichen Entwicklungsaufgaben abgedeckt.
Dem Band ist die langjährige berufliche Trainings- und Supervisionserfahrung des Autors anzumerken. Jedoch birgt die nun vorliegende Buchform eine Tücke, denn viele Anleitungen zur persönlichen Arbeit fallen recht kognitiv aus. Allein die Reflexion des eigenen Verhaltens kann dieses indessen noch lange nicht ändern. So empfiehlt es sich auch von daher, das „Beziehungstraining“ nicht nur allein durchzugehen, sondern es entweder begleitend zu einem Einzelprozess oder zusammen mit einer Gruppe durchzuarbeiten. Dann aber können die Impulse ihre Kraft entfalten und professionelle Kompetenzen und Ressourcen, also die eigene Lehrerpersönlichkeit, stärken helfen.
Näheres zum Buch finden Sie beim Beltz-Verlag hier>>
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Dr. Jeremia Kraus
Weber, Eva: Mit Kindern Gebete und Psalmen entdecken. Unterrichtseinheiten zum Sofort-Loslegen. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr 2015, 75 S.
In dieser Publikation (75 S.) hat Eva Weber praxiserprobte Unterrichtsbausteine und Lernsequenzen zu den Themen „Einübung ins Sprechen mit Gott“, „Tisch- und Abendgebete“, „Vaterunser“, „Psalmen“, „Friedensgebete“ und „Segensgebete“ zusammengestellt.
Teil 1 der Arbeitsblätter und Kopiervorlagen sind den ersten beiden Jahrgangsstufen gewidmet (S. 10–51), Teil 2 den Klassenstufen 3 und 4 (S. 52–74). Die Publikation beginnt mit einigen eher unbekannten, aber sehr geeigneten Neuen Geistlichen Liedern zur Thematik und endet mit interessanten Literatur- und Medientipps.
Hervorzuheben sind die übersichtlichen, gut strukturierten Verlaufspläne der Unterrichtsstunden, elf für Kl. 1/2 und neun für Kl. 3/4. Diese sind stets in vier Abschnitte unterteilt: Einstieg, Begegnung, Vertiefung und Sicherung/Gestaltung. Besonders hilfreich sind die Formulierungsvorschläge für mögliche Impulse durch die Lehrperson. Zum einen dienen diese einer möglichst guten Überbrückung zwischen den einzelnen Unterrichtsphasen, zum anderen zur Motivation der Schülerinnen und Schüler. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang vor allem die provokativen Impulse (z.B. S. 11, 18 und 21).
Als Einstiege dienen meist meditative Lieder oder Stilleübungen (S. 53), welche die Schülerinnen und Schülern gut auf die jeweiligen Unterrichtsstunden einstimmen. Auch ansonsten wird berücksichtigt, dass gerade bei Lernsequenzen zum Thema „Gebet“ eine von Ruhe, Vertrauen und Empathie bestimmte Unterrichtsatmosphäre notwendig ist: Häufig kommen die Sozialformen des Stuhlkreises und die Unterrichtsform der Einzelarbeit zur Anwendung; das Vorlesen selbst verfasster Gebete ist immer freiwillig. Die Kompetenz zum Verfassen eigener Gebete wird behutsam und kleinschrittig aufgebaut, etwa durch Formulierungshinweise oder mit Hilfe von Lückentexten (vgl. z.B. S. 64).
Überzeugend ist die Hinführung zum Gebet für Schülerinnen und Schüler der ersten beiden Klassenstufen mit Hilfe der Lernimpulse „Jesus ist mein Freund“ und „Gott hört mir immer zu“. Hierbei empfiehlt es sich jedoch zu beachten, dass ein unkritisch-naives Gottvertrauen vermieden wird, was aus den Ausführungen der Autorin noch etwas deutlicher hervorgehen könnte.
Besonders hilfreich sind ihre Ideen zur Differenzierung (z.B. malen/schreiben von Gebeten, S. 23), gerade auch im Hinblick auf jahrgangsübergreifenden Religionsunterricht. Die Umrisszeichnungen (z.B. S. 25, S. 31) illustrieren zwar treffend die beschriebenen Lebenssituationen und Gebetsanlässe, könnten aber ästhetisch noch etwas ansprechender sein. Sehr gut gelungen jedoch sind die elf Zeichnungen, um Erst- und Zweitklässlern das „Vaterunser“ (S. 44–46) verständlich zu vermitteln.
Die Idee, Psalm 23 im Anfangsunterricht zunächst aus der Sicht eines Schafes zu erzählen ist ebenso originell und förderlich wie die meisten Bastelvorschläge der Publikation (z.B. Gebetsthemen-Kärtchen, S. 22; Gebetsblume, S. 27; Faltbüchlein, S. 37; Gebetsbriefkasten, S. 55; Friedenstaube, S. 69). Auch die Gesten und Bewegungen zum Sprechen von Psalm 23 (S. 40) wissen zu überzeigen. Zurecht wird im Zusammenhang mit Psalm 139 ausdrücklich darauf verwiesen, dass Gott den Menschen nicht bewachen, sondern beschützen will (S. 58). Weiterhin hat die Autorin dieses Gebet sinnvoll gekürzt und in einer für Dritt- und Viertklässler gut verständlichen Sprache umformuliert (S. 59).
Die „Psalmenwerkstatt“ in sechs Lernstationen für Kl. 3/4 (S. 60–66) gehört zu den gelungensten Lernimpulsen der Publikation: Motivierende Unterrichtsformen (z.B. Rätsel, Schmuckblatt), fundierte Sachinformationen und das Lernen in jeweils eigenem Tempo ermöglichen ein differenziertes und kompetenzorientiertes Unterrichten. Das Thema „Segen“ zum Ende der Publikation mit erfindungsreichen Kreativideen (S. 73) ist ein gut gewählter, stimmiger Abschluss der beiden Lernsequenzen.
Obwohl zum einen der Lobpreis, zum anderen aber auch Probleme im Zusammenhang mit dem Gebet (nicht erhörte Bitten, Abwälzen eigener Verantwortung auf Gott, Theodizeefrage) insgesamt etwas zu wenig thematisiert werden, vermag das Buch von Eva Weber viele bedenkenswerte und zielführende Impulse für einen zeitgemäßen, lebendigen und motivierenden Religionsunterricht in der Grundschule zu vermitteln.
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Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule,
Josef Gottschlich
Helle Jensen: Hellwach und ganz bei sich: Achtsamkeit und Empathie in der Schule.
Übungen in Zusammenarbeit mit Katinka Gøtzsche, Anne Sælebakke und Charlotte Weppenaar Pedersen. Vorwort von Jesper Juul. Übersetzt aus dem Dänischen von Günther Frauenlob, Beltz Verlag 2014, 200 Seiten, ISBN 978-3-407-85840-5
Wenn eine Idealvorstellung auf eine andersartige Realität trifft, bauen sich rasch innere und äußere Konflikte auf. Im Gefüge des Schulalltags wird oft der empfindlichste Nerv, der Wunsch nach einem guten sozialen Miteinander, betroffen. So stellt sich die Frage, wie es sowohl Schülerinnen und Schülern als auch Lehrkräften gelingen kann, „den Kontakt zu sich selbst/zum eigenen Inneren, die Richtung und Konzentration zu bewahren, wenn ständig auf neue Inputs reagiert werden muss“ (vgl. S. 25). Oder anders formuliert, wie ist es möglich, nach außen aufmerksam und empathisch zu sein und dabei Achtsamkeit für die eigenen inneren Regungen zu bewahren?
Helle Jensen, Dozentin für Familientherapie, wendet sich mit ihrem Buch an Alle im Lern- und Lebensraum Schule, an Erwachsene wie an Kinder. Sie stellt 69 Übungen vor, mit denen die natürlichen Kompetenzen, die jeder Mensch in sich trägt, gestärkt oder wiedergewonnen werden können. Diese natürlichen Kompetenzen fasst sie in Anlehnung an Jes Bertelsen in einem Pentagramm zusammen: Herz (Empathie), Körper, Atmung (Wachheit und Entspannung), Kreativität und Bewusstsein. Wissenschaftliche Basis der Übungen sind die entwicklungspsychologischen Erkenntnisse über „die Bedeutung der Beziehung für die Entwicklung der Lernbereitschaft“ (S. 19) und die neuroaffektive Psychologie mit ihrem Wissen über die Zusammenhänge von Physis, Lernen und Bindungs- bzw. Beziehungserfahrungen. Jedes Kapitel wird zudem von kurzen Texten eingeleitet, die vom Schulalltag in Unterricht und Betreuung ausgehen und damit auch die Realität von Ganztagsschulen beleuchten.
Wo Beziehung tragender Faktor für Lernerfolge und für menschliche Entwicklung ist, braucht es Personen, die sich in Ganzheit und Authentizität auf ihr Gegenüber einlassen können. Mit ihrem Buch will die Autorin ein Training an die Hand geben, das sich geistig in drei Punkten präsent halten lässt: „1. Erinnere dich an deine eigenen Kompetenzen. 2. Setze mehrere von ihnen gleichzeitig ein. 3. Denk daran, Pausen zu machen und das Tempo im Laufe des Tages zu variieren.“ (S. 20) Dabei betont Jensen, dass die Übungen letztlich vertiefen wollen, „was wir alle schon können“ (S. 41). Dem Pentagramm entsprechend, geht sie von fünf Grundübungen aus und steigert deren Komplexität entsprechend der jeweiligen Situation: Start in den Tag mit unterschiedlichen Klassenstufen, Rhythmisierung des Arbeitstages, herausfordernde Kinder und Jugendliche oder Elternmitarbeit. Alle Übungen werden Schritt für Schritt detailliert dargestellt und sind in einem (wegen mancher Bodenkontakte) sauberen Klassenzimmer gut durchführbar.
Bevor eine Lehrkraft die Übungen anleitet, sollte sie, darauf wird ausdrücklich hingewiesen, selbst genügend Praxiserfahrung in Gruppen oder im Einzeltraining erlangt haben. Es geht also nicht um einen effizienzorientierten Fitnessweg, sondern um eigenes Üben, das darauf abzielt, mit der Aufmerksamkeit bei Anderem sein zu können, ohne außer sich zu geraten.
Dem Buch ist die lange Kurserfahrung der Autorin anzumerken. Sie hat es eingängig und plausibel geschrieben, verzichtet auf ausschweifende Erläuterungen und zeigt doch durch das reichhaltige Literaturverzeichnis ihre wissenschaftliche Fundierung an. Wer auch immer nach einem realistisch umzusetzenden Programm für einen erneuerten Lebensstil sucht, ist mit „Hellwach und ganz bei sich“ auf der sicheren Seite.
Näheres zum Buch finden Sie beim Beltz-Verlag.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Dr. Jeremia Kraus
Pizza mit Paulus
Vollmer, Elisabeth; Arndt, Judith (Ill.): Pizza mit Paulus. Witten: SCM-Verlag 2015, 88 S.
In diesem Erstlesebuch von Elisabeth Vollmer kommen zwei Kinder durch den Fund einer geheimnisvollen Tonschale den Lebensumständen der ersten Christinnen und Christen auf die Spur.
Nachdem die beiden Kinder, Tabea und ihr Cousin Paul, eine Höhle im Wald entdeckt und in dieser die Tonschale gefunden haben, erkundigen sie sich bei ihrem Nachbarn, dem bereits pensionierten Archäologen und Bibelwissenschaftler Horst Lupenmeier, ob dieses Gefäß möglicherweise aus der Steinzeit stammen könne. Dieser verneint, beginnt aber den Kindern Geschichten aus der Zeit des Urchristentums zu erzählen. Hierbei geht es sowohl um das Wirken der ersten Christinnen und Christen als auch um die Lebensumstände der Menschen zur damaligen Zeit: Wohnen, Ernährung und beruflichen Tätigkeiten. Thematisiert werden die Totenerweckung Tabitas durch Petrus (nach Apostelgeschichte 9,36–42), die Bekehrung des Christenverfolgers Saulus, der sich später Paulus nannte (vgl. Apg 9,1–22), die Befreiung von Paulus und Silas aus dem Gefängnis in Philippi (Apg 16,23–35), die Errettung des Paulus aus einem Seesturm vor Malta (Apg 27,14–44) sowie die Heilung eines Gelähmten durch Petrus und Johannes im Tempel von Jerusalem (Apg 3,1–10).
Die Autorin lässt den Archäologen all diese Begebenheiten lebendig und packend erzählen, gut verständlich sowie auf das Wesentliche reduziert. Insbesondere der Gesinnungswandel von Petrus (nach seiner Verleugnung Jesu am Karfreitag) und Paulus wird für die Kinder somit plausibel. Allerdings sind die ausgewählten Passagen aus der Apostelgeschichte, besonders die Totenerweckung, nicht ohne theologische und religionspädagogische Brisanz; hier gilt es dem unkritischen Vertrauen auf einen Deus ex machina wirksam vorzubeugen.
Neben den lebhaften und kurzweiligen Dialogen sind besonders die farbenfrohen Illustrationen von Judith Arndt hervorzuheben, welche nicht nur auflockernd wirken, sondern auch das Textverständnis unterstützen. Dies gilt vor allem für die Darstellungen der Erzählungen aus der Apostelgeschichte, des Tempels von Jerusalem, eines Wohnhauses im damaligen Israel sowie der Koch- und Lebensgewohnheiten zur damaligen Zeit.
Durch die große Schrift können Kinder ab Ende des ersten Schuljahres das Buch bereits selbst lesen. Ansonsten kann es von Lehrpersonen oder Eltern vorgelesen werden – mit Ausnahme einiger hervorgehobener Textzeilen auf etwa jeder zweiten Seite. Diese sollen, so die Konzeption der Reihe „Lies mit mir!“ des SCM-Verlags, stets von einem Kind der ersten oder zweiten Klassenstufe vorgetragen werden.
Elisabeth Vollmer vermag nicht nur das Interesse der Kinder an der Zeit des Urchristentums zu wecken – auch von religiös weniger sozialisierte Schülerinnen und Schülern –, sondern auch Brücken zur Gegenwart und der Lebenswirklichkeit heute lebender Kinder zu schlagen: Sie stellt gut durchdachte und passend gewählte Anknüpfungspunkte her zur Gütergemeinschaft im Urchristentum (Apg 4,32; S. 62), zum Streit der griechischen und jüdischen Witwen (Apg 6,1; S. 70) sowie der Bitte des Paulus um gegenseitige Vergebung und Toleranz (Kol 3,13; S. 38). Die detaillierte Schilderung der Vorbereitung eines „Picknicks“ zur damaligen Zeit (selbstgebackenes Fladenbrot, Käse, Gewürze, Oliven; S. 34–42) lädt dazu ein, Ähnliches auch in einer Religionsstunde oder während eines Kinderbibeltages durchzuführen.
Obwohl die Ereignisse der Apostelgeschichte über Himmelfahrt und Pfingsten hinaus eher im Bildungsplan der 3. und 4. Klassenstufe verankert sind, vermag das Buch von Elisabeth Vollmer auch jüngeren Kindern interessante Einblicke in jene faszinierende Zeit zu geben, in welcher das Christsein noch viel Tapferkeit, Mut und Widerstandskraft erforderte.
Das Buch ist in der Mediathek Freiburg (Nr.: 2150184) und einigen der 16 Religionspädagogischen Medienstellen der Erzdiözese Freiburg entleihbar.
Weitere Informationen finden sich hier>>.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule,
Josef Gottschlich
Markus Seibt: Schulpastoral an berufsbildenden Schulen des dualen Systems: Eine qualitativ-empirische Untersuchung zur Entwicklung von Qualitätskriterien für eine gelingende Schulpastoral an Berufsschulen, LIT-Verlag Berlin 2008, 269 Seiten, ISBN 978-3-8258-1511-0
Wie der Autor im Vorwort angibt, ist es das Ziel seiner Dissertation, Chancen, Hindernisse und Qualitätsmerkmale für schulpastorales Handeln an beruflichen Schulen herauszuarbeiten. Langjähriger Praktiker, der er bereits war, beschreitet er einen Weg, der Theoriebildung durch einen praxisorientierten Unterbau ermöglichen soll.
Konkret setzt er sich im ersten Teil seiner Arbeit mit den theoretischen Grundlagen der Schulpastoral auseinander, benennt ihre Geschichte, Ziele, rechtlichen bzw. theologischen Legitimierungen und sichtet die wenigen bisher veröffentlichten Untersuchungen und Dokumentationen zur Schulpastoral an beruflichen Schulen. Hier nimmt er zudem eine Begriffsklärung und Charakterisierung von berufsbildenden Schulen vor. Im zweiten Teil gibt er seine qualitativ-empirische Studie wieder, die er mit elf Religionslehrerinnen und -lehrern in halbstandardisierten bzw. problemzentrierten Interviews durchgeführt hat. Immer im Dreischritt werden ein Einzelportrait der Person, ein Verdichtungsprotokoll des transkribierten Gesprächs und die Ergebnisse des Interviews in Bezug auf zehn Forschungsfragen aufgeführt. Diese Fragen richten sich auf: Rahmenbedingungen, Ressourcen, Lebensraum und Adressaten, Wertschätzung und Unterstützung, Konzept und Profil, theologische Begründung, Kompetenzen und Kommunikation, Schulpastoral und Religionsunterricht, Kooperation und Abgrenzung, Ökumene und interkulturelles Lernen. Nachdem Markus Seibt die Forschungsergebnisse zu acht Thesen gebündelt hat, formuliert er von ihnen ausgehend im dritten Teil acht analoge Qualitätskriterien. Den vierten Teil widmet er der Vorstellung eines eigenen schulpastoralen Projektes zum interkulturellen Lernen.
Schon in diesem Überblick zeigt sich eine Problematik des Unterfangens: die Fokussierung auf das angestrebte Forschungsziel. Richtig erkennt der Autor, dass es ein Theoriedefizit zur Schulpastoral gibt (S. 13), doch allein die Bearbeitung dieses Anliegens erforderte wesentlich mehr Aufmerksamkeit, als den im Grunde einleitenden Teil einer Dissertation abzugeben. Außerdem genügte die Konzentration auf den Kontext der beruflichen Schulen; ein globales Ausholen wie hier vorgenommen ist von der Themenstellung her eher hinderlich. So erstaunt es nicht, dass M. Seibt mitunter lediglich Aspekte aneinanderreiht, ohne tiefer in einzelne Problemstellungen einzudringen und selbst ausdrückliche Thesen aufzustellen (S. 23–26: Definition von Schulpastoral; 40/41: Abgrenzung Schulpastoral und Religionsunterricht).
Anhand eines zuvor im Forschungskolloquium diskutierten Leitfadens und im offenen Dialog (S. 107–113) befragte der Autor seine Gesprächspartnerinnen und -partner in 30- bis 115-minütigen Interviews. Diese wertet er in Verdichtungsprotokollen im Raster einzelner Themen und bezüglich der Ergebnisse im Raster der zehn o.g. Forschungsfragen aus. Hier liegt die zweite Problematik der Arbeit, denn bei diesem Vorgehen werden einzelne Aspekte der Antworten, die über die vom Autor eingebrachten Kategorien hinausgehen, nicht erfasst. Die zusammenfassenden Thesen sind zwar durchweg auf die Situation an Berufsschulen hin formuliert, gelten jedoch für (schul-)pastorales Handeln allgemein (vgl. nur These 3: „Schulpastoral an Berufsschulen kann gelingen, wenn sie die vorgegebenen Rahmenbedingungen bzw. die jeweilige Situation an der Berufsschule berücksichtigt und wenn genügend Ressourcen (Zeit, Raum, Verfügungsstunden, finanzielle Mittel) zur Verfügung stehen.“ (S. 213) Wären die Texte aus den Interviews, die M. Seibt zur Erläuterung anführt, in die Thesen geflossen, hätte er das Ziel seiner Arbeit profilierter erreichen können.
Die von den Thesen her formulierten Qualitätskriterien sind ebenso allgemein gültig, wie sich auch an ihrer zustimmenden Rezeption im neuen Handbuch Schulpastoral zeigt (vgl. dort S. 64.308–309). Insgesamt dürfte die Dissertation auch zum heutigen Zeitpunkt einen Baustein für notwendige weitere Forschungen zur Schulpastoral an beruflichen Schulen darstellen.
Näheres zum Buch finden Sie beim LIT-Verlag.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Dr. Jeremia Kraus
Altes Testament: Von David und den Propheten
Zerbe, Renate Maria: Altes Testament: Von David und den Propheten. Donauwörth 2014, 88 S.
Die Publikation von Renate Maria Zerbe enthält drei Unterrichtseinheiten zu König David und sieben Lernsequenzen zu Propheten des Alten Testaments für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 1–4.
Das Heft beginnt mit einem Vorwort über die Aufgaben und Notwendigkeit von Propheten damals und heute. Im ersten Kapitel werden alle in der Publikation berücksichtigten Propheten kurz vorgestellt: Jeremia, Samuel, Elija, Elischa, Jesaja, Jona und Daniel. Es folgt eine Zusammenstellung wichtiger Prophetenworte, aus denen deutlich wird, dass es diesen Sehern und Mahnern vor allem um die Einhaltung der Hauptgebote ging: Glaube an einen Gott, Wahrhaftigkeit und soziale Gerechtigkeit. In diesem Zusammenhang sind Lernimpulse zum Thema „Unrecht heute“ zusammengestellt, wobei es darum geht, diese Missstände aufmerksam wahrzunehmen und zu benennen. Auch wird thematisiert, durch welche fragwürdigen Dinge Menschen in unserer Zeit vom Glauben an Gott abgelenkt oder gar abgebracht werden.
Zu begrüßen ist, dass sowohl die warnende als auch die hoffnungsstiftende Funktion des Prophetentums deutlich gemacht wird, besonders bei Jeremia, Elija, Jesaja und Jona. Auch hebt die Autorin den Mut und das oft große soziale Engagement von damaligen sowie gegenwärtigen Prophetinnen und Propheten hervor: Sie waren nicht bereit, sich mit der herrschenden Not einfach abzufinden, sondern schritten mutig und engagiert dagegen ein. Insofern kann die Einheit auch dazu dienen, die Sensibilität der Kinder für die Notwendigkeit von Zivilcourage zu wecken und zu stärken.
Nach diesem Einleitungsteil geht die Autorin chronologisch vor: Auf Samuel folgen Elija, Jesaja, Jona und Daniel. Zurecht wird beim Propheten Samuel neben der Berufung im Tempel seine Erwählung und Salbung des künftigen Königs David in den Mittelpunkt gestellt („Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, Gott aber sieht das Herz.“) Hier wird, wie auch in anderen Kapiteln, die Empathie der Kinder angeregt und unterstützt, etwa durch Kurzformen des Kreativen Schreibens, in denen die Gefühle der Protagonisten im Mittelpunkt stehen. Weiterhin geht es darum, passende Adjektive zu finden oder aus einer Wortsammlung auszuwählen.
Im weiteren Verlauf werden entscheidende Ereignisse aus dem Leben Davids thematisiert: seine konfliktreiche Beziehung mit König Saul, die treue Freundschaft zu dessen Sohn Jonatan, sein Sieg in der Auseinandersetzung mit Goliat und die Eroberung Jerusalems. Dabei werden auch passende Verse aus einzelnen Psalmen zu existenziellen Erfahrungen Davids (Gottvertrauen, Verfolgung, Vergebung, Mut) in Beziehung gesetzt.
Bemerkenswert ist, dass auch Persönlichkeiten berücksichtigt werden, die ansonsten in Publikationen für die Grundschule nur selten vorkommen, wie etwa Salomo, Jesaja oder Daniel. Gut gelungen sind die Zusammenfassung zum Leben und Wirken der einzelnen Könige oder Propheten für Schülerinnen/Schüler und Lehrpersonen zu Beginn der einzelnen Kapitel (jeweils eine Seite). Ebenso gelingt der Gegenwartsbezug, etwa bei der Thematisierung von Sprichwörtern Salomos, die heute noch verwendet werden. Im Laufe der Lernsequenz ist zu erwarten, dass den Schülerinnen und Schülern immer deutlicher bewusst wird, welche Eigenschaften einen guten Propheten und einen gerechten, verlässlichen König auszeichnen.
Beim Kapitel über Elija ist die Gegenüberstellung seiner sehr unterschiedlichen Gotteserfahrungen auf dem Berg Karmel und dem Berg Horeb hervorzuheben. Im Zusammenhang mit Jesaja wird vor allem sein Aufruf zum Frieden thematisiert, verbunden mit der Vision des Propheten vom messianischen Reich. Von Jona kann gelernt werden, wie groß (und überraschend!) die Barmherzigkeit Gottes ist, Reue und Umkehr vorausgesetzt. Daniel schließlich erfährt, dass seine Treue zu Gott und den in Israel geltenden Geboten dazu führt, dass er nicht nur alle Gefahren unbeschadet übersteht, sondern sogar (ähnlich wie Josef in Ägypten) eine verantwortungsvolle Position übertragen bekommt. Die ausgewählten Episoden sind nicht nur spannend und von zentraler Bedeutung, sondern können auch Lebensmut vermitteln und die Kinder zu einem stärkeren Gottvertrauen motivieren.
Hilfreich sind die zahlreichen Hinweise der Autorin auf geeignete Kunstbilder und Lieder, wenn beides auch nicht in der Publikation selbst abgedruckt ist. Ein Würfelspiel am Ende und der Vorschlag für eine Lernzielkontrolle runden das Heft ab.
Wenn auch gestaltpädagogische Ansätze, wie etwa das Legen von Bodenbildern, etwas zu kurz kommen, weshalb die Lernimpulse eher für Kinder der Jahrgangsstufen 3 und 4 als der ersten beiden Schuljahre geeignet sind, so enthält das Heft doch viele Kopiervorlagen und Materialien, mit denen gewinnbringend im Unterricht gearbeitet werden kann, gerade auch im Zuge offener Lernformen oder zur Vertiefung zuvor behandelter Inhalte.
Weitere Informationen zur Publikation finden sich hier>>
Das Buch kann unter der Nr. 2150107 in der Mediathek Freiburg und in vielen der 16 Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums Freiburg ausgeliehen werden.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule,
Josef Gottschlich
Clauß Peter Sajak, Winfried Verburg (Hrsg.): 5 Minuten Pause: Impulse zum Nachdenken für Lehrerinnen und Lehrer, Kösel Verlag – dkv, München 2015, 128 Seiten, ISBN 978-3-466-37120-4 (Kösel), ISBN 978-3-88207-433-8 (dkv)
Dem täglichen Unterrichtsrhythmus nachempfunden, erinnert der Buchtitel an das Atemholen im Alltag, durch das sich Leben vom Überleben unterscheidet. Das handliche Bändchen lädt dazu ein, sich unter der Woche eine besondere Pause zu gönnen, um durch einen Impuls die eigene Spiritualität zu vertiefen oder einfach die aktuellen Denkprozesse zu unterbrechen.
Für jede Woche im Jahr findet sich ein Impulstext, dem zum Teil ein Bild aus Kunst oder Photographie beigefügt ist. Die Texte stammen entweder aus literarischen bzw. theologisch-spirituellen Werken des 20. Jahrhunderts oder sind von unterschiedlichen Autorinnen und Autoren aus dem Schuldienst eigens für das Buch verfasst worden. Die Herausgeber ordneten die Impulse in acht Reihen nach dem Ablauf des Schuljahrs an: „Beginn des Schuljahrs bis zum Advent“, „Nach den Weihnachtsferien bis zur Fastenzeit“ oder „Sommerferien“ heißen einige der thematischen Überschriften, in denen natürlich auch die geprägten Zeiten einen expliziten Platz haben. Diese Einteilung soll eine flexibel handhabbare Richtschnur, kein starrer Rahmen sein.
Mit einem Impuls pro Woche soll angesichts des vielschichtigen Schulalltags ein realistisches Zeitfenster zum Innehalten gegeben werden. Außerdem erleichtert dies die Konzentration auf einen Schwerpunkt, wodurch sich Vertiefung einstellen kann. Denn wie alle Lehrkräfte, die einen Unterricht zur ganzheitlichen Bildung junger Menschen erteilen, brauchen auch Religionslehrerinnen und Religionslehrer mehr als Wissen, nämlich eigene Erfahrung (so Bischof Franz-Josef Bode im Vorwort, S. 14–17).
Unter diesem Aspekt hält das kleine Buch kurze, ansprechende und anspruchsvolle Kost bereit, die gut geeignet ist, mitten im Alltagsgeschehen „wiedergekäut“ (vgl. die Herausgeber auf S. 11) zu werden.
Näheres zum Buch finden Sie beim Kösel-Verlag hier>>
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Dr. Jeremia Kraus
Religion: Vorbilder der Bibel – Personen des Glaubens
Geißler, Nicole; Klippert, Heinz (Hg.): Religion: Vorbilder der Bibel – Personen des Glaubens. Donauwörth 2015, 80 S.
Die Publikation enthält neun bzw. acht Lernspiralen zu den beiden Lernsequenzen „Vorbilder der Bibel“ und „Personen des Glaubens“ für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 3 und 4.
Die Arbeit mit Lernspiralen wurde von Dr. Heinz Klippert, Lehrerfortbildner, konzeptionell entwickelt. Erreicht werden soll hierbei neben eigenverantwortlichem Lernen und Kompetenzorientierung auch eine umfassende Methodenschulung: Jeder Unterrichtsentwurf ist durch häufige Wechsel der Lernmethoden gekennzeichnet: Einzel-, Partner-, Gruppen- und Plenararbeit, Einzel-, Partner- und Gruppenpräsentation.
Am Beginn der beiden Unterrichtseinheiten erfolgt zunächst eine Vorschau über die jeweils vorgesehenen Lernspiralen. Jede einzelne Lernspirale erstreckt sich über zwei Unterrichtsstunden. Dabei wird ein relativ umfassender Arbeitsauftrag in mehrere konkrete Lernschritte der Schülerinnen und Schüler unterteilt. So ergeben sich pro Doppelstunden sieben Arbeitsschritte, bei denen die Aufgabe der Lehrperson zumeist im Organisieren der jeweiligen Lernprozesse besteht.
Die einzelnen Doppelstunden werden übersichtlich, in tabellarischer Form, auf jeweils einer DIN A4-Seite abgebildet: Alle Tabellen bestehen aus sieben Zeilen (für die einzelnen Arbeitsschritte) und vier Spalten: Zeitrichtwert, Lernaktivitäten, Sozial-/Unterrichtsform und Materialien. Sehr hilfreich ist, dass zu jeder Doppelstunde sowohl die angezielten Kompetenzen als auch die einzelnen Arbeitsschritte sehr genau und ausführlich erklärt werden. Zusätzlich weist die Autorin in der Rubrik „Tipp“ stets auf eine Besonderheit hin, die in der jeweiligen Doppelstunde speziell beachtet werden sollte, zum Beispiel bei der Vorstellung der Ergebnisse im Plenum und den Rückmeldungen der Mitschülerinnen und Mitschüler.
Während das Buch in Bezug auf seine konzeptionelle Stringenz zu überzeugen weiß, könnten die ausgewählten Medien und Materialien etwas vielseitiger und abwechslungsreicher sein. Somit ist es ratsam, neben Texten und Zeichnungen zum Beispiel auch Kunstbilder, Lieder, Spiele, die Arbeit mit Legematerialien, Bildkarten zum Kamishibai-Theater und kurze Filme in die Stundenentwürfe einzubeziehen. Des Weiteren können manche Lernsequenzen, etwa Mose und der Auszug aus Ägypten, in einer Doppelstunde nicht erschöpfend behandelt werden und bedürfen weiterer Unterrichtszeit.
Begrüßenswert ist, dass in der ersten Unterrichtseinheit auch Lernimpulse zu eher unbekannteren biblischen Personen wie Königin Ester oder Lydia, Gastgeberin und Mitarbeiterin des Apostels Paulus, vorgestellt werden. Für den zweiten Teil des Heftes wurden dann hauptsächlich Heilige oder Vorbilder im christlichen Glauben ausgewählt, die durch besonders tatkräftigen Einsatz für Kinder hervorgetreten sind, zum Beispiel Mutter Teresa, Magdalene Sophie Barat oder Amy Carmichael. Dies dürfte die Schülerinnen und Schüler ebenso motivieren wie die in diesem Kapitel durchweg gut elementarisierten und packend geschriebenen Kurzbiographien der einzelnen Glaubenspersönlichkeiten.
Einige der Arbeitsaufgaben (z. B. Zeichnungen zum Thema „Woran man erkennt, dass ein Mensch an Gott glaubt?“ oder das Verfassen von einzelnen Szenen zu einem Theaterstück über das Leben des Franz von Assisi) sind jedoch möglicherweise zu anspruchsvoll, bei manchen empfiehlt sich überdies eine leicht modifizierte Formulierung (etwa: Gebet eines Kindes anstatt Ein eigenes Gebet, S. 39). Die gemeinsame Gestaltung eines Kirchenfensters zu Zitaten mit christlichen Symbolen (Sonne, Herz, Hand…) in der letzten Doppelstunde ist dann aber eine gelungene und ästhetisch sehr ansprechende Abrundung der beiden Lernsequenzen des Heftes.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Arbeit mit Lernspiralen durchaus auch schon für Kinder der 3. und 4. Klassenstufe in Betracht kommt, gerade auch im Hinblick auf niveaudifferenzierten Religionsunterricht. Allerdings empfiehlt es sich, hier als weitere Methoden sowohl das Unterrichtsgespräch als auch Hintergrundinformationen durch die Lehrperson zu ergänzen, da ein völlig selbstständiges Erarbeiten von Lerninhalten deutlich eher von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufen I und II geleistet werden kann.
Das Buch kann unter der Nr. 2150105 in der Mediathek Freiburg und vielen der 16 Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums Freiburg ausgeliehen werden.
Weitere Informationen zur besprochenen Publikation finden sich hier.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule,
Josef Gottschlich
Vom Klassenzimmer in den Dschihad
Lamya Kaddor, islamische Religionswissenschaftlerin und Religionspädagogin, setzt sich in ihrem neuen Buch mit der Frage auseinander, warum deutsche Jugendliche in den Dschihad ziehen.
In ihrem neuesten, bei Piper erschienen Buch „Bereit zum Töten – Warum deutsche Jugendliche in den Dschihad ziehen“ (http://www.piper.de/buecher/zum-toeten-bereit-isbn-978-3-492-05703-5), setzt sich die islamische Religionspädagogin Lamya Kaddor mit dem Problem der Radikalisierung jugendlicher Muslime auseinander. Die Autorin, gläubige Muslimin, in Deutschland als Kind syrischer Eltern geboren und aufgewachsen, ist Islamwissenschaftlerin und Lehrerin für islamischen Religionsunterricht. Ihre Darlegungen beruhen auf eigenen Erfahrungen – auch auf der schmerzlichen Erfahrung, dass sich unter den zwanzig Jugendlichen aus Dinslaken-Lohberg, die sich zu Dschihadisten entwickelt hatten und nach Syrien aufgebrochen waren, fünf ehemalige Schüler befanden. Zwar kamen, so die Autorin, vier bald zurück; aber einer blieb und „hielt am Irrglauben, für die Sache Gottes zu kämpfen“ (S. 25). Dass es aber überhaupt dazu kommen konnte, veranlasste sie genauer hinzuschauen, „wer diese Jugendlichen sind, wo sie herkommen, und was sie dazu getrieben hat, an der Seite brutaler Terroristen in den Kampf zu ziehen“ (S. 25). Diesem Anliegen ist das vorliegende, gut zu lesende Buch gewidmet, das nicht bei Situationsbeschreibungen und Analysen stehen bleibt, sondern auch danach fragt, was in unserer Gesellschaft, d.h. im sozialen Umfeld, in Schule und Politik sowie in muslimischen Communities zu tun ist, um einer Radikalisierung von Jugendlichen entgegenzuwirken.
Lamya Kaddor gilt als Pionierin der Islamischen Religionspädagogik in Deutschland. Sie wurde zu einer der zehn einflussreichsten muslimischen Frauen Europas gewählt, ist Gründungs-Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes und lebt in Duisburg. Aktuelle Diskussionsveranstaltungen mit der Autorin zu ihrem aktuellen Buch finden derzeit im Rahmen unterschiedlicher Veranstaltungen statt.
http://www.piper.de/buecher/zum-toeten-bereit-isbn-978-3-492-05703-5.
IRP Freiburg, Referat Allgemein bildendes Gymnasium, Dr. Maria Jakobs
Kirchenbegehungen im Freiburger Münster
Markus Aronica reflektiert in seiner Dissertation „Kirchenraumbegehungen im Freiburger Münster“ unter dem besonderen Aspekt von Bildungszielen und Bildungskonzepten.
Jüngst erschien in der Reihe Ästhetik – Theologie – Liturgik des Litverlages mit Band 58 die Dissertation von Markus Aronica zum Thema „Kirchenbegehungen im Freiburger Münster : Überlegungen aus religionsdidaktischer Sicht.“
http://www.lit-verlag.de/isbn/3-643-12585-9
Auf rund 300 Seiten setzt sich der Autor aus religionspädagogischer Sicht mit den Herausforderungen und Möglichkeiten kirchen(raum)pädagogischen Arbeitens auseinander. Seine Darlegungen sind in drei Kapitel strukturiert, deren Unterkapitel unter dem Stichwort „Ertrag“ jeweils knapp zusammengefasst sind. Im ersten Kapitel „Kirchenbegehungen in religionsdidaktischer Hinsicht“ unternimmt der Autor eine Bestandsaufnahme vorliegender Praxishilfen und Publikationen zur Begehung des Freiburger Münsters ULF und setzt sich mit ihnen kritisch auseinander. Analog geschieht dies mit ikonografischen und liturgietheologischen Einführungen sowie mit kirchen(raum)pädagogischen, geschichts- und religionsdidaktischen Ansätzen. Interessierte Leserinnen und Leser finden hier eine Übersicht darüber, was vorliegende Publikationen intendieren, leisten oder wo sie hinter den Erwartungen des Autor zurückbleiben. So fragt er u. a. „welche Inhalte (sie) lehren, welche Fähigkeiten (sie) fördern, welche seelsorglichen und bildnerischen Intentionen (sie) verfolgen usw., aber auch, „wie (…) diesbezüglich Einführungen in Ikonografie, Gottesdiensttheologie, Museums- und Kunstdidaktik sowie Kirchenraum- und Religionspädagogik vorgehen“ (S. 21) und was sich schließlich über die religiösen Interessen der Besucherinnen und Besucher eines Kirchenraumes – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – sagen lässt (S. 78ff.). Deutlich markiert er dabei deren Möglichkeiten und Grenzen.
Religionsdidaktisch lohnenswert ist für den Autor der Blick auf das Sinnstiftungspotential von Kirchenkunst. Mit diesem Pfund gilt es sich seiner Meinung nach auseinander zu setzen (S. 21) und hierfür konzipiert er im zweiten Kapitel religionsdidaktische Konzepte zur Kirchenbegehung. Zunächst werden religiös und bildungstheoretisch begründete Intensionen vorgestellt, sodann Erschließungsprinzipien, insbesondere Elementarisierung und Symboldidaktik, und schließlich Bildungsansprüche bezogen auf Persönlichkeitsbildung und religiöse Bildung. Sein Fazit: Mystagogisch oder evangelisierend vertiefte bildnerisch kulturdiakonische Konzeptionen, die auch persönlichkeitsbildende und philosophisch reflexive Bildungsinhalte enthalten, sind am ehesten geeignet, den Zugang zum Sinnstiftungspotential der Kirchenkunst zu erschließen. Voraussetzung hier sei deshalb eine sehr gute Kenntnis der Gäste und ihrer Wünsche sowie die Ermöglichung des Wechselspiels von Wahrnehmung und (vorsichtiger!) Performanz.
Im dritten und letzten Kapitel schließlich geht es dem Autor darum zu zeigen, wie seine theoretischen Reflexionen insbesondere die erwachsenbildnerische Praxis bestätigen (S.171ff.). Dies entfaltet er aus religionspädagogischer Perspektive am Freiburger Münster ULF, genauer an einer Münsterbegehung, zu der er auch praxisnahe Anregungen zur Durchführung gibt. So kommt er von der Außenführung über die Führung durch Hauptportalhalle und Innenraum auf einzelne Bildthemen und Bildwerke zu sprechen, wobei kunsthistorisch, historisch, philosophisch, theologisch und religiös bedeutsame Aspekte sowie solche der Rezeptions- und Wirkungsgeschichte einzelner Darstellungen in den Fokus kommen.
Insgesamt unterbreitet Aronica in seiner engagierten Studie einen komplexen theoretischen Ansatz kirchenraumpädagogischen Arbeitens im Freiburger Münster ULF und formuliert zugleich einen hohen Anspruch an die Praxis. Dies gilt insbesondere dort, wo es um die Frage einer wie auch immer gearteten sogenannten vorsichtigen Performanz geht. Was und wie viel sich von dem, was der Autor für angemessen erachtet, tatsächlich umsetzen lässt, und vor allem, ob sich ein Zugang zu dem vom Verfasser a priori angenommenen Sinnstiftungspotential der „Kirchenkunst“ erschließen lässt, bleibt letztlich offen und dürfte sich in der Praxis nur schwer nachweisen lassen.
IRP Freiburg, Referat Allgemein bildendes Gymnasium, Dr. Maria Jakobs
Kaupp, Angela / Bußmann, Gabriele / Lob, Brigitte / Thalheimer, Beate (Hrsg.): Handbuch Schulpastoral. Für Studium und Praxis. Verlag Herder, Freiburg 2015, 382 Seiten, ISBN 978-3-451-31205-2
Im Februar gab der Verlag Herder in seiner Reihe „Grundlagen Theologie“ das Handbuch Schulpastoral heraus. Der Band soll an die 20-jährige Wirkungsgeschichte des Dokuments der deutschen Bischöfe: „Schulpastoral – der Dienst der Kirche an den Menschen im Handlungsfeld Schule“ (Bonn 1996) erinnern und dessen Relevanz bis heute aufweisen (S. 12). Zu Recht nehmen die Autorinnen und Autoren des Handbuchs die Leitgedanken der Bischöfe immer wieder auf, sei es zustimmend (überwiegend), sei es kritisch (S. 131f). So stellt sich die Frage, ob das Dokument in seinem Wortlaut nicht hätte abgedruckt werden können, statt es im ersten Artikel (S. 15–24) zu paraphrasieren.
Das Buch hat, wie der Untertitel angibt, Praktiker und Praktikerinnen, Studierende und Lehrende im Blick. Das Themenspektrum ist sachkundig ausgewählt und erörtert in fünf Kapiteln Grundlagen der Schulpastoral, Rolle und Qualifikation der Seelsorgerinnen und Seelsorger, geschichtliche und konfessionelle bzw. islamische Entwicklungen, spezifische Profile (z.B. systemischer, ignatianischer Ansatz) und rechtliche bzw. strukturelle Rahmenbedingungen. Jeder Artikel ist von aktuell kompetenten Fachleuten verfasst und sorgfältig um weiterführende Literatur ergänzt. Querverweise im Buch ermöglichen die vertiefende Lektüre.
Das Handbuch spiegelt die heutige Situierung von Schulpastoral im Lebensraum Schule wider, die sich an drei Aspekten ablesen lässt:
(1) Schulpastoral ist mittlerweile ein etabliertes kirchliches Handlungsfeld. In der Tat ist die Spanne von der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute lang genug, um Früchte der Entwicklung bzw. weitere Herausforderungen im Sinne der Qualitätssicherung in den Blick zu nehmen. Allerdings dürfte die hauptsächliche Provokation heute darin liegen, außerunterrichtliches kirchliches Tun im öffentlich-gesellschaftlichen Raum Schule grundlegend zu legitimieren. Denn der Anspruch dabei ist ja nicht nur die – rechtlich abgesicherte – Seelsorge an den Mitgliedern der eigenen Glaubensgemeinschaft (S. 274–291), sondern die Humanisierung der Schulkultur, die durch Angebote für einen weiteren Kreis in der Lebensgemeinschaft Schule erreicht werden soll. Diesem Problem geben die Artikel im ersten und fünften Kapitel wenig bis gar keinen Raum. Dagegen ist zu sicherem Terrain wie Religionsunterricht und Bildung oder zum faktischen Mehrwert, den Schulpastoral an Schulen kreiert, viel Fundiertes zu finden. Kritischere Geister sind deshalb darauf verwiesen, ihren Forschungsdrang mittels des beachtlichen 27-seitigen Literaturverzeichnisses zu sättigen.
(2) Schulpastoral hat sich an Schulen zusammen mit weiteren freiwilligen Angeboten zu positionieren. Dies schafft mitunter eine Konkurrenzsituation zu weiteren außerschulischen Partnern oder Profilierungsdruck gegenüber ähnlichen Einrichtungen wie der Schulsozialarbeit. Hierzu finden sich in allen Kapiteln des Buches weiterführende Gedanken. Interessanterweise übernehmen einzelne Autorinnen und Autoren den Tenor aus dem 1996-er Dokument, Schulpastoral stärker an das Leben in den Pfarrgemeinden rückzubinden, um das Proprium des Christlichen, erfahrbare Gemeinschaft, angemessen zu vermitteln (z. B. S. 10, 256–259, 271). Dieses Desiderat könnte nach wie vor zukunftsweisend sein – allerdings setzt es ziemlich selbstverständlich voraus, dass die personellen Möglichkeiten und entsprechenden Charismen vor Ort vorhanden sind.
(3) Schulpastoral ist christliches Tun, das sich im Prisma vieler Konzepte und Kontexte zunehmend auch interreligiös positioniert. In den Kapiteln drei bis fünf bekommen die Leserinnen und Leser einen breit und aktuell gefassten Überblick über ganz unterschiedliche Ansätze. Besonderes Augenmerk erhält die pluralitätssensible Schulpastoral, die sich nicht zuletzt darin ausdrückt, dass ein muslimischer Autor selbst über Seelsorge aus islamischer Sicht schreibt.
Wer immer also einen fundierten Überblick über heutige Ansätze, Qualitätsmerkmale und kontextuelle Einbettungen von Schulpastoral sucht, bekommt ihn im neuen Handbuch wirklich geboten. Formal gesehen, erschwert zwar eine erstaunlich hohe Zahl von Grammatik- und Rechtschreibfehlern im Buch das konzentrierte Lesen, dennoch kann der Band zur Anschaffung gut empfohlen werden.
Näheres zum Buch seitens des Verlags finden Sie >>hier
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral,
Dr. Jeremia Kraus
Theologisieren mit Kindern aus bildungs- und religionsfernen Milieus
Büttner, Gerhard; Kraft, Friedhelm (Hgg.): „He! Ich habe viel Stress! Ich hasse alles“. Theologisieren mit Kindern aus bildungs- und religionsfernen Milieus. Stuttgart 2014, 158 S.
In den 14 Aufsätzen des neuen Bandes der Reihe „Jahrbuch für Kindertheologie“ geht es um die Frage, ob und inwieweit theologische Interaktion auch mit Kindern möglich ist, die nicht oder nur wenig religiös-christlich sozialisiert sind.
Die Publikation ist in drei Teile gegliedert: Theologische Grundlagen und empirische Einblicke; Pädagogische Anregungen sowie Buchbesprechungen.
Das Buch füllt eine Lücke, denn über Theologisieren mit Kindern aus bildungs- und religionsfernen gesellschaftlichen Milieus wurde bislang im deutschsprachigen Raum eher wenig publiziert. (Eine Ausnahme ist Inger Hermanns weithin beachtete Publikation: Halt’s Maul, jetzt kommt der Segen. Kinder auf der Schattenseite des Lebens fragen nach Gott. Stuttgart 102011.)
Die Autorinnen und Autoren kommen darin überein, dass bei Kindern aus Milieus, die durch niedrige Schulabschlüsse und materielle Armut der Eltern bedingt sind, in der Regel ein höchstens fragmentarisches religiöses Vorwissen vorhanden ist. Somit fehlt hier weitgehend die Vertrautheit mit christlichen Grundsymbolen, Formen der Spiritualität und religiösen Sprachmustern. Zudem fällt es diesen Kindern meist auch grundsätzlich schwer, sich verbal zu artikulieren; sie verfügen über einen recht geringen Wortschatz und lassen Defizite in Bezug auf Satzbau und Grammatik erkennen. Ganz besonders aber leiden sie unter emotionalen Defiziten: Zu Hause wird oft nur wenig mit ihnen gesprochen; häufig fehlt es am Interesse und der Zuwendung der Eltern. Demzufolge fällt es ihren Kindern meist auch schwerer als anderen Schülerinnen und Schülern, Gesprächsregeln einzuhalten und ein angemessenes Sozialverhalten (z. B. durch gewaltfreie Kommunikation) an den Tag zu legen.
Die Beiträge der Publikation machen deutlich, dass trotzdem auch mit ihnen ein Theologisieren und Nachdenken über Gott/Jesus Christus gelingen kann. Dabei ist jedoch, so Friedhelm Kraft (S.142–148), die persönliche und möglichst vorurteilsfreie Zuwendung der Lehrperson unerlässlich: Gerade solche Kinder gilt es wertzuschätzen, sie Ernst zu nehmen und ihnen besonders aufmerksam zuzuhören. Durch derartige Originalbegegnungen kann auch das Vertrauen ansonsten vernachlässigter Kinder auf einen liebenden und treuen Gott geweckt werden.
Darüber hinaus sind besonders bei der Arbeit mit solchen Schülerinnen und Schülern auch nonverbale Methoden des Theologisierens notwendig, worauf Mirjam Schambeck in ihrem Beitrag „Prinzipien des Theologisierens mit religionsfernen Kindern“ (S. 44-53) hinweist: Gerade hier kommt es auf angemessene Lernwege an, etwa bildgestütztes Erzählen, das Anfertigen von Zeichnungen und Collagen oder die Arbeit mit Filmen (vgl. S. 49).
Katharina Kammayers Text über Kindertheologie im Zusammenhang mit Inklusion (S. 25–43) hebt vor allem die Notwendigkeit fachdidaktischer Niveaudifferenzierung hervor und gibt dazu vielfältige didaktische Impulse.
Für die Grundschule besonders relevant ist der Aufsatz von Johannes Schimming (S.83–94) über Gespräche zum Thema „Passion und Ostern“ im Rahmen der Offenen Kinderarbeit: Hier fällt neben dem sehr lückenhaften Vorwissen der Kinder aus religionsfernen Milieus auch auf, dass sie Elemente aus Fantasy- und Science-Fiction-Filmen mit dem Osterereignis in Zusammenhang bringen. Der Autor zeigt auf, wie bereits kleine Bruchstücke aus dem fragmentarischen Vorwissen der Kinder in einem theologischen Gespräch aufgegriffen werden können. Darüber hinaus macht er deutlich, dass geeignete Kreuzes- und Osterdarstellungen aus dem Fundus der christlichen Kunst gerade bei der Arbeit mit solchen Kindern sehr hilfreich sind, um Zugänge zu eröffnen und Erkenntnisse zu vertiefen.
Barbara Strumann (S. 95–101) dokumentiert eine Lernsequenz zum Thema „Klagepsalmen“. Dabei wird deutlich, dass es gerade sozial benachteiligte Kinder entlasten kann, Wut, Ärger und Überdruss in kurzen Klagegebeten auszudrücken und vor Gott zu bringen. Dass insbesondere beim Umgang mit den Gebeten der Kinder die Grundprinzipien der Freiwilligkeit und Diskretion sorgfältig zu beachten sind, versteht sich von selbst.
Die Aufsätze von Gerhard Büttner (S. 110–114) und Viola Maria Fromme-Seifert (S. 128–137) befassen sich mit künstlerischen Arbeiten von Kindern zum Thema „Wie stelle ich mir Gott vor?“. Dabei werden interessante Unterschiede in Bezug auf die Gottesbilder von Mädchen und von Jungen erkennbar. Weiterhin empfiehlt es sich aus didaktischen Gründen, die Kinder nicht nur ein Bild, sondern eine Bilderserie malen zu lassen. Zudem ist es bei der Deutung solcher Bilder unabdingbar, auch Erklärungen der Schülerinnen und Schüler zu ihren Werken mit einzubeziehen. Schließlich fällt auf: Manche Kinder lassen erkennen, dass sie bereits in ihrer Grundschulzeit über ein anthropomorphes (menschenähnliches) Gottesbild erstaunlich weit hinausgekommen sind.
Daran anknüpfend, können solche, eher abstrakte Gottesdarstellungen mit Hilfe geeigneter Bilder aus der „Symbol-Kartei“ von Rainer Oberthür und Mascha Greune noch weiter vertieft werden. Der Autor gibt hierzu in seinem Beitrag (S. 115–127) aufschlussreiche Erläuterungen, doch sind die hierin beschriebenen Lernwege für Kinder aus bildungs- und religionsfernen Milieus sehr anspruchsvoll.
Obwohl etwa ein Drittel der Aufsätze von der Arbeit mit Jugendlichen handeln und manche Beiträge sich eher mit dem Thema der Kindertheologie im Allgemeinen befassen, kann das Buch besonders auch Religionslehrerinnen und -lehrer von Grundschulen in sozialen Brennpunktgebieten unterstützen. Die Besprechungen von fünf neu erschienenen Printmedien im letzten Kapitel (S. 149–158) runden das Buch ab und geben Hinweise auf weitere Publikationen, die hierbei entlastend und hilfreich sein können.
Das Buch kann in der Mediathek Freiburg (Nr.: 2150039) und den meisten der 16 Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums Freiburg ausgeliehen werden.
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Religiöse Bildung in Kindertageseinrichtungen
Judith Weber „Religionssensible Bildung in Kindertageseinrichtungen. Eine empirisch-qualitative Studie zur religiösen Bildung und Erziehung im Kontext der Elementarpädagogik“ ist in der Reihe „Interreligiöse und Interkulturelle Bildung im Kindesalter“ als vierter Band erschienen (Waxmann-Verlag, Münster/New York 2014).
Frau Weber entwickelt in ihrer Studie ein pädagogisch begründetes religionspädagogisches Handlungskonzept. Ausgangspunkt für die Arbeit ist die Erkenntnis, das sich Kinder forschend mit den Phänomenen der Welt auseinandersetzen und dazu gehören auch religiöse Fragen, die Kinder stellen, um die Welt zu verstehen und zu deuten. Bei der Begleitung der Kinder in diesen Fragen ist „religiöse Neutralität in der religiösen Bildung und Erziehung von Kindern nicht praktizierbar“, weil die pädagogischen Fachkräfte ihren eigenen (a)-religiösen Hintergrund immer mit einbringen (S. 21).
Religiöse Bildung wird in dieser Arbeit mit dem Begriff der „religionssensiblen Bildung“ beschrieben. Der Begriff wurde von Martin Lechner für den Bereich der Jugendhilfe geprägt. „Religionssensible Erziehung stellt eine religionspädagogische Handlungstheorie dar, die sich sowohl als Teilgebiet der (Sozial-)Pädagogik als auch als Teilgebiet der Theologie versteht“ (S. 53). Der Begriff stellt für Erzieherinnen und Erzieher, die sich selbst als nicht religiös verstehen, einen leichteren Zugang dar als der Begriff der religiösen Bildung, der häufig noch damit assoziiert wird, dass die pädagogische Fachkraft dafür selbst religiös (praktizierend) sein müsste. „Mit der Verwendung des Begriffs ´Religionssensibilität` wird die Aussicht verbunden, dass das Phänomen ´Religion` in den Sozialberufen eine positive Konnotation erfährt.“ (S. 60)
Frau Weber überträgt die sechs Handlungsgrundsätze der religionssensiblen Bildung, die für den Bereich der Jugendhilfe entwickelt wurden, auf den Elementarbereich. Das ist für all diejenigen eine wichtige Hilfe, die diesen Ansatz in Kindergärten und Kitas umsetzen (möchten). Ihr besonderer Verdienst ist es, dass sie die religionssensible Bildung/religiöse Bildung zunächst nicht theologisch-religionspädagogisch, sondern pädagogisch begründet. Damit zeigt sie, dass zur pädagogischen Arbeit in Kindergärten der Bereich der Religion für alle Erzieherinnen und Erzieher zum Bildungsauftrag dazugehört. Pädagogische Fachkräfte, die sich selbst als nicht religiös verstehen, können im pädagogischen Auftrag ihre Rolle finden, denn, um religionssensibel bzw. religiöse zu bilden, ist es nicht Voraussetzung, dass die Fachkräfte selbst religiös sind, sondern dass sie über die nötigen pädagogischen Kompetenzen verfügen (Wissen, Können, Sein), die sie auch in den anderen Bildungsbereichen benötigen. Anhand von drei analysierten pädagogischen Handlungskonzepten (Offener Kindergarten, Early Excellence und infans) zeigt Frau Weber Anknüpfungspunkte der religionssensiblen/religiösen Bildung zum pädagogischen Alltag in Kitas. Durch eine empirische Untersuchung zeigt die Autorin, dass religionssensible Angebote religionspädagogisches Handeln und pädagogische Handlungskonzepte verbinden. Religionssensibilität ist daher heute eine Schlüsselkompetenz pädagogischer Fachkräfte. Religionssensibilität meint allerdings mehr als nur Wahrnehmung. Sie beinhaltet vielmehr folgende Teilkompetenzen: „religiöse Wahrnehmungskompetenz, religiöse Sprachkompetenz, religiöse Symbol- und Ritualkompetenz sowie institutionelle Vernetzungskompetenz.“ (S. 157)
Die Arbeit verdeutlicht insgesamt, dass interkulturelle, interreligiöse und religionspädagogische Kompetenzen zu einem Kennzeichen elementarpädagogischer Professionalität geworden sind, an denen Erzieherinnen und Erzieher heute nicht mehr vorbeikommen, wenn sie Kinder in ihrer ganzen Persönlichkeitsentwicklung auch mit deren religiösen und philosophischen Fragen begleiten möchten.
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IRP Freiburg, Referat für Elementarpädagogik, Heike Helmchen-Menke
Ostern in der Kita: „Das erste Ostern“ von Martin Polster (Gabriel Verlag 2014)
Viele Publikationen für Kinder zu Ostern beziehen sich auf das österliche Brauchtum wie Ostereier und vor allem Osterhasengeschichten. Es braucht dazu auch Bücher, die Kindern die biblischen Ursprünge und die religiöse Dimension des Osterfestes erschließen. Der Theologe und ehemalige Leiter des pädagogisch-theologischen Studienzentrums in Stuttgart, Dr. Martin Polster, hat die Ereignisse um das erste Osterfest nach dem Johannes Evangelium des Neuen Testamentes für jüngere Kinder nacherzählt. Die Identifikationsfigur für die Kinder ist Maria Magdalena. Das Buch erzählt in kindgemäßer Sprache davon, warum Maria Magdalena mit Jesus befreundet war:
„Jesus sagt den Kindern, dass Gott sie lieb hat. So lieb, wie Mama und Papa ihr Kind lieb haben. Es besucht Menschen, die keine Freunde haben. Traurige werden fröhlich, wenn Jesus bei ihnen ist.“ Das Buch erzählt von Feinden, die keinen Jesus haben wollten. „Jesus wurde verurteilt. Jetzt ist Jesus tot“. Es wird gezeigt, wie Jesus in ein Leinentuch gewickelt wird, im Hintergrund ist der Berg Golgotha mit den drei Kreuzen zu sehen. Am nächsten Tag ist Maria so traurig, todtraurig. Am dritten geht Maria vor Sonnenaufgang zum Grab, „sie will ganz nah bei Jesus sein“. Das Grab ist leer, nur das Leinentuch liegt dort. Sie weint. Ein Mann spricht sie an. Sie kennt seine Stimme. „Am Himmel geht die Sonne auf. Und Maria geht ein Licht auf. Sie ist sich ganz sicher. Das ist Jesus. … Am liebsten würde Maria Jesus festhalten und nie mehr loslassen“. Aber Jesus gibt ihr den Auftrag zu den anderen zu gehen. „Sag ihnen, dass Gott mich lebendig gemacht hat“. Jetzt ist Maria nicht mehr traurig. Sie geht zurück und jubelt „Jesus lebt!“. Darum feiern wir Ostern.
Dem Autor gelingt es, die biblische Erzählung im besten Sinne elementarisiert zu erzählen. Das unterstützt auch die vorlesenden Erwachsenen dabei, in einer einfachen, kindgerechten Sprache zu sprechen, wenn sie mit ihren Kindern von Religion und Glauben reden.
Die farbigen Illustrationen von Rike Janßen zeigen einfühlsam in warmen Farben Trauer, Erschrecken, Freude und Begeisterung der Personen, vor allem von Maria Magdalena.
Das Buch ist ein stabiles Pappbilderbuch für drei- bis sechsjährige Kinder, das sich eignet immer wieder vorgelesen und angeschaut zu werden.
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IRP Freiburg, Referat Elementarpädagogik, Heike Helmchen-Menke
77 Impulse für Achtsamkeit und Stille in der Grundschule
Simma, Christoph: 77 Impulse für Achtsamkeit und Stille in der Grundschule. Mülheim: Verlag an der Ruhr 2014, 104 S.
Die Publikation von Christoph Simma enthält vielfältige Übungen und Anregungen zur Aneignung von Konzentration, Aufmerksamkeit, Ruhe, Wertschätzung und Mitgefühl. Diese Fähigkeiten sind, als Basiskompenzen, Voraussetzungen für einen gelingenden Unterricht, bei dem sich sowohl Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrperson wohlfühlen und ganz dem jeweiligen Lerngegenstand zuwenden können. Die sieben Kapitel der Publikation lauten: Achtsamkeit in meiner Klasse; Wahrnehmungs- und Stilleübungen; Über Bewegung zur Ruhe kommen; Achtsamkeit mit mir selbst und anderen gegenüber; Mandala-Arbeit; Ohne viele Worte; Ich sorge für mich.
Ganz wesentlich kommt es dem Verfasser auf wertschätzenden Umgang mit den Schülerinnen und Schülern an: „Durch den respektvollen Umgang der achtsamen Lehrperson mit den Kindern wird deren Selbstwert gestärkt. Die Kinder sollen sich dadurch als bedingungslos wertvoll und kostbar erleben.“ (S. 12f.) Christoph Simma erkennt in diesem Zusammenhang, dass vor allem die Grundbefindlichkeit der Lehrerin und des Lehrers maßgeblich für eine positive Unterrichtsatmosphäre verantwortlich ist. Deswegen gibt er im letzten Kapitel des Buches („Ich sorge für mich“, S. 100-103) auch hierfür bedenkenswerte und hilfreiche Anregungen. Zurecht weist es der Autor eindeutig zurück, den Wert einer am Schulgeschehen beteiligten Person hauptsächlich oder gar ausschließlich an deren Leistung zu messen (vgl. S. 13). Gerade dies führe oft zu einer Angespanntheit, die unter anderem auch „vorschnelles Urteilen, überstürztes Handeln oder unüberlegtes Sprechen“ (S. 13) begünstige. Das Ziel der Publikation liegt vielmehr darin, Phasen der Ruhe und Entspannung in den Unterricht einzubeziehen, gerade auch im Fach Religionslehre. Der Autor empfiehlt, diese teilweise auch als feste Rituale einzurichten, etwa am Beginn (S. 17) und am Ende (S. 84) eines Schulmorgens oder am Anfang eines Schuljahres (S. 16).
Von Vorteil ist, dass für die meisten der im Buch vorgestellten Stilleübungen kein oder nur weniges Material notwendig ist, wodurch sie ohne großen Aufwand vorbereitet werden können. Auch eignen sich viele der Übungen als Intervall, zum Beispiel für eine kurze Zeit der Unterbrechung und des Innehaltens zwischen zwei Unterrichtsphasen oder Unterrichtsstunden.
Fast die Hälfte der Lernanregungen des Buches sind Wahrnehmungs- und Stilleübungen, teilweise unterstützt durch einfache Hilfsmittel wie eine Klangschale, Orff-Instrumente oder eine Sanduhr. Häufig geht es dabei darum, sich mit ganzer Aufmerksamkeit auf nur sehr wenige Hör-, Seh- oder Tasteindrücke einzulassen: ein leises Geräusch, einen Gegenstand in der Kreismitte oder einen Stein, welcher vom jeweiligen Kind lediglich mit Hilfe seines Tastsinns ausgewählt werden darf (S. 34). Einige der Inhalte sind Varianten bereits bekannter Übungen, so etwa des Spiels „Ich sehe was, was du nicht siehst“ (S. 34): Hier zeigen die Schülerinnen und Schüler nicht mit Hilfe von Worten, sondern durch das Summen ansteigender Töne an, wenn ein ratendes Kind dem zu findenden Gegenstand näher kommt.
Auch das Kapitel „Ohne viele Worte“ enthält hilfreiche Anregungen für den Einsatz nonverbaler Signale im Unterricht. Dies geschieht vor allem durch Kopiervorlagen und Beschreibungen von Unterrichtskarten, mit deren Hilfe der Ordnungsrahmen für die Lerngruppe gestaltet werden kann (z. B. „Achte auf die Stille!“; „Bildet einen Stuhlkreis!“ oder „Legt Schere und Kleber bereit!“).
Die Texte des Buches sind klar und nach einem festen Grundraster (Materialien – Vorbereitung – Durchführung – Hinweis) gegliedert. Die einzelnen Übungen werden gut verständlich beschrieben, teilweise auch mit Hinweisen zur Differenzierung durch Variationen oder erhöhten Schwierigkeitsgrad. Bei Aufgaben mit komplizierteren Bewegungsabläufen, etwa der „Chinesischen Baumübung“ (S. 62) wären jedoch zusätzlich zum Text noch Skizzen oder Fotos von Kindern beim Ausführen der Übung hilfreich gewesen.
Weiterhin fehlt im Inhaltsverzeichnis eine detaillierte Auflistung aller 77 Impulse, was ein rascheres Finden einer konkreten Übung im Buch erleichtern würde. Auch mangelt es etwas an Impulsen, die mit einzelnen Melodieinstrumenten arbeiten.
Jedoch überwiegen eindeutig die Vorzüge der Publikation, etwa die bei Kindern besonders beliebten Spiele des zweiten Kapitels („Über Bewegung zur Ruhe kommen“), da hierbei ihr ganzer Körper in Anspruch genommen ist, ohne sich dabei verausgaben zu müssen. Einige Impulse (z. B. „Aufstehspiel, S. 53 oder „Lichtergang“, S. 56) erfordern ruhige und langsame Bewegungen oder sind mit Atemübungen verbunden (S. 60 f.). Zurecht betont der Verfasser, dass viele Übungen dieses Kapitels darüber hinaus auch Heiterkeit, Humor und ein herzhaftes Lachen der Kinder begünstigen (S. 50).
Schließlich finden die weithin beliebten Mandalas in der Publikation Platz (S. 86-92). Hierbei spart der Autor nicht mit auch kritischen Anmerkungen, benennt wichtige Voraussetzungen und Einschränkungen für deren Einsatz (S. 87) und erwähnt reizvolle Varianten wie das Legen von Kreisbildern mit Naturmaterialien (S. 89), Gemeinschaftsmandalas (S. 90) und Fenstermandalas (S. 91).
Obwohl das Buch nicht ausdrücklich für den Religionsunterricht geschrieben wurde, sind seine Lernimpulse gerade für dieses Fach ausdrücklich zu empfehlen – nicht zuletzt deshalb, weil auch vielen biblische Personen die Kraft aus der Stille immer wieder zu einer tieferen Gottesbeziehung verholfen hat, so etwa Elija oder auch Jesus Christus selbst. Ähnliches kann auch Grundschulkindern zu einer wichtigen spirituellen Erfahrung werden.
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Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule,
Josef Gottschlich
Melanie Jacobi, Dirk Meyer: Open Sky: 15 Praxismodelle zu Lebensfragen in der pastoralen Jugendarbeit, Don Bosco Verlag 2014, 144 Seiten, ISBN 978-3-7698-2043-0
Wieder ein sehr empfehlenswertes Buch aus der Praxis für die Praxis aus dem Don Bosco Verlag! Die 15 Modelle sind aus fünfteiligen Glaubensabenden in Advent und Fastenzeit erwachsen und haben Jugendliche ab 14 Jahren und junge Erwachsene im Blick. Alle vorgestellten Impulse können auch außerhalb einer Reihe eingesetzt werden. Ursprünglich für die Jugendarbeit in der Gemeinde konzipiert, eignen sie sich auch für die Schulpastoral.
Das Vorwort: „Gestaltungsideen für die Arbeit mit den Impulsen“ führt die Lesenden auf vier gut gegliederten Seiten ein: Wie gelingt der Start, wie erhält die Gruppe ein Zusammengehörigkeitsgefühl, wie lässt sich der Einstieg gestalten? Diese Fragen finden originelle Antworten aus dem Erfahrungsschatz der Autorin und des Autors.
Hier bereits gibt das Buch noch eine unerwartete Zugabe frei: Wer nach Material (z. B. Impulskarten) sucht, findet auf den 30 letzten Seiten des Buches etliche Kopiervorlagen. Außerdem lässt sich über einen Zusatzcode kostenlos weiteres Material von der Homepage des Verlags herunterladen.
Wie der Titel angibt, sind es bedeutsame Lebensthemen, die in den einzelnen Impulsen angeschnitten werden: Freundschaft oder Krankheit, Niederlage oder Zukunft werden z.B. vertieft. Die meisten Abende sind auf eine Dauer von ca. 90 Minuten, wenige auf zwei oder drei Stunden angelegt. Sie können an wechselnden, besonders passenden Orten durchgeführt werden. Verschiedene Medien erleichtern den Einstieg oder die Hauptphase; ebenso werden vielfältige methodische Zugänge und Sozialformen vorgeschlagen. Besonders hervorzuheben ist, dass jedes Modell einen biblischen Impuls enthält, der organisch in den Abend eingebunden wird: Ein Hinweis darauf, dass die vielfach abgelehnte Bibelarbeit fruchtbar sein kann, wenn sie ein entsprechendes Setting bekommt.
Den Vorbereitenden – ein weiteres Plus des Buches – werden die nötigen Schritte leicht gemacht, indem eine Checkliste zu Beginn jedes Modells die Methoden und Bausteine und die Details auflistet, die vorzubereiten sind. Dem schließt sich jeweils ein klar gegliederter Ablaufplan an, der von der Schriftfarbe her unterscheidet, was Hinführung und was Material ist.
Abgesehen davon, dass die Sprache vorwiegend männlich geprägt ist (was zwar die Lektüre erleichtert, aber doch den weiblichen Teil der Gemeinten unterdrückt), kann die Publikation für Alle, die mit aktuellen Mitteln in der Jugendpastoral arbeiten wollen, wärmstens empfohlen werden.
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Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral,
Sr. Dr. Jeremia Kraus OSB
Regina Laudage-Kleeberg, Gesa Bertels: Religiöse Vielfalt in der Jugendarbeit : Praxiserprobte Methoden und Ideen, Don Bosco Verlag 2014, 135 Seiten, ISBN 978-3-7698-2018-8
Wie gehen unsere westeuropäischen Gesellschaften mit religiöser Vielfalt um? Wie mit der Tatsache, dass unsere Wertvorstellungen immer weniger vom christlichen Glauben her begründet werden? Fragen, die in diesen Tagen drängender denn je nach grundsätzlichen Antworten rufen. Zugleich fordert die alltägliche Arbeit in Religionsunterricht und Schulpastoral, Wege zu einem verständnisvollen Miteinander unter Jugendlichen zu finden.
Aus ihrer Berufspraxis bei der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Nordrhein-Westfalen haben die beiden Autorinnen ein sehr reflektiertes Handbuch vorgelegt, das bei den heute aktuellen Ausgangsbedingungen ansetzt. Wie Untersuchungen aus den letzten Jahren und nicht zuletzt die Sinusstudie 2012 zeigen, fallen Glaube und institutionalisierte Religion unter deutschen Jugendlichen kaum mehr in eins, zeigt sich ihre Religion also individualisiert. Andererseits bringen Menschen mit Migrationshintergrund ihre religiösen Lebenswelten in unsere Gesellschaft ein. Dabei muss beachtet werden, dass es eine Wechselbeziehung gibt zwischen kulturellen Strukturen und Handlungs- und Überzeugungsmustern, d. h. Jugendliche dürfen nicht allein auf ihre formale Religionszugehörigkeit festgelegt werden, weil ihre konkrete Familien- und Wohnortssituation ihre Religiosität mitbestimmt.
Von daher sind die Bausteine dieses Buches differenzsensibel angelegt: Sie gehen davon aus, dass Religion Teil der Kultur, sozialer Faktor, Stellvertreterin für gesellschaftliche Ungleichheit und identitätsstiftendes Moment ist (vgl. S. 9). Konkret bedeutet das, dass Themen aus dem Umkreis von Diskriminierung oder Vorurteilen vorkommen oder die Gruppenleiterinnen und -leiter darauf hingewiesen werden, wo unbewusst ausgrenzende Verhaltensweisen auftreten können.
Die 44 praktischen Anregungen sind nach der Struktur eines Treffens wie „Kennenlernen“, „Einstieg“ oder „Feedback“ und nach Inhalten wie „Selbstreflexion“, „Ausflüge [in Moscheen oder auf Friedhöfe]“, „Spirituelle Angebote“ gegliedert. Auf einen Blick erleichtern die graphisch hervorgehobenen Angaben zu Zielen, Durchführung, Gruppenzusammensetzung, Struktur und Dauer die Suche danach, welcher Impuls zur eigenen Gruppe gerade passt, bzw. wie einzelne Impulse kombiniert werden können. Ein Stichwortverzeichnis am Ende des Buches dient demselben Zweck. Das mitunter erforderliche Material ist unter den vielfältigen Kopiervorlagen oder aber durch Download mit dem im Buch abgedruckten Zusatzcode zu finden.
Wer mit dieser Publikation arbeitet, kann Jugendliche tatsächlich bei der Entwicklung einer pluralitätsfähigen Persönlichkeit unterstützen, wie der Klappentext angibt. Die einzelnen Einheiten zur religiösen Vielfalt bzw. zu gesellschaftlichen Privilegien dürften fast zwingenderweise dazu führen, dass die Teilnehmenden ihre grundsätzlichen Einstellungen klären.
Der Band eignet sich für die schulische wie außerschulische Jugendarbeit und wendet sich an Haupt-und Ehrenamtliche, die mit Jugendlichen aus den Klassen sieben bis dreizehn aller Schularten unterwegs sind.
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Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral,
Sr. Dr. Jeremia Kraus OSB
Warum dürfen Adam und Eva keine Äpfel essen?
Biesinger, Albert; Kohler-Spiegel, Helga; Hiller, Simone (Hgg.): Warum dürfen Adam und Eva keine Äpfel essen? München: Kösel 2014, 144 S.
Dabei werden neben Festen des Kirchenjahres (Weihnachten, Karfreitag und Christi Himmelfahrt) auch schwierig verständliche biblische Erzählungen (Schöpfung, Sündenfall, Jona, Hiob, Dämonenaustreibungen) und ganz grundsätzliche Fragen thematisiert: Stimmt denn, was in der Bibel steht? Dürfen auch Klagen über Gott zur Bibel gehören? Spricht Gott mit uns, wenn wir in der Bibel lesen?
Wie die drei vorausgegangen Bänden der Reihe, lebt auch dieses Buch von der Vielfalt der Antworten: Fünf Theologinnen und zwölf Theologen gehen in je unterschiedlicher Art und Weise auf die Fragen der Grundschülerinnen und Grundschüler ein. Petra Freudenberger-Lötz, Christian Cebulj und Albert Biesinger gestalten ihre Beiträge zumindest teilweise als Gesprächsprotokolle und lassen Kinder somit auch unmittelbar zu Wort kommen. Aufgrund ihrer dialogischen Grundstruktur sind gerade diese Kapitel besonders interessant und aufschlussreich.
Hervorzuheben ist, dass sowohl Bibelerzählungen besprochen werden, die häufig im Religionsunterricht vorkommen, als auch schwierige theologische Themen, welche Kinder häufig beschäftigen. Die Frage nach dem Sinn des Leids in der Welt (Theodizee-Problem) ist die wohl bedrängendste davon.
Hierbei werden die beiden Extreme eines naiv-unkritischen Gottvertrauens auf der einen und einer allzu skeptischen oder gar pessimistischen Grundhaltung auf der anderen Seite konsequent vermieden. Die Autorinnen und Autoren zeigen sehr deutlich auf, dass gerade in biblischen Geschichten Menschen immer wieder mit Härtesituationen und Lebenskrisen konfrontiert sind, aus denen sich oft kein unmittelbarer Ausweg finden lässt, so etwa Mose, Jona, Hiob oder auch Jesus selbst. Gott bewahrt nicht vor solchen Grenzerfahrungen, aber er hilft, sie durchzustehen: Diese Hoffnung vermitteln alle Beiträge der Publikation, wenn auch mit verschiedenen Akzentuierungen. Deutlich wird jedoch immer, dass es entscheidend auf ein möglichst gutes Zusammenwirken von menschlichen Bemühungen und göttlichem Beistand ankommt.
Besonders gut ist es in den Aufsätzen der Publikation gelungen, ein historisch-kritisches Verständnis der Bibel anzubahnen und magischen Gottesvorstellungen Einhalt zu gebieten. Den Kindern wird jeweils sehr verständlich erklärt, unter welchen Bedingungen und Zeitumständen die jeweiligen Texte verfasst wurden (z. B. die Schöpfungserzählungen oder das Buch Jona). Auch wird die theologische Aussageabsicht dieser Bibelgeschichten vermittelt – auf eine Weise, die bereits Kinder verstehen lässt, dass diese Texte nicht wortwörtlich zu nehmen, sondern stets als Gotteswort in Menschenwort aufzufassen sind. Im letzten Beitrag des Buches stellen Mehmetcan Akpinar und Simone Hiller die im Islam derzeit noch vorherrschende Auslegung des Koran diesem Bibelverständnis gegenüber.
Sicherlich ist trotz didaktischer Reduktion, Anschaulichkeit und Konkretisierung durch Beispiele aus der Gegenwart ein religiöses Grundwissen und Vorverständnis bei Kindern nötig, damit sie imstande sind, die Texte des Buches umfassend zu verstehen. Für viele Themen können sie (oder Teile davon) aber eine gute Gesprächsgrundlage sein. Auf alle Fälle können sie Erzieherinnen, Lehrpersonen, Eltern, Katechetinnen und Katecheten dabei unterstützen, Kindern biblische Texte angemessen zu erklären, zugänglich zu machen und sie den tiefen religiösen Ernst erahnen zu lassen, der sich hinter diesen schriftlichen Zeugnissen gelebten Glaubens zumeist verbirgt.
Das Buch ist in der Mediathek Freiburg (Nr. 2140506) und den meisten der 16 Religionspädagogischen Medienstellen der Erzdiözese Freiburg entleihbar.
Weitere Informationen finden sich hier.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule,
Josef Gottschlich
Bernhard Schweiger: Navi 2 Gott : Jugendgottesdienste aus meiner Welt, Don Bosco Verlag 2014, 83 Seiten, ISBN 978-3-7698-2107-9
Mit diesem Buch legt Bernhard Schweiger ein sehr nützliches Vademecum für alle vor, die Gottesdienste mit Jugendlichen feiern – wollen, müssen und dürfen. Was er bereits im Vorwort ankündigt, nämlich dass sowohl Verantwortliche mit viel Routine als auch Neueinsteigende hier Ideen und eine sichere Handreichung finden, löst er auf den folgenden Seiten kreativ und fundiert ein. Dabei kommuniziert er gewissermaßen direkt mit den Lesenden, die er mit „ihr“ (etc.) anredet.
Bevor er konkret wird, gibt er auf knapp vier Seiten eine ansprechend geschriebene Einführung in die Gottesdienstformen der Messe, der Wort-Gottes-Feier, der Jugendvesper und der offenen Andachten. Auf einen Blick zeigt er deren Elemente auf. Hilfreich für alle, die sich in der Liturgie nicht ganz sicher fühlen, sind seine kurzen Charakterisierungen der Lieder: Was macht ein Glorialied aus, welchen Text sollte ein Sanctus haben, welchen Schwierigkeitsgrad die Lieder überhaupt? Seine Praxiserfahrung zeigt sich ebenso im Blick auf die feiernde Gemeinschaft: Auch wenn es um Schülerinnen und Schüler geht, sollte eine „Methodenhäufung“ (S. 10) vermieden werden, um Raum zu lassen für Gebet und Meditation.
Anhand von zwölf Gegenständen, die im Alltag von Jugendlichen vorkommen (z.B. Rucksack, Federmäppchen, Handy) entwickelt B. Schweiger Gottesdienstmodelle, die interaktive bzw. persönlich-kreative und klassische Elemente enthalten. Dabei zeigt er Gespür für die Schätze des Gottesdienstes: Immer wieder führt er Geschichten anstelle von Lesungen an, nie fehlt aber ein Bibeltext. Da dieser mit den ganzheitlich behandelten Elementen korrespondiert, können die Feiernden mit dem Wort Gottes in Berührung kommen. Dem könnte auch die volksnahe Übersetzung dienen, die der Autor mitunter verwendet.
Das Buch ist optisch klar gegliedert und gibt auf einen Blick zu erkennen, wo das Material und wo hinführende Gedanken zu finden sind. Die Sprache trifft die der Jugendlichen, ohne sich anzubiedern.
So kann es allen empfohlen werden, die als Neulinge oder als alte Hasen Gottesdienste vorbereiten.
Näheres zum Buch finden Sie beim Don-Bosco-Verlag.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Sr. Dr. Jeremia Kraus OSB
Feste im Kirchenjahr
Hauser, Uwe; Hermann, Stefan (Hgg.): Arbeitshilfe Religion Grundschule Neu: Feste im Kirchenjahr. Erarbeitet von Brigitte Zeeh-Silva. Stuttgart: Calwer Verlag 2014, 240 S.
Die Publikation enthält sowohl ausführliche methodisch-didaktische Hinweise als auch umfassende Lernimpulse und Materialien zu Erntedank, Advent, Weihnachten, Ostern und Pfingsten.
Obwohl es sich um eine evangelische Produktion handelt, sind die meisten der methodisch-didaktischen Anregungen, Arbeitsblätter und Kopiervorlagen des Buches auch für den katholischen und insbesondere für den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht verwertbar, zumal rein evangelische Feiertage (wie Reformationstag oder Buß- und Bettag) nicht behandelt werden. Auf die Eignung der Unterrichtsmaterialien für den konfessionell-kooperativen RU in den ersten beiden Schuljahren weist die Autorin selber ausdrücklich hin (S. 21f.). Des Weiteren wird bei jedem behandelten Festkreis oder Feiertag auch der Bezug zum katholischen Bildungsplan hergestellt.
Im einem ersten einleitenden Aufsatz befasst sich Brigitte Zäh-Silva mit der Thematik des jahrgangsübergreifenden Religionsunterrichts. Sie erläutert schlüssig, warum sich gerade Lerninhalte dafür eignen, die mit christlicher Tradition, Festen und Feiertagen in Verbindung stehen und ermutigt, insbesondere das breite Spektrum an Verschiedenheiten in altersgemischten Lerngruppen sinnvoll zu nutzen und auszuschöpfen (S. 15ff.).
Der zweite Artikel der Publikation untersucht, welche religionsdidaktischen Akzente speziell bei der Thematisierung von Festzeiten und Feiertagen gesetzt werden können. Dabei verweist die Verfasserin unter anderem auf die Anregung ästhetischer Lernprozesse, das ganzheitliche, kreative und handlungsorientierte Lernen sowie das Lernen an und mit Symbolen. Hierbei wird deutlich, dass gerade auch Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten durch Lernsequenzen zu Festen im Kirchenjahr (insbesondere zum Weihnachtsfestkreis) gut motiviert und gefördert werden können, da hier viele Zugangswege aus der Alltagswirklichkeit verfügbar sind.
Der anschließende, weitaus umfangreichere Teil der Publikation ist Unterrichtssequenzen zum Erntedankfest (43 S.), zu Advent und Weihnachten (63 S.), Passion und Ostern (43 S.) und dem Pfingstfest (30 S.) gewidmet. Hierbei geht die Autorin stets zunächst auf die Lebensbedeutsamkeit des jeweiligen Festes ein, führt elementare Fragen hierzu an (z.B.: „Was ist der ‚Geist Gottes‘ oder der ‚Heilige Geist‘?“, S. 183) und stellt eine komprimierte Auflistung der im Materialteil des Kapitels zusammengestellten Leitmedien vor. Anschließend wird mit einer großen Fülle von methodisch-didaktischen Hinweisen zu diesen Medien und Kopiervorlagen in ausführlicher und zugleich übersichtlicher Weise dargeboten, wie die jeweils angezielten Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler erreicht und gefestigt werden können. Durch diese große Vielfalt kann es gut gelingen, dem gerade im Anfangsunterricht bedeutsamen Prinzip des Lernens mit allen Sinnen gerecht zu werden. Zudem werden, gerade in spiritueller Hinsicht, viele verschiedene Erscheinungsformen des individuellen Lernens berücksichtigt. Auch stellt die Autorin in sinnvoller Weise Anschlüsse zu verwandten Themenfeldern und Lerninhalten her. So verknüpft sie beispielsweise das Erntedankfest mit der Schöpfung, den Psalmen und Franz von Assisi. Bemerkenswert sind ihre kreativen und motivierenden Ideen zur Projektarbeit (z.B. S. 67). Die zum Abschluss jedes Kapitels zusammengestellten Lernkarten (Vorderseite: Aufgaben/Fragen, Rückseite: Antworten/Lösungsvorschläge) fassen sehr gut die wichtigsten Lerninhalte zusammen, ermöglichen zugleich deren Wiederholung und Vertiefung durch Einzel- oder Partnerarbeit und bieten die Möglichkeit der Selbstkontrolle.
Sehr hilfreich sind graphische Darstellungen und Fotografien von Bodenbildern, zum Beispiel zur Karwoche (S. 164). Hierbei führt die Autorin zugleich in die Methode des „schauenden Erzählens“ nach Fulbert Steffensky ein und erläutert gut verständlich, wie diese in Bezug auf die Festzeiten des Kirchenjahres konkret umgesetzt werden kann.
Die große Fülle an Arbeitsmaterialien eignet sich für offene Unterrichtsformen (z.B. Stationenlernen zum Advent, vgl. S. 106) und auch zum niveaudifferenzierten Lernen in der Grundschule. Gerade Kinder der dritten und vierten Klasse können sich viele Inhalte aus dem Materialteil der Publikation selbstständig erarbeiten. Allerdings wäre eine größere Vielfalt an Liedern und musikalischen Lernimpulsen wünschenswert, gerade zur Advents- und Weihnachtszeit. Ebenfalls könnte es hilfreich und zielführend sein, das breite Spektrum an Materialien noch besser zu bündeln, etwa exemplarisch durch zwei bis drei ausgearbeitete Doppelstunden pro Fest. – Hervorzuheben sind neben den Entwürfen von Andachten und Wortgottesdiensten (besonders geeignet für Klasse 3/4!) auch die stimmungsvollen und ausdrucksstarken Zeichnungen von Angelica Guckes. Die Erzählvorschläge (biblische Geschichten, Heiligenlegenden…) wissen ebenfalls fast ausnahmslos zu überzeugen, ebenso die fast lückenlose Berücksichtigung der jeweils relevanten Symbole und Bräuche.
Auch wenn bisweilen zu sehr offen bleibt, wie auch Kinder ohne religiöse Vorbildung gut mit den einzelnen christlichen Festen vertraut gemacht werden können, ist die Publikation von Brigitte Zeeh-Silva eine reiche Fundgrube mit vielen motivierenden, teilweise auch innovativen Materialien und Lernimpulsen. Demnach kann ihr Buch einen sowohl abwechslungsreichen als auch zielführenden Religionsunterricht in der Grundschule sehr gut unterstützen.
Das Buch ist in der Mediathek Freiburg (Nr. 2140433) und in den meisten der 16 Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums entleihbar.
Weitere Informationen finden sich hier.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Schulseelsorge
Anna-Christina Petermann: Schulseelsorge – ein junges kirchliches Handlungsfeld im Schulalltag und in Krisenzeiten. Der Trauerkoffer – in der Trauer füreinander da sein : Neue Wege der evangelischen Schulseelsorge nach dem Tod eines Schülers, LIT-Verlag Berlin 22013, 188 Seiten, ISBN 978-3-643-11250-7
Wie der Titel angibt, ist das Buch zweigeteilt: Auf anteilig einem Drittel der Seiten (Kap. 1–2) befasst sich die Autorin mit allgemeinen begrifflichen Klärungen und Voraussetzungen. Die beiden anderen Drittel sind der Trauerbegleitung gewidmet. Neben kompetent ausgearbeiteten Plänen zur Notfallseelsorge wird der Trauerkoffer vorgestellt, der vorrangig für Kinder der Klassen drei bis fünf gedacht ist.
Der Anlauf im ersten Teil wirkt etwas künstlich: Brauchen Leserinnen und Leser wirklich zuerst einen Abriss über den Begriff Seele (S. 5–10), Seelsorge und evangelische Schulseelsorge im Speziellen (S. 11–28), wenn sie mit dem Wesen von Trauerbegleitung vertraut gemacht werden sollen? Eine Straffung und auch etwas sorgfältigere Redaktion wäre günstig gewesen; nicht zuletzt, um einen Lapsus wie diesen zu vermeiden, dass Gottesdienst wie Unterricht und Seelsorge außerhalb kirchlicher Institutionen stattfinde (S. 11).
Im Kapitel 2.3 „Wirkungskreise und Arbeitsformen evangelischer Schulseelsorge“ bettet A.-Chr. Petermann ihr Sujet in den Kontext von Lebens- und Glaubenshilfe an der Schule ein. Hier finden sich pointiert dargestellte, wenn auch nicht neue Differenzierungen über die Zuwendung der Schulseelsorge an Einzelne, Gruppen, die ganze Schule und das außerschulische Umfeld. Die Arbeitsformen werden als Begleitungs- und Beratungsgespräche, Bildungs- und Freizeitangebote, Gestaltung von Schule als Erfahrungs- und Lebensraum und Angebote in Krisenzeiten charakterisiert und durch Schaubilder illustriert. Eine Stärke dieses Kapitels ist die klare Verortung im Schulalltag von heute, der dadurch geprägt ist, dass Eltern immer weniger Zeit zusammen mit ihren Kindern verbringen können und diese deshalb wichtige Reifungsschritte im Schulalltag durchleben.
Wer begleitet sie dabei? Im letzten einleitenden Kapitel 2.4 stellt die Autorin das Profil von Religionslehrerinnen und Religionslehrern vor, die sich in der Schulpastoral engagieren. Persönlichkeit, fachliche Kompetenz und Zusatzqualifikationen werden prägnant skizziert.
Das Kapitel über Trauerbegleitung als „besondere Arbeitsform evangelischer Schulseelsorge in Krisenzeiten“ (S. 54) gibt große Sachkenntnis in der kindlichen Entwicklung und im Schulgeschehen zu erkennen. Die nötigen Schritte, die bei einem plötzlichen Todesfall an der Schule zu unternehmen sind, werden so dargestellt, dass jede Schule sie in einen eigenen Krisenplan umsetzen kann. Konkret nimmt A.-Chr. Petermann Bezug auf die Situation evangelischer Seelsorgerinnen und Seelsorger in Niedersachsen, woher sich die Konfessionalität in der Kapitelsüberschrift erklärt. Eine kritische Anmerkung legt sich an einer anderen Stelle nahe: Die Reaktion von Schulseelsorgerinnen und –seelsorgern auf kindliche Anklagen gegen Gott kann durchaus mehr als Ratlosigkeit (S. 65) sein. Denn nicht jede Anklage gegen Gott, auch nicht die nach einem Todesfall, ist jenem Teil der Theodizeefrage zuzuordnen, die den Menschen letztlich verstummen lässt.
Die konkrete Arbeit mit dem Trauerkoffer wird in didaktisch-methodischer Aufbereitung anschaulich und durch Material angereichert erläutert. Drei Trauertage umkreisen den Todesfall und den Verlust, die Erinnerung und die Gestaltung des Abschieds.
Im abschließenden Resümee zieht die Autorin u.a. das Fazit, dass Schulseelsorge in den Lehramtsstudiengängen einen festen Platz haben sollte. Dies ist sicher wünschenswert, wenn – wie A.-Chr. Petermann folgert – der politische Wille zur Schulpastoral vorhanden ist. Die faktische Notwendigkeit ist unzweifelhaft vorhanden.
Näheres zum Buch finden Sie beim LIT-Verlag.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Sr. Dr. Jeremia Kraus OSB
Interreligiöse Bildung in Kitas
Das neue Buch von Frieder Harz „Interreligiöse Erziehung und Bildung in Kitas“ (Göttingen 2014) in der Reihe „Frühe Bildung und Erziehung“ ist erschienen.
Viele Erzieherinnen und Erzieher erleben, dass in den Kitas die kulturelle und religiöse Vielfalt zunimmt. Kinder wachsen in einer Gesellschaft auf, in der auch die religiöse Pluralität immer größer wird. Immer mehr Kinder kommen aus muslimischen Familien, einige Eltern sind jüdischen Glaubens, Hinduisten oder Buddhisten. Eine wachsende Gruppe stellen auch Kinder dar, deren Eltern kein religiöses Bekenntnis haben. Diese Vielfalt ist für unsere Gesellschaft und den Frieden innerhalb der Gesellschaft eine große Herausforderung. Untersuchungen bestätigen: schon früh können Erzieherinnen und Erzieher in Kindergärten viel für Toleranz, Verständigung und gegenseitige Wertschätzung tun. Kompetenzen für interreligiöses Lernen werden für pädagogisches Fachpersonal wie auch für die Kinder in den Kindertageseinrichtungen daher immer wichtiger. Der bekannte evangelische Theologe und Religionspädagoge Frieder Harz hat dazu ein Buch vorgelegt, das für jede Einrichtung ein Bereicherung darstellt: Interreligiöse Erziehung und Bildung in Kitas (Verlag Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2014). Dem Autor gelingt es, pädagogisches Fachpersonal und auch Verantwortliche in Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern und auch die Träger zu sensibilisieren, dass der Bereich der interkulturellen und interreligiösen Bildung ein wichtigen Baustein in der Entwicklung von Kinder bildet. Dazu verweist er auf die Bildungspläne der Bundesländer für den Elementarbereich ebenso wie auf die konkret erlebbare religiöse Vielfalt in unserer Gesellschaft. Er zeigt Konzeptionen, wie mit dieser Vielfalt umgegangen werden kann und zeigt, dass interreligiöses Lernen mehr bedeute als das bloße Wahrnehmen, wie sich Religionen zeigen. Vielmehr braucht es das Einlassen auf religiöse Praxis und Überzeugungen. Breiten Raum nimmt daher auch das Kapitel „Die eigene Haltung im Umgang mit religiöser Vielfalt in der Kita“ ein. Darin geht es auch um die Elternarbeit. In verschiedenen Dimensionen zeigt Frieder Harz dann auch die konkreten Handlungsfelder: Bei Kirchenraumerfahrungen, Feiern von religiösen Festen, beim Erzählen und führen von kindertheologischen Gesprächen, beim liturgischen Spiel (z.B. Krippenspiel), beim Beten und bei biografischen Anlässen. Hier spürt man, dass die angesprochenen Situationen mitten aus dem Kita-Alltag stammen. Abschließen erschließt ein Kapitel den pädagogischen Fachkräften die Grundlinien der großen Weltreligionen: Orthodoxes Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus. Auf diese Weise erlangen Erzieherinnen und Erzieher das nötige Fachwissen über die Religiösen für den Bereich des interreligiösen Lernens.
Ein ausführliches Stichwort- und vor allem auch ein Beispielregister sorgen dafür, dass sich Leserinnen und Leser im Buch leicht zurechtfinden und auch bei Einzelfragen schnell die entsprechenden Seiten finden.
Ein Fachbuch, das in keiner Einrichtung fehlen sollte.
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg, Referat für Elementarpädagogik Heike Helmchen-Menke
Unterstützung für Kitas zur Trauerbegleitung
„… plötzlich mit dem Tod konfrontiert. Leitfaden für Kitas mit Notfallplänen, Checklisten und Hilfen zur Trauerbegleitung“ von Margret Färber und Martina Lutz, München 2014
Wenn Kitas plötzlich mit dem Tod konfrontiert sind, dann ist es hilfreich, wenn es Notfallpläne und Checklisten gibt. Ebenso notwendig sind konkrete Hilfen zur Trauerbegleitung sowie religiöse Rituale zur Trauerbewältigung. Ein neues Buch von Margret Färber und Martina Lutz befasst sich mit diesem sensiblen Thema.
Die Autorinnen beschreiben zunächst, wie vorgegangen werden kann, wenn akut ein Todesfall im Nahbereich der Kita eintritt. Je näher die verstorbene Person der Einrichtung steht, desto mehr ist die Kita involviert. „Wenn ein Kind auf dem Weg zur Kita verunglückt, ein Vater sich suizidiert, ein kleines Geschwisterkind zwei Wochen nach seiner Geburt verstirbt oder eine Mitarbeiterin nach langer Krankheit stirbt.“ Für solche Ernstfälle bietet das Buch praktische Übersichten (wie werden die Kinder informiert und wie die Eltern) und Checklisten, Formulierungshilfen, Hinweise und praxisnahe Anregungen, wie die Erzieherinnen und Erzieher handlungsfähig bleiben.
In einem zweiten Schritt werden die Möglichkeiten für pädagogische Fachkräfte aufgezeigt, um Kinder bei der Trauerbegleitung zu unterstützen. Dazu wird die Entwicklung des Todesverständnisses bei Kindern aufgezeigt und praxiserprobte und einfühlsame Möglichkeiten für Gespräche, Rituale, Gebete, Lieder und kreative Angebote vorgestellt.
Der Anhang bietet erste Informationen über das Todesverständnis und Trauerrituale anderer Religionen, damit auch Kinder, deren Familien diesen Religionen angehören sensibel begleitet werden können.
Das Buch bietet viele Anregungen, wie eine persönliche und teamorientierte Auseinandersetzung mit dem Tod gelingen kann. Daher ist es nicht nur für einen konkreten Todesfall eine Hilfe, sondern bietet auch Impulse, wie Verlust- und Übergangssituationen in Kindergartenalltag bewusst gestaltet werden können.
Besonders beeindrucken die Autorinnen in diesem Buch mit dem sensiblen, behutsamen und gleichzeitig klaren Umgang mit dem Thema Tod.
Die Religionspädagogin und Trauerbegleiterin Margret Färber und die Theologin und Krisenseelsorgerin Martin Lutz haben ein beeindruckendes Buch zum Umgang mit Trauer und Tod vorgelegt, das in jeder Kita stehen sollte.
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg, Referat Elementarpädagogik, Heike Helmchen-Menke
Buchbesprechung: Wer bin ich? Wer bist du?
von Braunmühl, Susanne; Kuß, Britta u.a.: Wer bin ich? Wer bist du? Unterrichtsmaterialien für die Grundschule. ID: Interreligiös-dialogisches Lernen. München: Kösel 2014, 144 S.
(Beilage: CD-ROM mit allen Unterrichtsmaterialien der Publikation)
Der interreligiöse Dialog rückt bereits in der Grundschule immer mehr in den Blickpunkt: Schon für Kinder gilt er als wichtiger Bestandteil der Identitätsfindung, besonders an Orten, wo Schülerinnen und Schüler vieler Weltreligionen zusammenleben, etwa in einer Großstadt wie Mannheim. Diesem Tatbestand sucht das vorliegende Buch „Wer bin ich? Wer bist du?“ gerecht zu werden.
Bei den einzelnen Unterrichtseinheiten wurde darauf geachtet, dass die Schülerinnen und Schüler zunächst selber forschend tätig sein können (entdeckendes Lernen), um sich später im Gespräch miteinander auszutauschen. Die Autorinnen und Autoren haben sich dabei besonders an den didaktischen Prinzipien der Individualisierung, der Handlungsorientierung, des kooperativen Lernens, des ganzheitlichen Lernens, des fächerverbindenden Lernens, der Elementarisierung und des Theologisierens mit Kindern orientiert. Dabei wird vor allem die Entfaltung folgender Fähigkeiten und Fertigkeiten angestrebt: der Wahrnehmungskompetenz, Deutungskompetenz, Urteilskompetenz, Dialogkompetenz sowie Darstellungs- und Gestaltungskompetenz.
Um die Schülerinnen und Schüler zu motivieren, wird die Identitätssuche mit einer langen, teils beschwerlichen, aber zumeist auch faszinierenden und spannenden Schiffsreise verglichen. Dies dient der Publikation als Leitmotiv. Dabei steuern die Kinder sechs Inseln an, bei denen es um zentrale Lebensfragen geht: 1. Was macht mich einmalig?; 2. Was fühle ich? (Angst, Mut, Traurigkeit, Glück); 3. Wer beschützt mich?; 4. Was ist mir wichtig?; 5. Wie können wir gut miteinander leben?; 6. Welche (religiösen) Feste feiern wir?
Bedauerlicherweise wird den Vorbereitungen der „Schiffsreise“ (Basteln von Booten, Logbüchern und Fernrohren) sowie den ersten beiden Kapiteln so viel Platz eingeräumt, dass für die letzten beiden Abschnitte („Goldene Regel“ und religiöse Feste) nur noch etwa ein Viertel des Buches übrig bleibt. Dadurch kann die Publikation die geweckten Erwartungen nur teilweise einlösen.
Hervorzuheben ist jedoch die große Vielfalt an Ideen, Spielen, Geschichten und die schöne Gestaltung des Buches, zum Beispiel von acht mit verschiedenen Farben dargestellten Gesichtern, die unterschiedliche Gefühle zum Ausdruck bringen („Unser Stimmungsbarometer“, S. 58). Auch sind viele der Lernimpulse für ein gutes soziales Miteinander in der Lerngruppe und das Einüben von Empathie sinnvoll und hilfreich.
Die Einheit zu Beginn des Buches („Ich bin einmalig“) eignet sich gut für die ersten Wochen des Religionsunterrichts im ersten Schuljahr. Doch ist sie, ähnlich wie die Lernimpulse in Kapitel 2 zu den Grundbefindlichkeiten, im Hinblick auf den angestrebten interreligiösen Dialog zu wenig zielführend. Zwar werden zum Beispiel im Kapitel zum Grundgefühl „Angst“ sinnvolle Zitate aus dem Buch der Psalmen, dem Koran und dem Buddhismus angeboten, doch fehlt es (mit Ausnahme einer Nacherzählung vom Sieg Davids gegen Goliat nach 1Samuel 17) an zusammenhängenden Geschichten, die mögliche Wege und Lebensprozesse zur Überwindung von Furcht und Verzagtheit erkennbar machen.
Sinnvoll ist es jedoch, dass im weiteren Verlauf wichtige Stationen aus dem Leben der Religionsgründer Buddha („Erleuchtung“ unter dem Feigenbaum) und Muhammad (Flucht aus Mekka nach Medina) kindgerecht, gut verständlich und auch spannend nacherzählt werden. Aus der jüdischen Tradition kommt die Errettung Daniels aus der Löwengrube (nach Dan 6) im Kapitel „Gott beschützt mich“ zur Sprache, was jedoch leicht zu einem magischen und unkritisch-naives Gottesbild führen könnte.
Das fünfte Kapitel („Wie können wir gut miteinander leben“) ermöglicht durch die Zusammenstellung der ähnlichen, aber doch leicht voneinander abweichenden Formulierungen der „Goldenen Regel“ aus Buddhismus, Judentum, Christentum, Islam und Alevismus eine gute Gesprächsgrundlage für einen fruchtbaren interreligiösen Dialog im vierten Schuljahr. Auch werden hier hilfreiche Beispiele zur Konkretisierung aufgeführt, so etwa Bildergeschichten von Konfliktsituationen.
Beim letzten Abschnitt ist hervorzuheben, dass die einzelnen religiösen Feste (Ramadan/Fest des Fastenbrechens, Hidirellez, Chanukka, Vesakh und Weihnachten) jeweils von einem Kind vorgesellt werden, das darüber hinaus auch noch Allgemeineres über die je eigene Religion erzählt (Gründer, heiliges Buch, Gebetshaus, wichtige Gebräuche). Da diejenigen Feste ausgesucht wurden, an denen die Gläubigen einander am reichsten beschenken, ist die Auswahl stimmig – wenn dadurch auch die wichtigsten jüdischen Feiertage (Pesach und Versöhnungsfest) sowie das christliche Hauptfest (Ostern) unberücksichtigt bleiben.
Zu weiteren Informationen bezüglich der Weltreligionen und ihrer zentralen Feste wird zwar auf gut ausgewählte Sekundärliteratur verwiesen. Doch fehlt es dem Abschlusskapitel des Buches etwas an Vielfalt, Tiefe und vergleichenden Lernimpulsen zur Anregung eines wirklich lebendigen und facettenreichen interreligiösen Dialogs, der zwar von gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist, aber auch keine kritischen Fragen scheut.
Dennoch ist die Publikation eine Fundgrube, die insbesondere zum Thema (religiöse) Identitätsfindung viele interessante Ideen und hilfreiche, motivierende Materialien bereithält.
Das Buch kann in der Mediathek Freiburg (Verleih-Nr.: 2140331) und in vielen der 16 Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums ausgeliehen werden.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Stefan Schmitz: Schulpastoral kontrovers: Ein kritischer Blick auf ungeklärte Verhältnisse zwischen Religionsunterricht, Schulseesorge und Gemeindepastoral, LIT-Verlag Berlin 2006, 115 Seiten, ISBN 3-8258-9708-7
Wieso eine Rezension zu einem Buch, das bereits jahrelang auf dem Markt ist? Zudem zu einem Buch, in dem sich der Autor zu 90 Prozent damit beschäftigt, die zwischen 1970 und 2005 erschienene Literatur zum Thema Schulpastoral zu sichten?
Zum einen, weil die im Titel genannte Problemstellung in ihren drei Dimensionen neu virulent ist: in den Diskussionen um den performativen Religionsunterricht, auf der Suche nach tragfähigen Konzepten für die Schulpastoral und angesichts der immer lauter werdenden Frage nach der Stellung von Kirche an der Schule, bzw. in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit. Zum anderen, weil St. Schmitz mit seiner bekannten spitzen Feder die Schwachstellen in Definition und Begründung von Schulpastoral im wahrsten Sinne aufspießt und auf diese Weise zu einer Verhältnisbestimmung gelangt, hinter die sich die heutige Diskussion nicht zurückbewegen sollte. Auf seiner furiosen Suche nach gedanklicher Klarheit unterlaufen ihm zwar kleinere redaktionelle Fehler (die Lesenden müssen Anfang und Ende von Zitaten mitunter selbst rekonstruieren), doch werden diese durch eine weitgehend vergnügliche Lektüre aufgewogen.
Leitender Gedanke für St. Schmitz ist: Wie kann der Sinn von Schulpastoral außer- und innerhalb der Kirche vermittelt werden? (S. 4–5). „Die noch so differenzierte Aufzählung praktischer Maßnahmen […] vermochte und vermag bis heute die brennende Frage nicht zu beantworten, mit welcher grundlegenden Legitimation und mit welcher Kompetenz die Kirche mit ihren zahlreichen Untergliederungen an (staatlichen) Schulen ‚schulseelsorglich‘ aktiv werden kann.“ (S. 9, Hervorhebungen im Original)
Die bis 2005 gegebenen Antworten kritisiert bzw. befragt er im Lichte der Würzburger Synode (Beschlüsse „Bildungsbereich“ und „Religionsunterricht“) und des deutschen Verfassungsrechts (Art. 7 GG; BVerwGE 42,346–350; Art 140 GG i.V.m. Art 141 WRV) mit Recht folgendermaßen:
(1) Das Diktum von der „Humanisierung der Schule“ (erstmals 1976 formuliert und 1996 im Dokument der Bischofskonferenz aufgegriffen) ist zu undifferenziert und abstrakt (S. 11–12).
(2) Schulpastoral darf nicht so weit gefasst werden, dass ihr Profil und ihre Elemente nicht mehr zu unterscheiden sind (S. 31–32).
(3) Ist die häufig zu hörende Begründung der Schulpastoral mit der Diakonie dem Umstand geschuldet, dass die anderen Grundvollzüge der Kirche in der Schulwirklichkeit kaum mehr plausibel zu machen sind? (S. 32)
(4) Wer ist wirklich Trägerin und Träger von Schulpastoral? „Es ist wenig hilfreich und dient kaum der Verständigung, wenn jedes Handeln ‚aus dem Geist und nach dem Vorbild Jesu Christi‘, kurz jedes christliche (oder christlich motivierte) Handeln als Seelsorge oder Pastoral verstanden wird und, sofern es auch nur irgendwie mit Schule zu tun hat, als Schulseelsorge/-pastoral.“ (S. 38, Hervorhebungen im Original)
(5) Für eine theologische Begründung von Schulpastoral reichen bloße Zitate des II. Vaticanums oder der Würzburger Synode nicht aus. Es bedarf zusätzlich der Begründung, warum Kirche schulpastoral tätig sein will. (S. 43)
(6) Christliche Schulpastoral kann in ihren Begründungen nicht ohne Bezug auf Gott, Jesus Christus und das Leben nach dem Evangelium auskommen. (S. 54; 64–65)
(7) Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach mit Verpflichtungscharakter ist von der Schulpastoral als freiwilligem Angebot der Kirche an der Schule klar zu unterscheiden. Die Rede von der „pastoralen Qualität des Religionsunterrichts“ verunklärt, was bereits auf der Würzburger Synode aus theologischen und pädagogischen Gründen getrennt wurde (S. 77; 85–86; 97).
(8) Schulpastoral sollte deshalb einerseits aus einem Begriff von Pastoral bzw. Seelsorge entwickelt (S. 78), andererseits klar von der Gemeindekatechese abgegrenzt werden (S. 99–100).
Inspiriert durch den systemtheoretischen Ansatz von Gundo Lames (Schulseelsorge als soziales System, Stuttgart, Berlin, Köln 2000; vorgestellt S. 65–73) entfaltet St. Schmitz seine eigene Konzeption folgendermaßen (vgl. a. St. Schmitz: Was macht die Kirche in der Schule? Religionsunterricht und Schulpastoral 30 Jahre nach dem Würzburger Synodenbeschluss, Münster 2004):
(1) in der Definition als schulbezogene Lebenshilfe durch Glaubensvermittlung in den drei Grundvollzügen der Kirche;
(2) in der Begründung: theologisch-anthropologisch vom konkreten Menschsein Jesu und dem Glauben an Gott her, schulpädagogisch im Sinne der staatlich garantierten religiösen Bildung und Erziehung nach Art. 140 GG (s.o.);
(3) in Abgrenzung zum Religionsunterricht: dieser ist „res mixta“ zwischen Staat und Kirche, Schulpastoral dagegen ein kirchliches Angebot in der Schule;
(4) in den Handlungsfeldern und Maßnahmen auf den drei Ebenen des einzelnen Menschen, der sozialen Beziehungen und der expliziten Gottesbeziehung;
(5) schließlich in den Trägerinnen und Trägern der Schulpastoral, die nach dem Dokument der deutschen Bischöfe zur Schulpastoral von 1996 bestimmt werden.
So kommt St. Schmitz zum Ergebnis, dass Religionsunterricht wie Schulpastoral und Gemeindepastoral von der Glaubensvermittlung her charakterisiert werden können: ersterer im Sinne der Vermittlung von Glaubenswissen, zweitgenannte im Sinne der Anleitung zu persönlichen Glaubensvollzügen, letztere im Sinne der Katechese.
Nicht verwunderlich, dass er damit den Aufschrei und mitunter verkürzte Besprechungen seines Buches provozierte: Er plädiert also für die Rückkehr zu einem kognitiven Religionsunterricht! Während er das nicht leugnet (S. 95–102), merke ich als bisher zustimmende Rezensentin an: Die Art und Weise, wie Glaubenswissen vermittelt wird, sollte nicht von möglichen pastoralen Tätigkeiten im Unterricht oder von ganzheitlichen Methoden her gedacht werden. Was wir heute brauchen, ist eine Reflexion auf das Zeugnis für Jesus Christus, das ein glaubender Mensch als Lehrerin wie als Hausmeister, als Sekretärin wie als Schüler ablegt. Dieses Zeugnis ist kurz gesagt natürliche Äußerung des Glaubens und von pastoraler Tätigkeit klar zu unterscheiden.
Näheres zum Buch finden Sie beim LIT-Verlag
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Sr. Dr. Jeremia Kraus OSB
Buchbesprechung: Mit Schere und Papier durch das Kirchenjahr
Hitzelberger, Regina und Peter: Mit Schere und Papier durchs Kirchenjahr. Basteln – Spielen – Entdecken. Leinfelden-Echterdingen: Verlag Junge Gemeinde 2014, 127 S.
Die Publikation enthält sowohl theologische und fachdidaktische Einführungen als auch eine Vielzahl empfehlenswerter sowie motivierender Lernimpulse zu den Festzeiten und Feiertagen des Kirchenjahres.
Das Buch ist in vier Kapitel unterteilt: 1. Advent und Weihnachtszeit; 2. Fastenzeit und Passion; 3. Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten; 4. Von Fronleichnam bis zum Ende des Kirchenjahres. Es lässt sich aufgrund der verschiedenen Schwierigkeitsgrade einiger Aufgaben gut für inklusiven Religionsunterricht verwenden und ist auch für den konfessionell-kooperativen Unterricht geeignet. Von den evangelischen Festen wird der Reformationstag recht ausführlich behandelt, während der Buß- und Bettag fehlt. Was die katholischen Heiligengedenktage anbetrifft, kommen mit Nikolaus, Franz von Assisi, Martin von Tours und Elisabeth von Thüringen einmal mehr die bekanntesten vor, mit lebendig nacherzählten Legenden und teilweise sehr schönen Bastelvorschlägen (Martinslaterne, „Umklappkorb“ mit Rosen und Brot zu Elisabeth).
Wie der Titel bereits verrät, braucht man für die meisten der Lernimpulse Schere und Klebstoff. Die meisten dieser handlungsorientierten Arbeiten dürfen den Schülerinnen und Schülern Freude bereiten. Viele Aufgaben, zum Beispiel die Bandolos zum Advent, zur Weihnachtsgeschichte, zur Emmauserzählung und zum Kirchenjahr insgesamt, können von den Kindern problemlos eigenständig durchgeführt und in Selbstkontrolle überprüft werden. Zudem empfiehlt es sich, sie während des Schuljahres auch als Freiarbeitsmaterial zur Wiederholung und Vertiefung im Klassenraum bereitzustellen. Da die meisten Arbeitsblätter weniger Text enthalten als in vielen anderen Publikationen zum Kirchenjahr, sind sie auch schon gut für Schülerinnen und Schüler der ersten beiden Jahrgangsstufen geeignet.
Die Hintergrundinformationen für Lehrpersonen haben den Vorzug, informativ und auf das Wesentliche beschränkt zu sein. Eine Stärke der Publikation stellen die Informationsseiten für Kinder (vornehmlich der 3. und 4. Klasse) zu einzelnen Festen und Festzeiten dar, auch im Hinblick auf die Vorbereitung von Lernzielkontrollen. Viele der Rätsel und Spiele zeichnen sich durch ihre Originalität aus, wie etwa ein Sudoko zur Weihnachtsgeschichte, ein Zahlenrätsel und ein Labyrinth zum Dreikönigsfest, ein „Tabu“-Kartensatz zum Thema Fasten/Verzichten oder die Bastelvorlage zum Falten und Schneiden „Das Kreuz mit einem Schnitt“ zum Karfreitag. Interessant und gut einsetzbar sind auch die neunteilige Bildgeschichte zur Emmauserzählung, ein Akrostichon zum Erntedankfest und ein Adventsbüchlein zum Selberbasteln, das den Schülerinnen und Schülern viele eigene Gestaltungsmöglichkeiten offenlässt.
Was der Publikation etwas fehlt, sind Lernimpulse zur Förderung der spirituellen Kompetenz (zum Beispiel Lieder, Kunstbilder oder Gedichte). Auch werden nicht alle Lernimpulse der Tiefendimension behandelter Feste und Festzeiten in vollem Umfang gerecht. Gut vermittelt wird aber in jedem Fall das nötige Grundwissen zu den wichtigsten christlichen Feiertagen, insbesondere durch kindgerechte und durchweg gelungene Nacherzählungen der jeweiligen biblischen Geschichten, zum Beispiel zu Christi Himmelfahrt oder zum Pfingstgeschehen. Ebenfalls kommt deutlich und unmissverständlich zum Tragen, dass diese Heilsereignisse nicht nur Geschenkcharakter haben, sondern darüber hinaus dazu aufrufen, auch selber am Aufbau einer gerechteren und menschlicheren Welt mitzuwirken.
Das Buch kann in der Mediathek Freiburg (Nr.: 2140255) und in vielen der Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums Freiburg ausgeliehen werden.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Karl May und die Religion – Karl Mays Friedenswege
Lorenz, Christoph F. (Hg.): Zwischen Himmel und Hölle. Karl May und die Religion. Bamberg: Karl-May-Verlag 22013, 540 S.
Kuße, Holger (Hg.): Karl Mays Friedenswege. Sein Werk zwischen Völkerstereotyp und Pazifismus. Bamberg: Karl-May-Verlag 2013, 640 S.
Die beiden 2013 im Karl-May-Verlag Bamberg erschienenen Bände „Zwischen Himmel und Hölle. Karl May und die Religion“ (540 S.) sowie „Karl Mays Friedenswege“ (640 S.) thematisieren die Bemühungen des Schriftstellers um Völkerverständigung und einen von gegenseitiger Wertschätzung geprägten interreligiösen Dialog, besonders zwischen Christentum und Islam sowie den Naturreligionen der Ureinwohner Nord- und Mittelamerikas.
Über die Undankbarkeit des Abendlandes gegenüber dem Morgenlande, dem es doch seine ganze materielle und geistige Kultur verdankt, mache ich mir allerlei schwere Gedanken. Das Wohl der Menschheit will, dass zwischen beiden Friede sei, nicht länger Ausbeutung und Blutvergießen. Ich nahm mir vor, dies in meinen Büchern immer wieder zu betonen und in meinen Lesern jene Liebe zur roten Rasse und für die Bewohner des Orients zu erwecken, die wir als Mitmenschen ihnen schuldig sind. Man versichert mir heute, dies nicht etwa bei nur Wenigen, sondern bei Hunderttausenden erreicht zu haben.
(„Mein Leben und Streben“, Autobiographie, 1910, publiziert im Band „ICH“, Bamberg 2009, S. 159)
Karl May (1842-1912) war nicht nur ein überaus begabter Erzähler, was die ungebrochene Beliebtheit seiner Abenteuerromane bei Jugendlichen und Erwachsenen belegt, sondern auch ein tief religiöser Mensch. Dies ist wohl primär auf biographische Besonderheiten zurückzuführen: In seiner Kindheit erblindete May für einige Jahre; auch erlebte er, als eines von 14 Kindern einer Weberfamilie, bittere Armut und soziale Benachteiligungen. Nicht zuletzt diese große finanzielle Not trieb ihn zu Betrugs- und Eigentumsdelikten, die mit insgesamt acht Jahren Haft sanktioniert wurden. Doch lernte er recht früh auch die freundliche, hoffnungsvolle Seite des Lebens kennen: etwa durch die Großmutter, die ihn mit ihren Erzählungen (auch aus der Bibel) immer wieder zu begeistern vermochte – oder den katholischen Gefängnisgeistlichen Johannes Kochta, welcher ihm während der härtesten Zeit seines Lebens eine wichtige, verlässliche Stütze war. – In einer christlichen Gemeinde wurde der evangelisch Getaufte und Konfirmierte jedoch zeitlebens nicht heimisch (vgl. S. 429), was möglicherweise an der Weite seines Denkens lag: Ihn drängte es immer wieder über konfessionelle Grenzen hinaus; bei aller betonten Christlichkeit war er stets auf der Suche nach etwas grundsätzlich Humanitärem, die einzelnen Weltreligionen Übergreifenden.
Dies wird in den zehn Aufsätzen des Bandes „Zwischen Himmel und Hölle. Karl May und die Religion“ von verschiedenen Seiten aufgezeigt und beleuchtet. Ekkehard Bartsch lässt in seinem Beitrag „Christliche Religion in den Reiseerzählungen Karl Mays“ (S. 145–206) vor allem den Dichter selber zu Wort kommen und zitiert auch teilweise längere Passagen aus seinen Werken. Gewürdigt werden unter anderem das Religionsgespräch zwischen dem Ich-Erzähler Kara Ben Nemsi (Christ) und seinem muslimischen Freund Hadschi Halef Omar am Beginn der Reiseerzählung „Durch die Wüste“, Dialoge zwischen Old Shatterhand und dem Apatschen-Häuptling Winnetou oder verbale Auseinandersetzungen Shatterhands mit dem Gottesleugner Old Wabble und dem Gotteszweifler Old Surehand, in denen unter anderem auch die Wucht und Schärfe der Theodizee-Frage anklingt.
Ein Zitat aus dem langen Gespräch Kara Ben Nemsis mit der betagten und weisen Kurdenfürstin Marah Durimeh aus dem Roman „Durchs wilde Kurdistan“ ist von besonders zentraler Bedeutung: „Wie viele Bücher hatte ich über fremde Länder und ihre Völker gelesen und dabei wie viele Vorurteile in mich aufgenommen! Ich hatte manches Land, manches Volk, manchen Stamm ganz anders – und besser gefunden, als sie mir geschildert worden waren. Der Gottesfunken ist im Menschen niemals vollständig zu ersticken, und selbst der Wildeste achtet den Fremden, wenn er sich selbst von diesem geachtet sieht“ (S. 153, bzw. 614 f.).
Dieser Grundgedanke der Toleranz und Wertschätzung Fremder und Andersgläubiger tritt besonders deutlich in den Aufsätzen von Eckehard Koch: „Zwischen Manitou, Allah und Buddha. Die nichtchristlichen Religionen bei Karl May“ (S. 239–338) sowie von Werner Höbsch: „Karl May und der interreligiöse Dialog“ (S. 365–390) zutage. Hierin kommt sowohl die Parteinahme des Dichters für diskriminierte und verfolgte Minderheiten zum Ausdruck (S. 242) als auch seine Überzeugung von der Gleichwertigkeit der Weltreligionen (S. 328). Zudem erinnert er, in Anknüpfung an das Spätwerk Gotthold Ephraim Lessings („Kinder brauchen Liebe. (…) Zum Christentume hat’s noch immer Zeit“/ Nathan der Weise, IV. Akt, 7. Szene) daran, dass gegenseitige Zuwendung die wahrscheinlich wichtigste Voraussetzung für glaubwürdiges Christsein darstellt: „Lasst uns vor allem Menschen sein, damit wir Christen werden“ (S. 332). Koch verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass Karl May, über konfessionelle Grenzen hinaus, das Christentum als eine allumfassende Menschheitsreligion verstanden hat, die vor allem aufgrund ihrer Ethik der Gewaltfreiheit und Entfeindungsliebe (vgl. „Bergpredigt“, Mt 5–7) Entscheidendes zum Weltfrieden beitragen kann (S. 334).
Ergänzend hierzu macht Werner Höbsch in seinem Beitrag deutlich, dass interreligiöse Gespräche in Karl Mays Werk zumeist deswegen gelingen, weil diese von „Gefährtenschaft“, einem ausdrücklichen und nachhaltigen Interesse an der Person des anderen, gekennzeichnet sind (S. 372). Demnach werden hierbei Manipulation oder gar Zwang konsequent vermieden; es geht vielmehr darum, dem Gesprächspartner in nicht-direktiver Weise zu vermitteln, was einem selber wertvoll und wichtig ist (S. 374). Ein solches Verständnis von Mission im Werk Karl Mays ist ebenso zukunftsweisend wie die Überzeugung des Dichters, dass eine Einigung im dogmatischen Sinne nicht notwendig sei, um gemeinsam für die Verwirklichung des Weltfriedens und sozialer Gerechtigkeit zu kämpfen (S. 387, vgl. G. E. Lessings „Ringparabel“ und das „Projekt Weltethos“ von Hans Küng). Darüber hinaus zeichnen sich die meisten interreligiöse Gespräche in Mays Erzählungen und Romanen als Dialoge des Handelns und der Überzeugung aus, geprägt von der Grundhaltung, dass Taten stets glaubwürdiger sind als bloße Worte.
Christoph F. Lorenz („Eine Liebe, welche ewig zürnt, ist teuflisch“, S. 392–424) und Dieter Sudhoff („Aphorismen und Äußerungen über Gott und die Welt aus Karl Mays späten Jahren“, S. 425–522) werfen schließlich einen Blick auf das Spätwerk Mays, seine Publikationen ab 1899. Hierbei wird deutlich, dass die Grenze zwischen Gut und Böse nun nicht mehr primär zwischen Held und Antiheld oder verschiedenen Interessengemeinschaften gezogen wird wie noch in den meisten Abenteuerromanen: Diesen Kampf hat jeder einzelne Mensch während des Prozesses seiner „Selbstveredelung“ vor allem im Inneren seiner eigenen Seele auszufechten und zu bestehen (vgl.
S. 431). Darüber hinaus wird ein Tagebucheintrag des Dichters vom 6. Juni 1900 zitiert, der an G. E. Lessings religionsphilosophische Abhandlung „Die Erziehung des Menschengeschlechts“ erinnert: „Das Rätsel der Gottheit ist nicht mit einem Mal zu lösen, sondern in nach und nach aufsteigenden Intervallen, welche Jahrtausende übereinander liegen. Jedes dieser Intervalle bedarf, um zu ertönen, einer geistlichen oder geistigen Prophetie“ (S. 435). Unabhängig davon setzt sich bei Karl May immer mehr das Vertrauen in einen gnädigen, verzeihenden Gott durch: In seiner Vision vom Weltgericht, aufgezeigt im letzten Roman „Winnetous Erben“ (1910), werden Feinde zu Freunden, wird letztlich auch das Böse entsühnt und erlöst (vgl. S. 422). Die Autoren hätten in diesem Zusammenhang noch etwas präziser und pointierter herausarbeiten können, welch große religionspädagogische Bedeutung in dieser Vermittlung eines anspruchsvollen, aber dennoch barmherzigen Gottes auch gegenwärtig und zukünftig liegt. Insgesamt aber wird in der Essaysammlung „Zwischen Himmel und Hölle“ das ungebrochen tiefe, beinahe kindliche Vertrauen Karl Mays in Gottes Treue und Güte sehr klar herausgearbeitet, am eindeutigsten wohl im Text „Himmelsgedanken. Zu Karl Mays spirituellen Gedichten“ von Werner Thiede (S. 339–364).
Dieser Spur folgt auch der zweite Sammelband „Karl Mays Friedenswege. Sein Werk zwischen Völkerstereotyp und Pazifismus“. Hier wird zunächst das in Karl Mays späten Erzählungen aufgezeigte und argumentativ schlüssig begründete Ideal der gewaltfreien Konfliktbewältigung in den Zusammenhang mit dem Pazifismus und den Lebensreformbedingungen seiner Zeit gestellt (S. 11–116), wobei der Autor Holger Kuße vor allem auf die Freundschaft des Dichters mit der ersten Friedensnobelpreisträgerin, Bertha von Suttner aus Österreich, zu sprechen kommt. Danach gehen sechs Autorinnen und Autoren im zweiten Kapitel auf die Begegnung mit Fremden in den Romanen Karl Mays ein. Hierbei wird deutlich, dass dieser in den Kolportageromanen seines Frühwerks bei der Beschreibung fremder Völker und Religionen zeitweilig noch nicht über Vorurteile und Stereotype hinauskommt. Ludger Udolph betont in seinem Beitrag „Juden und Judentum bei Karl May“ (S. 146–182) jedoch, dass von antisemitischen Tendenzen im Oeuvre des Dichters keinesfalls die Rede sein könne; auch wenn dieser manche jüdischen Figuren recht eindimensional gezeichnet habe (S. 181 f.).
Ein deutlich größeres Interesse zeigte Karl May zeitlebens am Islam, was vor allem aus seinen zahlreichen Orient-Romanen hervorgeht. Obwohl er erst gegen Ende seines Lebens einige Länder des Nahen Ostens persönlich bereisen konnte, hatte sich der Romancier durch gründliche Quellenstudien ein erstaunliches Wissen über diese jüngste der fünf großen Weltreligionen angeeignet. Johannes Zellingers Aufsatz „Im Lande des Mahdi – Karl May begegnet dem islamischen Fundamentalismus“
(S. 183–224) weist darauf hin, mit welcher schonungslosen Deutlichkeit der Dichter in dieser Roman-Trilogie den in der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden, von Unerbittlichkeit und Gewalt geprägten Siegeszug des Islam im Sudan nachgezeichnet hat. So regelte alsbald die Schari’a (das rigide religiöse Gesetz des Islam) alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens; zudem wurde die zuvor aufgehobene Sklaverei wieder eingeführt. Auch Svenja Bachs Essay „Im Dialog mit dem Orient. Interreligiöse Gespräche als Ausdruck des zentralen Konfliktes in Karl Mays Orientzyklus“ (S. 225–265) zeigt auf, dass die negativen Charaktere in diesen Romanen ihre Religion vor allem als Waffe benutzen, um sich radikal von Andersgläubigen abzugrenzen, sie herabzuwürdigen und zu beleidigen. Demgegenüber dient den gutwilligen Personen in diesen Werken, allen voran Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar, die Religion eher als Brücke, auch zum Fremden. Deswegen sind hier kritische Fragen zur Religion des jeweiligen Gesprächspartners (z.B. über die noch nicht verwirklichte Gleichberechtigung der Frau im Islam, S. 285 ff.) erlaubt und sogar erwünscht; niemand fühlt sich dadurch gekränkt. Durch ihr Verhalten und ihre Handlungen bezeugen gerade diese Protagonisten, dass insbesondere das Bemühen um die Überwindung religiöser und kultureller Konflikte zu einem besseren und menschenwürdigeren Leben für alle führen kann (vgl. S. 265).
Das dritte Kapitel, Im Reich der Edelmenschen, fasst in drei Aufsätzen Karl Mays Friedensutopien zusammen, vor allem die pazifistischen Grundideen seines Spätwerks. Hierbei wird insbesondere die überzeugte Abwendung des Autors von gewaltsamen Formen der Konfliktbewältigung deutlich, gerade auch in Abgrenzung von dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer stärker überhandnehmenden Nationalismus und Militarismus im wilhelminischen Kaiserreich. Dadurch erweist sich Karl May durchaus als Dichter mit Mut und Zivilcourage, auch wenn seine späten Werke bis heute längst nicht die Beliebtheit der großen Abenteuerromane erreichen konnten.
Aus dem abschließenden Teil, Wirkungen, ist zunächst die sorgfältige Rekonstruktion von Karl Mays „Testament“, seiner berühmten Wiener Friedensrede „Empor ins Reich der Edelmenschen!“ (22. März 1912) durch Holger Kuße und Ekkehard Bartsch hervorzuheben. Hier zeigte der Dichter, anknüpfend an die großen Denker der Goethezeit, die Möglichkeit und Notwendigkeit einer „Emporbildung“ des Menschen auf: Indem er sich allmählich von den Fesseln furchtgetriebener und verstandesgesteuerter Machtkonkurrenz befreit, gelangt er zu einer immer größeren inneren Freiheit und wird so zum Friedensboten, zum glaubwürdigen Friedensstifter. Dazu braucht er jedoch die Unterstützung von Wissenschaft, Kunst und Religion. Diese Kulturobjektivationen sind nach May auf gegenseitige Unterstützung und Erhellung angewiesen. Vor allem die Verantwortung der Wissenschaft (im Ringen um Wahrheit) und der Kunst (als Vermittlerin zwischen Wissenschaft und Religion) wird herausgestellt. Zudem macht May auch hier die große Nähe zwischen Humanismus und Christentum deutlich, indem er die (Gottes- und Nächsten-) Liebe als dessen entscheidende Substanz hervorhebt (vgl. S. 470). Weitsichtig erkennt der Schriftsteller, dass gerade den „Laien“ aus dem Volk eine wesentliche Mitverantwortung für das Erringen und die Bewahrung des Friedens zukommt (vgl. S. 480 ff.). Bertha von Suttner, Zuhörerin an diesem Abend, schrieb, von Mays Ausführungen zutiefst überzeugt und begeistert: „In dieser Seele lodert das Feuer der Güte“ (S.484).
Der abschließende Aufsatz von Peter Wayand „Karl May in der Schule und darüber hinaus“ (S. 569–591) nimmt diesen Gedanken auf und zeigt an vier Beispielen aus der beruflichen Tätigkeit des Verfassers, dass Karl Mays Werk auch pädagogisch genutzt werden kann. Gerade sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern der 7. bis 10. Jahrgangsstufe vermag der Umgang mit seinen Texten Selbstwertbewusstsein und Lebensmut zu geben. Darüber hinaus macht der Autor deutlich, wie hilfreich und zugleich gut verständlich viele Erzählungen des großen Volksschriftstellers insbesondere für die gegenwärtig so notwendige Vermittlung von Werten sind (S. 590). Eine überlegte Textauswahl erweist sich hierbei jedoch als unverzichtbare Voraussetzung.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Lindner, Heike; Zimmermann, Mirjam (Hg.), Schülerfragen im (Religions-)unterricht. Ein notwendiger Bildungsauftrag heute?!, Neukirchen-Vluyn 2011. 285 S.
Es gibt zahlreiche empirische Untersuchungen zur Schülerfrage im Unterricht, darunter jedoch keine Untersuchung zum Religionsunterricht (Vgl. K. König, S. 184). Die vorliegende Publikation, die auf eine Tagung zum genannten Thema zurückgeht, nähert sich deshalb der aufgeworfenen Fragestellung interdisziplinär und sondiert auch die mögliche Bedeutung für den Religionsunterricht.
In seinem die Aufsatzsammlung einleitenden theologiegeschichtlichen Abriss schreitet Rainer Lachmann ausgehend von biblischen Fragen, den Fragen des lutherischen Katechismus, über die Wiederentdeckung der sokratischen Frage im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts, den Weg zum fragend-entwickelnden Unterrichtsgespräch ab. Er kommt zu dem Ergebnis, dass trotz verschiedener Versuche und Ansätze „die Entdeckung der Schülerfrage als ‚wirksamer‘ Methode kindgerechten (Religions-) Unterrichts“ faktisch noch aussteht (S. 24). Der Religionsunterricht müsse aber, gerade weil es auch in bildungstheorethischer Perspektive um eine „Wachheit für die letzten Fragen“ (Hartmut von Hentig) gehe, durch eine „Kultur des Fragen-Lernens“ geprägt sein (S. 31).
In mehrfacher Hinsicht instruktiv ist der Beitrag von Ruben Zimmermann zum „Fragen bei Sokrates und Jesus“. Während bei Sokrates die „Frage ( …) auch ein Weg zum Nicht-Verstehen“ (S. 36) ist, zeigen die gründlichen Analysen, dass das „Ziel der Frage im Neuen Testament … die Verlagerung der Frage vom Objekt zum Subjekt des Glaubens“ (S. 54) ist und letztlich im Dienst der Initiierung eines unabgeschlossenen Prozesses des Weiterfragens steht. Geht es in der sokratischen Maieutik (Hebammenkunst) auch um die „Kompetenz der Wahrheitsreflexion“, so liegt deren Unterschied zur jesuanischen Frage darin, dass diese ihr Ziel „nicht in der Fragekompetenz“ (S. 56) findet. Denn „die Fragen Jesu sind … nicht nur überraschend und verblüffend. Sie sind auch schonungslos und schmerzlich. Sie sind kein rhetorisches Beiwerk, sondern wollen ins Zentrum der Existenz und des Glaubens führen.“ (S. 49)
Es wäre zu wünschen, dass Zimmermann seine Skizze einer „Bibeldidaktik der Frage“ mit der hilfreichen Übersicht zur „Frage(technik) Jesu“ (S. 54f.) weiter präzisiert. Dies nicht zuletzt, um deutlicher zu zeigen, wie das „Ziel einer Fragedidaktik“ auch unterrichtspraktisch erreicht werden kann, nämlich Schülerinnen und Schüler „in den Prozess des Fragen hineinzuführen.“ (S. 56)
Peter Weber bezieht sich in seinem linguistischen Beitrag „Schüler fragen – Zur Beschreibung einer sprachlichen Handlung im Religionsunterricht“ auf die Forschungsergebnisse der empirischen Studie von Petra Freudenberger-Lötz zum Theologisieren mit Kindern. Instruktiv und weiterführend im Blick auf das Thema Schülerfragen im Religionsunterricht sind u.a. die präzisen Ausführungen zum sprachlichen „Handeln von Lernenden im Religionsunterricht“. (S. 97ff.) Weber merkt freilich kritisch an: „Dass Schülerfragen positive Auswirkungen auf den Lernprozess haben, wird übrigens häufig angenommen, ist aber bisher nicht wissenschaftlich bewiesen. Belegt ist weder die Tatsache, dass in Klassen mit höherer Schülerfragequote besser gelernt würde, noch die Annahme, dass qualitativ hochwertige Schülerfragen einen eindeutigen lernfördernden Aspekt haben.“ (S. 100) Am Ende steht ein nüchterner Rat. Webr empfiehlt eine „linguistische Untersuchung von Unterrichtskommunikation im Religionsunterricht mit Schwerpunkt Schülerfragen“, um mit „mikroskopischem Blick sehen zu können, wie die Wirklichkeit tatsächlich beschaffen ist, bevor man sich Gedanken darüber macht, wie sie sein sollte.“ (S. 108)
Daniel Scholl/Wilfried Plöger widmen sich in ihrem Beitrag dem Zusammenhang von „Sinnvolle[m] Lernen und Gesprächsführung“ und gehen davon aus, dass „bedeutsame Fragen …, … Schülern eine entsprechende Sinnorientierung ermöglichen.“ (S. 111) Entscheidend ist, wie es unterrichtlich gelingen kann, dass Schülerinnen und Schüler eine „aktive Fragehaltung“ entwickeln“? (S. 112) Vor dem Hintergrund eines gestaltpsychologisch situierten Lernbegriffs formulieren die Autoren die These: „Indem Schüler Fragen formulieren und dadurch problemorientiert denken, können Sie ihre Lernprozesse auf vielfältige Weise direkt oder indirekt mitgestalten.“ (S. 116) Das Ziel der facettenreichen und sublimen Darstellung in „lerntheorethischer Perspektive“ ( S. 132) besteht darin, zu zeigen, dass die Entwicklung einer aktiven Fragehaltung vor allem Ergebnis einer professionellen Gesprächsführung durch die Lehrperson ist. (Vgl. S. 117, S. 123)
Karl Ernst Nipkow eruiert in seinem Beitrag „Was ist wahr? Zur Wahrheitsfrage auf dem Weg zu mehrperspektivischer Bildung in der Schule“ die semantischen Bezüge der gestellten Frage (S. 136ff.) und folgert schließlich aus schulpädagogischer Perspektive, dass „die Frage nach einer letzten, absoluten Wahrheit … eine Denkfalle“ sei. ( S. 154) Für den Religionsunterricht fordert er eine „fachinterne Mehrperspektivität“, um schulintern anschlussfähig zu sein. (Ebd., S. 154.)
Mirjam Zimmermann gibt in ihrem Beitrag „Schülerfragenorientierte (Religions-)Didaktik – ein ernüchternde Bilanz“ einen grundlegenden Überblick zur Thematik (Literatur: S. 178 – 181!)über die lerntheorethischen und empirischen Untersuchungen zum Thema (S. 158ff.). Der Befund zeigt, dass es dringend einer gründlicheren Vergewisserung zum Thema bedarf. Das Anliegen der „Implementierung einer Fragekultur im (Religions-)unterricht“ unterstreicht die Autorin mit zehn Thesen (S. 176f.), welche zugleich die Bereiche aufzeigen, an denen gearbeitet werden muss, um das „‘brachliegende didaktische Feld‘“ einer schülerfragenorientierten Didaktik weiterzuentwickeln.
Es folgt die Dokumentation von empirischen Ergebnissen. Kirstin König kann in ihrem Beitrag „Was Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht gerne fragen würden“ zeigen, dass diese mit inhaltlichen Akzentverschiebungen bis in die Hauptschule hinein religiöse Fragen mit sich tragen und diese auch artikulieren können. (vgl. S. 194) Gesa Menzel belegt mit einer eigenen empirischen Studie, dass die aus anderen Bereichen vorliegenden Forschungsergebnisse sich – wenn auch nicht repräsentativ – im Religionsunterricht abbilden und beklagt eine deutliche „Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis“, denn die „Forderungen nach einem frageorientierten Religionsunterricht aus der (religions-)pädagogischen Literatur und aus Lehrplänen und Richtlinien, kommen in der Praxis kaum zum Tragen“. (S. 205)
Heike Lindner legt anthropologisch grundierte (S. 208ff.) „religionspädagogische Untersuchungen zur Rolle der Fragekompetenz im heutigen Bildungsdiskurs vor“ und definiert die angezielte religiöse Fragekompetenz folgendermaßen: „Der religiös gebildete Mensch soll Fragen stellen lernen können, die das Selbst-, Welt und Gottesverhältnis berühren und erfassen, er soll sich über seine (Glaubens-) Gefühle bewusst werden und erkennen, in ein größeres Ganzes eingebettet zu sein, aus dem er Lebenskraft und Hoffnung schöpfen kann.“ (S. 217)
Gerhard Büttner ist überzeugt, dass„das Hören auf die Kinderfragen … der Theologie gut“ tut (S. 231). Seine Überlegungen zur „Rolle der Frage in der Kindertheologie“ bietet einen aufschlussreichen Abriss der Entwicklung und gegenwärtigen Gestalt der Kindertheologie. (S. 222ff.)
Hans-Bernhard Petermann zeigt in seinem Beitrag „Der Mensch als Fragewesen“, wie gerade
(sprach-)philosophische Erwägungen helfen (vgl. u.a. S. 241f.), eine Thematik zu analysieren, tiefer zu durchdringen, um nach Überwindung der „Unklarheit ihrer Problemstellung“ (S. 243) konkrete Handlungsoptionen daraus abzuleiten. (S. 259f.) Hierdurch erreicht Petermann in seinen Überlegungen aus philosophiedidaktischer Perspektive eine beachtliche anthropologische Durchdringungstiefe, die auch bedeutsame Überlegungen für das religionsunterrichtliche Handeln bereithält. (S. 256ff.)
Der Autorinnen und Autoren des vorliegenden Sammelbandes beleuchten wiederholt die Grenzen eines fragend-entwickelnden Unterrichtsgesprächs, das primär von der Lehrperson ausgeht. Auch der Hinweis, dass Schülerfragen als didaktisches Phänomen in der Ausbildung von Religionslehrerinnen und Religionslehrern faktisch keine Rolle spielen (Vgl. u.a. S. 178; S. 205) klingt immer wieder an. Die Autorinnen und Autoren kommen fast durchgängig zu der Einschätzung, dass zu diesem Themenfeld didaktisch weiterführende Forschungen wünschenswert sind, nicht zuletzt um zu klären, wie eine „gezielte Frageförderung“ durch Lehrende möglich ist und es gelingen kann bei Schülerinnen und Schülern „eine Fragehaltung zu entwickeln und damit eine Kultur der Nachdenklichkeit zu etablieren“. (Kerstin Michalik, S. 274.)
Der vorgelegte Sammelband ermöglicht einen guten Überblick; er hält für interessierte Leserinnen und Lesern zahlreiche Literaturhinweise bereit und vereint gründliche Analysen mit Bezug zur unterrichtlichen Praxis. Zugleich wird deutlich, dass die Didaktik der Schülerfrage -nicht nur in Bezug auf den Religionsunterricht – noch am Anfang steht.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Haupt-, Werkreal-, Real- und Sek I Gemeinschaftsschule, Dr. Joachim Kittel, IRP-Freiburg
C. P. Sajak (Hrsg.), Trialogisch lernen. Bausteine für interkulturelle und interreligiöse Projektarbeit. (Seelze 22011).
Das von Clauß Peter Sajak herausgegebene Buch „Trialogisch lernen“ versammelt nachahmenswerte Best-Practice-Beispiele für den interkulturellen Dialog der drei abrahamischen Religionen. Sajak dokumentiert Beispiele Trialogischen Lernens, die im Rahmen des von der Herbert-Quandt-Stiftung ausgelobten Wettbewerbs „Schulen im Trialog – Europäische Identität und kultureller Pluralismus“ an verschiedenen Schularten umgesetzt wurden. Für die Stiftung gehören Europäische Identität und kultureller Pluralismus untrennbar zusammen, sie „bekennt sich damit zugleich zur Europäischen Union im Sinne einer überstaatlichen Wertegemeinschaft und zur Moderne im Sinne einer durch Kultur vermittelten Vielfalt“. (S. 10) Die dokumentierten Beispiele zeugen von der integrierenden Kraft, die durch die trialogische Begegnung entsteht, wobei sich dem Stifterwillen entsprechend der „‘interkulturelle Dialog auf die drei abrahamischen Religionen und nicht beliebig viele Teilnehmer bezieht‘“. (S. 18) Barbara John sieht in der Förderung von Teilhabe den wesentlichen Beitrag zur Integration, die durch diesen Wettbewerb geleistet werde. „Teilhabe wird erreicht, wenn die soziale und politische Wirklichkeit geprägt ist durch Rechtsgleichheit, durch Vertrauen zwischen Einheimischen und Einwanderern, durch Chancengleichheit und durch Vielfalt (…) Vertrauen und Vielfalt entstehen und wachsen durch Austausch, durch Begegnung, durch Dialog und durch Interaktion.“ (S. 13) Denn der Trialog der Religionen fördere „Erkenntnisse, Einsichten und Entwicklungen, die endlich wegführen von der Vorstellung, Religionen und Glaubensvorstellungen seien keinem Wandeln unterworfen.“ (S. 15)
Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil geht aus unterschiedlichen Blickwinkeln um das Trialogische Lernen und dessen Bedeutung für das Miteinander der Religionen in der Schule. Der zweite Teil dient der Dokumentation.
Stefan Schreiner setzt sich grundsätzlich mit der Herkunft des Wortes Trialog auseinander und schlägt vor, das dialogische Prinzip von Martin Buber, zu einem „trialogischen Prinzip“ weiterzudenken. Er betont: „Ein wirkliches Dreiergespräch zwischen Juden, Christen und Muslimen, das – analog dem auf Bubers ‚dialogischen Prinzip‘ aufbauenden jüdisch-christlichen/christlich-jüdischen Gespräch – ein trialogisches Prinzip zur Grundlage hat, ist eine noch vor uns liegende Aufgabe. ‚Trialogisches Prinzip‘ meint dabei das Ergebnis der Erkenntnis, dass nicht nur Judentum und Christentum ihr Selbst aus der Begegnung mit dem jeweils Anderen beziehen, sondern gleiches auf den Islam zutrifft, der als drittes Kind Abrahams zum Judentum und Christentum untrennbar hinzugehört.“ (S. 21)
Weiterführende Perspektiven eröffnen die Beiträge aus jüdischer (Alexa Brum), muslimischer (Rabeya Müller) und christlicher Sicht (Clauß Peter Sajak), die den wissenschaftlichen Teil des Buches abrunden.
Die Frage nach dem Miteinander der Religionen in der Schule wird gerade auch im Blick auf den Religionsunterricht erörtert. Wolfram Weiße sucht die Plausibilität eines „Religionsunterrichts für alle“ nach Hamburger Vorbild mit Daten einer empirischen Befragung von Schülerinnen und Schülern zu untermauern und stellt fest: „Nur wenige Antworten auf die Frage, ob der Religionsunterricht getrennt oder gemeinsam angeboten werden sollte, plädieren für einen nach Konfessionen und Religionen getrennten Unterricht.“ (S. 31) Die Frage sei erlaubt, ob man erwarten kann, dass Schülerinnen und Schüler in Kenntnis des eigenen Systems und mangels alternativer Erfahrungen mit konfessionell profiliertem Religionsunterricht zu einem begründet anderen Ergebnis kommen können.
Bärbel Beinhauer-Köhler meint das Spannungsfeld zwischen einem Religionsunterricht in Trägerschaft der Religionsgemeinschaften und einer Religionskunde religions-wissenschaftlich auflösen zu können, indem sie mit John Hull für die Inszenierung von Sakralität im religionskundlichen Unterricht eintritt und vor diesem Hintergrund eine dem konfessionellen Religionsunterricht „vergleichbare Durchdringung der Perspektiven (…) für die Religionskunde mit religionswissenschaftlichem Hintergrund“ postuliert. (S. 43).
Wie auch immer man dies letztlich bewerten mag, es spricht aus religionspädagogischer Perspektive einiges dafür, dass für die Durchdringung der Perspektiven das vorgängige durch ein persönliches Vorbild ermöglichte erfahrungsgesättige Verstehen der eigenen Konfession bzw. Religion für interreligiöse Bildungsprozesse unverzichtbar ist.
Die in den Schulporträts (S. 94 -134) kurz beschriebene Trialogpraxis, die Erfahrungsberichte (S. 135 – S. 174) und die von Ann-Kathrin Muth sorgsam dokumentierten Best-Practice-Beispiele (S. 175 – S. 254) zeigen, dass es dem Wettbewerb „Schulen im Trialog“ in beachtlicher Weise gelungen ist, interreligiöse Bildungsprozesse zu initiieren und damit auch einen wichtigen Beitrag für die Anbahnung (inter)religiöser Kompetenz zu leisten. Wer kreative und praxisnahe Anregungen für das trialogische Lernen sucht, wird in diesem Buch fündig werden.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Haupt-, Werkreal-, Real- und Sek I Gemeinschaftsschule, Dr. Joachim Kittel, IRP-Freiburg
Harmjan Dam / Stefanie Daube, Die Mitte suchen, Evangelische Spiritualität im Schulleben Ein Praxisbuch, Neukirchen-Vluyn 2011.
Zugänge zu einer evangelischen Spiritualität im Schulleben eröffnen Harmjan Dam und Stefanie Daube in ihrem Buch „Die Mitte suchen“. „Wo evangelisch drauf steht, muss Evangelium erfahrbar sein“ (S. 129). Diesem Diktum von Bischof Wolfgang Huber lassen sich die in diesem Buch vorgestellten Praxisbeispiele aus der Schulseelsorge der evangelischen Kirche Hessen und Nassau subsumieren. Wie das Evangelium im Lebensraum Schule erfahrbar werden kann, wird an kreativen und praxiserprobten Beispielen erläutert. Eine Infobox gibt für die Umsetzung jeweils eine erste Orientierung (Zielgruppe, Gruppengröße, Dauer, Raum und Einrichtung, Material), anschließend folgt die ausführliche praxisorientierte Beschreibung einzelner Methoden oder Schritte. Die Autorinnen und Autoren eröffnen für Schülerinnen und Schüler aller Schularten Zugänge zu einer evangeliumsgemäßen Spiritualität.
Die bunte Vielfalt reicht von Hilfestellungen zur Gottesdienstvorbereitung (H. Dam, J. Decker, S. 31f.) und zur Einrichtung eines Raumes der Stille (J. Walldorf, S. 85f.), einem gründlich ausgearbeiteten Entwurf für die gottesdienstliche Praxis an einer Förderschule (R. Weinert, S.37f.) über Vorschläge zur Adventszeit (Ch. König, 62.f.) und Fastenzeit (B. Bathe, (S. 67f.) bis hin zur Entwicklung einer Ausstellung zur Verbindung von Spiritualität und Engagement im Leben von Dietrich Bonhoeffer (H. Schäddel, S. 76f.).
Stefanie Daube beschreibt in den Kapiteln „Perlen des Glaubens“ (S. 9f.), „Spirituelles Lunchpaket“ (S. 20f.), Bibliolog (S. 53f.), Ein Nachmittag mit dem Labyrinth“ (S.101f.) vielfältige Möglichkeiten, wie Schülerinnen und Schülern ein ganzheitlicher, begreifbarer Zugang zum Glauben eröffnet werden kann und wie sie zugleich zum Nachdenken über das eigene Menschsein angeregt werden können
Harmjan Dam erschließt eine Methode, um mit Schülerinnen und Schülern über das Gebet ins Gespräch zu kommen (S. 25f.) und beschreibt den Begegnungs- und Erfahrungsraum, der sich bei Tagen der Orientierung ergibt, die in einem Trappistenkloster stattfinden (S. 110).
Hervorzuheben ist die den Praxisteil bestimmende ökumenische Weite dieses Buches, die auch im Kontext evangelischer Schulseesorge zur Begegnung mit der evangeliumsgemäßen Spiritualität katholischer Provenienz hinführt (u.a. Kreuzweg, Klosterbesuch).
Um so bedauerlicher ist es, dass Harmjan Dam in seinem theoretischen Hintergrundbeitrag zu spirituellen und liturgischen Kompetenzen in der Schule (S. 122ff.) meint, die Möglichkeiten gottesdienstlicher Praxis auch für den katholischen Partner an den Maßstäben für interreligiöse Feiern messen zu müssen und das gemeinsame Gebet auch für die christlichen Konfessionen mit einer Einschränkung versieht. „Bei den spirituellen Angeboten von evangelischer Schulseelsorge muss gelten, was wir als Profil christlicher Spiritualität bezeichneten und was Kässmann als Kriterien bestätigt. Das heißt nicht, dass wir uns gegen katholische oder islamische Partner profilieren müssen, aber es beschränkt uns in dem, was wir gemeinsam machen können. Bei einem gemeinsamen Schulgottesdienst oder einer Trauerfeier heißt dies, dass miteinander in einem Raum gefeiert werden kann und dass jeder zum Beispiel seine Gebete formulieren und nacheinander sprechen kann. Es sollte aber darauf verzichtet werden, gemeinsame Gebetstexte zu schreiben, die der Unterschiedlichkeit der Traditionen nicht gerecht werden. Es sollte andererseits auf Texte und Aussagen verzichtet werden, die die Differenzen unnötig betonen (Maria, klassische trinitarische Formeln, Suren gegen die ‚Ungläubigen‘).““ (S. 129)
Es bleibt offen, worauf die Aussage Dams im Kern letztlich zielt. Die Einschränkung in der wortgottesdienstlichen Praxis ist für die christlichen Konfessionen weder theologisch noch religionspädagogisch einzusehen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass durch die Verbundenheit in der einen Taufe und auf der Grundlage der altkirchlichen Dogmen evangelische und katholische Christen selbstverständlich gemeinsam zum Vater durch den Sohn im Heiligen Geist beten können. Theologisch spricht also nichts dafür, dass „jeder zum Beispiel seine Gebete formulieren und nacheinander sprechen“ soll. Aus religionspädagogischer Sicht wird man sie unter sensibler Beachtung der verschiedenen Zugänge anstreben, um trotz der noch existierenden Unterschiede Schülerinnen und Schülern gemeinsam zu bezeugen, dass nicht konfessionelle Traditionen, sondern „Jesus Christus in der Mitte steht“ (M. Kässmann, S. 128).
Sieht man von dem besprochenen theoretischen Hintergrundbeitrag ab, kann dieses kreative und praxisnahe Buch allen empfohlen werden, die Impulse für eine evangeliumsgemäße Spiritualität im Lebensraum Schule suchen.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Haupt-, Werkreal-, Real- und Sek I Gemeinschaftsschule, Dr. Joachim Kittel, IRP-Freiburg
Clauß Peter Sajak, Religion unterrichten. Voraussetzungen, Prinzipien, Kompetenzen. Mit einem Beitrag von Wolfgang Michalke-Leicht. (Seelze 2013).
Der Münsteraner Religionspädagoge Clauß Peter Sajak legt für den katholischen Bereich eine dezidiert kompetenzorientierte Fachdidaktik vor. Im Zentrum dieser Fachdidaktik stehen „Kompetenzen zur Gestaltung religionsdidaktischer Lehr-Lern-Prozesse“ (S. 9), über die eine Lehrperson verfügen sollte, um den eigenen Religionsunterricht kompetenzorientiert planen, gestalten und reflektieren zu können. Die Darstellung wird ergänzt durch Vorschläge zur Unterrichtsvorbereitung, in welchen Wolfgang Michalke-Leicht praxisorientiert sein „10 Schritte Modell“ (vgl. auch S. 93) zur Unterrichtsvorbereitung vorstellt. Ein Glossar der wichtigsten Fachbegriffe beschließt die 162 Seiten umfassende Darstellung.
Sajak entwickelt den materialen Gehalt der Kompetenzen zur Gestaltung religionsdidaktischer Lehr-Lern-Prozesse auf der Grundlage der religionsdidaktischen Grundprinzipien Korrelation und Elementarisierung. Beide Grundprinzipien bestimmen das dem Religionsunterricht zugrundeliegende Vermittlungsgeschehen. Das Korrelationsprinzip sichert die Wechselbeziehung zwischen „Gegenwartserfahrung und Glaubensüberlieferung“ der Schülerinnen und Schüler und ist deshalb für den Verfasser auch angesichts begründeter Einwände die „unaufgebbare Grundlage des schulischen Religionsunterrichts“ (S 44.) Aus dem Prinzip der Elementarisierung leitet sich nicht nur die Notwendigkeit der „didaktischen Reduktion von komplexen Wirklichkeitszusammenhängen“(S. 48) ab, sondern mit Nipkow/Schweitzer können auch „fünf Erscheinungsformen des Elementaren, also des im Lernprozess Grundlegenden“ benannt werden, nämlich „die Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler, ihre altersabhängigen und individuell je eigenen Zugänge, der zu vermittelnde theologische Inhalt, die für das Vermittlungsgeschehen zu entwickelnde didaktische Struktur und die mit dieser Struktur verbundene Methodenwahl“ (S. 8). Diese Erscheinungsformen des Elementaren wendet Sajak religionspädagogisch und leitet Kompetenzen ab, über die eine Lehrperson verfügen muss, wenn sie in der Lage sein will, den Religionsunterricht an den Fähigkeiten und Fertigkeiten von Schülerinnen und Schülern auszurichten. Die Lehrperson sollte also über lebensweltliche, pädagogische, theologische, didaktische, methodische Kompetenzen und darüber hinaus auch über diagnostische und professionelle Kompetenzen verfügen. Letztlich geht es Sajak aber nicht nur um Fähigkeiten und Fertigkeiten, sondern ganzheitlich um die Lehrerpersönlichkeit an sich, d.h. um die „Entwicklung einer eigenen Spiritualität, die Beherrschung eines theologischen Grundwissens und die Fähigkeit zur Elementarisierung“(S. 136).
Die klare Struktur des Buches, die sukzessive Erörterung von Voraussetzungen, Prinzipien, Kompetenzen ermöglicht eine grundständige Orientierung in allen relevanten Themenfeldern der katholischen Fachdidaktik. Dabei hat dieses Lehrwerk stets die Entwicklungen im evangelischen Bereich im Blick und ermöglicht auch in ökumenischer Perspektive eine verlässliche Orientierung. In allen Abschnitten folgen der prägnanten Darstellung der Fakten, eine Zusammenfassung und Angaben zu weiterführender Literatur, die zur Vertiefung dieser grundlegenden Informationen hinführt. Kreative Aufgabenstellungen runden die einzelnen Abschnitte ab und regen an, das Gelesene eigenständig zu vertiefen.
Die Prägnanz der Darstellung hat freilich auch ihren Preis. Sie geht zuweilen auf Kosten einer wünschenswert erscheinenden ausführlicheren Behandlung, so wenn das zentrale Thema der Leistungsmessung im Religionsunterricht nur als Exkurs behandelt wird und es bei den Instrumenten für Diagnostik und Evaluation im Religionsunterricht über eine Aufzählung möglicher Formen nicht hinausgeht (S. 126ff.).
Das fachdidaktische Profil hätte sich sicher noch schärfen lassen, wenn über den instruktiven Beitrag zur Unterrichtsvorbereitung von Wolfgang Michalke-Leicht hinaus (S. 139-S. 152), auch das mehr an den Bedürfnissen der Lehrpersonen (vgl. 93f.) orientierte Modell zur kompetenzorientierten Unterrichtsvorbereitung von Andreas Feindt ausführlicher dargestellt bzw. fachdiaktisch rezipiert worden wäre.
Dennoch liegt die Stärke dieser Fachdidaktik gerade in der komprimierten Dichte, die dem Studierenden, aber auch dem gestandenen Praktiker gut verständlich einen gründlichen und verlässlichen Überblick über die fachdidaktischen Themenfelder ermöglicht. Nicht zuletzt die Hinweise zur professionellen Kompetenz und die präzise Benennung der Grenzen religionsunterichtlichen Handelns („Überwältigungsverbot“) erscheinen angesichts performativer Entwicklungen wichtig (vgl. u.a. 131). Wer im Studium sich verlässlich orientieren oder sich nach vielen Berufsjahren neu vergewissern möchte, dem sei diese Fachdidaktik empfohlen.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Haupt-, Werkreal-, Real- und Sek I Gemeinschaftsschule, Dr. Joachim Kittel, IRP-Freiburg
Stettberger, Herbert, Bernlochner, Max, Interreligiöse Empathie lernen. Impulse für den trialogisch orientierten Religionsunterricht (Berlin 2013).
Der erste Band der von Herbert Stettberger herausgegebenen Reihe „Religionspädagogik und Empathie“ beleuchtet die Bedeutung interreligiöser Bildungsprozesse für den gegenwärtigen Religionsunterricht. Die konfessions- und religionsübergreifenden Autorenbeiträge beleuchten aus verschiedenen Perspektiven die zentrale Bedeutung einer interreligiösen Empathie für die gesellschaftlich bedeutsame Entwicklung eines „religionsbejahenden und wertschätzend-prosozialen“ Handelns (S.1). Das Ziel einer „empathischen Wahrnehmungs- und Begegnungsdidaktik“ ist nach Stettberger „Wahrnehmungs- und Verstehensvorgänge zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionen“ zu initiieren (S. 128) Das aber, betont Stettberger, sei „weit mehr als der Versuch, sich in einen andersgläubigen Menschen hineinzuversetzen, sowie dessen Religion und religiöse Praxis verstehen zu wollen“ (S. 132), die Förderung interreligiöser Empathie setze unabdingbar die „persönliche Begegnung“ (S. 136) voraus. Denn, „als wesentliche empathische Teilkompetenz ist eine ganzheitliche Betrachtung von Mitmenschen anvisiert.“ (S. 145)
Systematisch verortet sich dieses religionspädagogische Anliegen in der komparativen Theologie, die, ohne den eigenen Wahrheitsanspruch aufzugeben, die „Andersheit des Anderen verstehend würdigen“ will. Für Klaus von Stosch ist Empathie deshalb die Grundkategorie einer komparativen Theologie, die auf ein „erfahrungsgesättigtes Verstehen des anderen“ (Zitat: C. Cornille) ziele (S. 18), das letztlich zur „Überwindung eines herabwürdigenden Denkens“ (S. 25) führen könne. Das Anliegen einer komparativen Theologie wird in den Beiträgen von Theo Sundermeier „Empathie und Dialog“, Gwen Bryde „Über die Verletzung religiöser Gefühle und über das Gefühl der Verletzbarkeit als Chance“ und Manfred Riegger „Empathie und Wahrnehmung“ anthropologisch vertieft. Für Riegger ist Empathie „der Versuch, Fremdes so zu verstehen, wie es sich aus der fremden Perspektive anfühlt.“ (S. 54) Empathie ist also aus diesen verschiedenen Perspektiven Voraussetzung zur Ausbildung einer interreligiösen Kompetenz, die über eine „religionskundliche Außenperspektive“ (S. 18) weit hinausreicht, nämlich , so Stettberger „im Wesentlichen aus positiven Begegnungen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionen“ resultiere (144). Allerdings sieht Stettberger auch Grenzen dieser empathischen Begegnung, die beachtet werden müssen. Auf der Basis des WITH-Konzeptes (Wahrnehmen, Imitation, Teilidentifikation und Handlung) dürfen „Gebetshandlungen oder religiöses Brauchtum im Allgemeinen … nicht Gegenstand von Imitationsinitiativen sein.“ (S. 140) Diese Grenzlinie zieht auch Karlo Meyer in seinen „Überlegungen zur Einfühlung in fremde religiöse Traditionen“. Er betont: „Bei der Einfühlung in intensives und intimes religiöses Erleben anderer ist jedoch die Frage der Angemessenheit zu stellen“ (S. 172).
Aus diesen Überlegungen leiten sich didaktische Konsequenzen für den konfessionellen RU ab. Joachim Willems schlägt im Blick auf einen „ interreligiöse orientierten“ RU vor, „interreligiöse Überschneidungssituationen“ zu analysieren, die „im Falle einer Interaktion von Personen, deren Deutungs-, Beurteilungs- und Handlungsmuster von unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Traditionen geprägt sind, insofern diese unterschiedlichen Muster in der gegebenen Situation von Bedeutung sind.“ (S. 118). Havva Engin kommt in ihrem Beitrag „Wie viel bzw. welche religiöse Grundbildung … heterogene Einwanderungsgesellschaften“ benötigen aus inter- bzw. transkultureller Perspektive zu der Einsicht, dass „das bisher gängige Modell des konfessionell gebunden Religionsunterrichts im Sinne eines Nebeneinanders verschiedener Richtungen nicht mehr ausreicht, um voneinander zu lernen und übereinander zu wissen, da die Pluralität die ganze Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen durchzieht und daher in allen Schulfächern ein Thema sein sollte“ und fordert insofern eine „religiöse Grundbildung“ jenseits des RU (S. 101).
Das vorliegende Buch versammelt gut lesbare, engagierte Beiträge zum Thema interreligiöse Empathie, die zum Nach- und Weiterdenken anregen und dem interessierten Leser einen guten Einblick in die gegenwärtige Diskussion gewähren und zu einer reflektierten Praxis anregen.
In religionsdidaktischer Perspektive bleiben freilich Fragen offen. So wäre aus der Sicht des Rezensenten der didaktische Ort eines „interreligiös orientierten“ Religionsunterrichts näher zu bestimmen. Unklar bleibt auch die Einbindung der von Clauß-Peter Sajak formulierten „Kompetenzbereiche für das trialogische Lernen“ (S. 88) in ein konfessionell geprägtes Curriculum.
Erforderlich wäre in diesem Zusammenhang auch eine prozessbezogene didaktische Differenzierung der interreligiösen Bildungsprozesse ausgehend vom Kindesalter (Elementar-, Primarstufe) bis hin zum Jugendalter (Sekundarstufe I+II), diskussionswürdig und anthropologisch nicht hinreichend bearbeitet erscheint mir die Frage zur Ausgangsbasis für die interreligiösen bzw. trialogischen Bildungsprozesse. Peter Schreiner referiert in seinem Beitrag zur interreligiösen Kompetenz den fachwissenschaftlichen Konsens, dass sich die Entwicklung von religiöser Identität und „die Fähigkeit sich mit anderen verständigen zu können“, komplementär verhielten. Es steht also die Frage im Raum: Muss „zunächst eine eigene religiöse Identität entwickelt werden, bevor eine Beschäftigung mit anderen Konfessionen und Religionen möglich wird“? (S. 63) Der fachwissenschaftliche Konsens wäre unter den Vorzeichen einer theologischen Anthropologie vertieft zu diskutieren. Es spricht nämlich manches dafür, dass das vorgängige erfahrungsgesättige Verstehen der eigenen Konfession bzw. Religion für interreligiöse Bildungsprozesse nicht übersprungen werden darf. Andernfalls besteht die Gefahr, dass interreligiöse Empathie im anvisierten Sinne über eine religionskundliche Betrachtung nicht hinauskommt.
Die Bearbeitung der aufgeworfenen Fragen erscheint wünschenswert, sie sind aber vor allem ein Zeichen dafür, dass der vorgestellte Sammelband zum Weiterdenken anregt und sei jedem empfohlen, der sich einen ersten Überblick zum Themengebiet verschaffen möchte.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Haupt-, Werkreal-, Real- und Sek I Gemeinschaftsschule, Dr. Joachim Kittel, IRP-Freiburg
Friedens-Rap Das Franziskus-Gebet „Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens“ für junge Menschen (Innsbruck 2013)
Stephan Sigg hat mit „Friedens-Rap. Das Franziskusgebet für junge Menschen“ ein weiteres Büchlein vorgelegt, das gestalterisch und sprachlich den Lebensnerv junger Menschen berührt. Er nähert sich dem aus dem Gotteslob (29,6) bekannten Gebet um Frieden „Herr mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens“. Das bekannte Gebet wurde von einem französischen Franziskanerpater im frühen 20. Jahrhundert verfasst und lange Zeit Franziskus selbst zugeschrieben. Für eine Verfasserschaft des großen Heiligen gibt es aber keine Anhaltspunkte. Gleichwohl ist dieses Gebet für Sigg ein „Remix“ (S. 45) des urfranziskanischen Ideals, das sich an der Bergpredigt orientiert. In einer eigenen Übertragung, die die spirituelle Strenge der deutschen Fassung mildert (z.B. nicht, das ich getröstet werde, sondern dass ich tröste“ verändert Sigg durchaus in Kontinuität zum französischen Original in „dass ich mehr tröste, als ich getröstet werde.), eröffnet er neue und überraschende Perspektiven. In diesem kreativ und ansprechend gestalteten Büchlein formuliert er in Anlehnung an die einzelnen Gebetssequenzen einen Friedens-Rap, der auf einfühlsame Weise und in jugendlicher Sprache das Wesentliche im menschlichen Miteinander in jugendgerechter Sprache aufspürt und zugleich zur Mitte der christlichen Botschaft führt. Siggs überraschende und direkte Texte regen zum Nachdenken an und laden den Lesenden ein, sich mit den impulsgebenden Aussagen auseinanderzusetzen. Das Büchlein ist angesichts der anregenden Gedanken für die unterrichtliche Praxis sehr zu empfehlen, eignet sich aber selbstverständlich auch als kleines Geschenk für junge Menschen.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Haupt-, Werkreal-, Real- und Sek I Gemeinschaftsschule, Dr. Joachim Kittel, IRP-Freiburg
Kurt, Aline: Ausgearbeitete Unterrichtsreihen für den Religionsunterricht. 1. Schuljahr. Mülheim: Verlag an der Ruhr 2014, 120 S.
Die Publikation enthält eine große Vielfalt an Lernimpulsen und Unterrichtsideen zu Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament, Feiertagen und Festzeiten, dem Theologisieren mit Kindern und zum Gebet.
Die sieben Lernsequenzen der Publikation lauten: „Miteinander anfangen“; „Über Gott sprechen“; „Gott hat uns die Welt geschenkt“; „Wer war Josef?“; „Jesus“; „Beten“; „Die großen Feste und Festzeiten“. Ein besonderer Vorzug der Publikation liegt darin, dass die meisten Arbeitsblätter und Kopiervorlagen keine oder eine nur geringe Lese- und Schreibkompetenz erfordern, wodurch sie bereits im ersten Halbjahr der 1. Jahrgangsstufe problemlos eingesetzt werden können.
Gut gelungen ist stets die korrelationsdidaktische Verknüpfung von den Lebenserfahrungen der Schülerinnen und Schüler zu den ausgewählten biblischen Geschichten, angefangen von der Berufung des Propheten Samuel (1Sam 3,1–10) über Psalmworte, dem Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15,11–32), der Schöpfungserzählung (Gen 1,1–2,3) und dem ersten Teil der Josefsgeschichte (Gen 37,1–41,45), bis hin zu Ereignissen aus dem Leben Jesu, etwa seinem Aufenthalt als Zwölfjähriger im Tempel (Lk 2,41–52). Dazu tragen auch die kindgemäßen und ästhetisch ansprechenden Umrisszeichnungen von Petra Lefin bei, die ansonsten vor allem durch die Illustration von Bilderserien für das Kamishibai-Theater bekannt geworden ist.
Die Autorin hat sämtliche Bibeltexte und Phantasiereisen des Bandes selbst verfasst, wobei sie stets lebendig und sehr gut verständlich erzählt, auch bereits für Kinder in den ersten Schulwochen. Angenehm ist, dass Aline Kurt dabei auf unnötige Dramatisierungen verzichtet, die junge Kinder ängstigen könnten, vor allem beim Nacherzählen der Josefsgeschichte und der Passion Jesu.
Von den didaktischen Grundprinzipien des Anfangsunterrichts wird neben der Notwendigkeit eines häufigen Wechsels der Sozialformen und Methoden ganz besonders dem Lernen mit allen Sinnen Rechnung getragen. So finden sich neben gut ausgewählten Liedern auch Einfälle zu Klanggeschichten mit Instrumenten und originelle Bastelvorschläge, Koch- und Backrezepte, gestützt durch hilfreiche Fotografien (etwa von Buchweizen-Brötchen zum Erntedankfest oder Lebkuchen-Kugeln in der Adventszeit). Die praktischen Umsetzungen dieser Ideen erfordern zwar teilweise recht viel Vorbereitungszeit (zum Beispiel zur Herstellung von Knetmasse zum Nachbilden der Schöpfungsgeschichte), lassen sich dann aber problemlos auch in größeren Lerngruppen umsetzen; zudem wurde stets auch auf ökologische Aspekte geachtet.
Es erweist sich als sachdienlich, dass zu Beginn jeder Lernsequenz die jeweiligen Kompetenzerwartungen in präzisen Formulierungen aufgelistet sind. Darüber hinaus enthält die Publikation übersichtlich gestaltete Verlaufspläne zu sämtlichen konzipierten Einzel- und Doppelstunden. In kursiver Schrift sind dabei jeweils mögliche Impulse oder Impulsfragen an die Schülerinnen und Schüler aufgeführt. Auch wurden (durch Erweiterungsaufgaben) stets die Anforderungen eines differenzierten Unterrichtens beachtet. Hier wären mitunter noch mehr Alternativvorschläge zur qualitativen Differenzierung sinnvoll, was auch einem inklusiven Religionsunterricht in den ersten beiden Schuljahren zugute käme.
Besonders geeignet und liebevoll gestaltet sind die Farbkarten und Symbolkärtchen im Anhang des Buches, die zum Anzeigen der jeweiligen Methode, Sozialform oder der Einteilung für Partner- und Gruppenarbeiten dienen. – Insgesamt wird deutlich, dass die Autorin neben der Vermittlung der jeweiligen Lerninhalte immer auch sehr auf eine gute Unterrichtsatmosphäre bedacht ist. Gerade hierdurch werden Empathie, Mitgeschöpflichkeit und ein von Wertschätzung getragenes Miteinander begünstigt, was insbesondere im Anfangsunterricht von entscheidender und richtungsweisender Bedeutung ist.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Ist Gott die Liebe?
Hansjürgen Verweyen: Ist Gott die Liebe? Spurensuche in Bibel und Tradition. Regensburg 2014, 208 Seiten, ISBN 978-3-7917-2587-1.
Geht es nicht den meisten von uns so: Wir arbeiten im Namen der Kirche, im Namen Gottes – und der Alltag wird immer mehr zu einer selbstverständlichen Routine, in der vertieftes theologisches Reflektieren wenig Raum einnimmt. Zum Weiterwachsen im Glauben werden wir eher durch spirituelle Erfahrungen motiviert, als durch explizites theologisches Weiterstudium.
Diese Buchbesprechung möchte – nicht ganz zufällig vor der Ferienzeit – einen Band vorstellen, der geeignet ist, sowohl den „theologischen Akku“ wiederaufzuladen, als auch den persönlichen Glauben zu bereichern. Die Früchte für Unterricht und Schulpastoral werden sich von selbst und je persönlich nahelegen.
Ein Wort vorweg: Das neueste Buch des emeritierten Freiburger Fundamentaltheologen Hansjürgen Verweyen ist spannend und in einer sprachlich meist einfachen Form geschrieben. Dennoch wird es weniger für die Lektüre am Strand, umgeben von umhertollenden Kindern, geeignet sein. Es braucht die stilleren Stunden, in der das Gelesene nachklingen kann.
Wie steht Gott eigentlich wirklich zum Mühen und Leiden der Menschen? Wacht er eifer- und rachsüchtig darüber, ob seine Gebote eingehalten werden – oder sind wir ihm letztlich gleichgültig? Diesen Fragen haben sich biblische Autoren wie theologische Denker über die Jahrhunderte hinweg gestellt. H. Verweyen sucht nach den Antworten, die vom ersten Buch der Bibel an gegeben werden. Dabei wird sichtbar, wie sehr die Theodizee, die Rechtfertigung Gottes angesichts von Leid auf der Welt, von den politischen Verhältnissen geprägt ist – oder gar zur Stabilisierung dieser Verhältnisse ins Feld geführt wird. Von der Ur- und Vätergeschichte an bis zu Hiob und Kohelet lassen sich so Bilder von Gott freilegen, die alle damit rechnen, dass er die Menschen letztlich etwas lehren wolle.
Ab der Apokalyptik aber, die mit der hellenistischen Zeit anbrach und im Buch Daniel einen exponierten Vertreter hat, tritt eine Wende zum Ungeschichtlichen ein: Es wird nicht mehr daran angeknüpft, dass sich JHWH in der Geschichte Israels offenbart hat und noch weniger damit gerechnet, dass er überhaupt noch etwas auf dieser Erde zum Guten wenden will. Im Gegenteil hat sich das Leben auf das Jenseits oder eine neue Erde auszurichten, weil Gott allein dort zu finden ist.
Wie sehr sich dieses Denken bis in die neutestamentlichen Schriften, ja, bis ins Bild von Jesus, dem in die Geschichte eingetretenen Sohn Gottes eingegraben hat, zeigt H. Verweyen angesichts des Weltenrichters auf, dem man im Matthäusevangelium, in der Johannesoffenbarung oder in Zeugnissen der christlichen Kunst und Frömmigkeit begegnen kann.
Mit diesem Weltenrichter verbindet sich die Frage nach einem Leben nach dem Tod: Die Auferstehung der Toten, eine Vorstellung, die erst mit der Apokalyptik aufkam, ruft die Frage nach einer gerichtlichen Abrechnung und nach gerechtem Ausgleich für erlittenes Unrecht wach. Dagegen entwirft Psalm 73,23–26 ein Bild, das nicht von der Auferstehung ausgeht, sondern von der bleibenden Gottesgemeinschaft, die dem JHWH-Namen „Ich bin da“ ganz anders – im Tiefsten – gerecht wird.
Gott und das Leid der Menschen, Gott und die Geschichte, Weltgericht und „Ich bin da“: An diesen markanten Eckpunkten kommt eine Antwort nicht vorbei, die vom Gott der Liebe spricht und sich dabei weder an den Zeugnissen des Alten und Neuen Testaments noch an den Antworten der theologischen und philosophischen Tradition vorbei bewegen will. Anhand der Theologie des Buches Hosea und der Christologie des Markusevangeliums zeigt H. Verweyen auf, wie man biblisch fundiert und rational verantwortet tatsächlich davon sprechen kann, dass Gott die Liebe ist. Wer ihm bis zum Ende des Buches denkerisch gefolgt ist, wird nicht nur das eigene Gottesbild (samt der Beziehung zu ihm) erneuern können, sondern auch den Begriff von Liebe, der in den meisten unserer Köpfe herumspukt.
Näheres zum Buch finden Sie beim Verlag Friedrich Pustet.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Sr. Dr. Jeremia Kraus OSB
Altes Testament: Von Josef und Mose
Zerbe, Rainer Maria: Altes Testament: Von Josef und Mose. 10 komplette Unterrichtsreihen für den Religionsunterricht der 1.-4. Klasse. Donauwörth: Auer 2014, 86 S.
Die Publikation umfasst zehn komplette Unterrichtsreihen für den Religionsunterricht der ersten bis vierten Jahrgangsstufe zu zwei der wichtigsten und zugleich beliebtesten Geschichten aus den biblischen Büchern Genesis und Exodus.
Renate Maria Zerbe hat dabei die Josefgeschichte (für Klasse 1/2) in vier Teile untergliedert: Josef und seine Brüder (Gen 37,1–36); Josef als Sklave in Ägypten und im Gefängnis (Gen 39,1–40,28); Die Träume des Pharao und Josefs Aufstieg (Gen 41,1–57); Versöhnung mit den Brüdern (Gen 42–46). Zur Mosegeschichte (für Klasse 3/4, auch noch gut für 5/6 geeignet) enthält der Band sechs Sequenzen: Moses Kindheit und Jugend (Ex 1–2); Der brennende Dornbusch (Ex 2,23–4,31); Die ägyptischen Plagen (Ex 5,1–19; 7,1–11,10); Der Auszug aus Ägypten (Ex 12,1–13,16); Die Rettung am Schilfmeer (Ex 13,17–14,31); Erfahrungen in der Wüste (Ex 15; 19–20; 31–34).
Dabei wird der jeweilige Abschnitt der Geschichte auf stets einer Seite kindgerecht nacherzählt; danach folgt jeweils eine weitere Seite mit Informationen für Lehrpersonen und stichwortartig aufgelisteten Ideen zur methodisch-didaktischen Erarbeitung. Schließlich sind meist fünf (manchmal auch drei oder sieben) Arbeitsblätter zur jeweiligen Lernsequenz zusammengestellt.
Die Inhaltsangaben bringen das Geschehen stets prägnant und präzise auf den Punkt; da sie sprachlich recht anspruchsvoll sind, empfiehlt es sich, zum Vorlesen der Texte jeweils das zweite Halbjahr der zweiten bzw. vierten Jahrgangsstufe abzuwarten. Beim freien Erzählen (gestützt durch die jeweiligen Zusammenfassungen) besteht der Vorteil, das Geschehen noch lebendiger und spannender ausschmücken zu können, zum Beispiel durch häufigeres Einsetzen der Wörtlichen Rede oder etwas packendere Adjektive.
Die Lehrerseiten enthalten sorgfältig recherchierte und hilfreiche Hintergrundinformationen, vor allem zur Zeitgeschichte (z.B. zum Ackerbau und zur Herstellung von Ziegeln im Alten Ägypten) und zu den verschiedenen Textquellen. Nur im Zusammenhang mit den Zehn Geboten fehlen weiterführende Erläuterungen; dafür wurden diese sehr gut verständlich für Kinder umformuliert (S. 76).
Bei den Arbeitsblättern sind die schönen, mit viel Liebe zum Detail gestalteten Zeichnungen von Marion El-Khalafawi hervorzuheben, die den Schülerinnen und Schülern viele lebendige Eindrücke vom Land Ägypten in der Antike vermitteln. Die große Methodenvielfalt berücksichtigt alle Lerntypen und ermöglicht gerade zur Josefsgeschichte ein Lernen mit allen Sinnen. Bei manchen Fragen (z.B. „Wie gefällt es Josef bei Potifar?“) wäre es sinnvoll, diese als Impulse und etwas offener zu formulieren. Auf einigen Arbeitsblättern (vor allem auf den Kopiervorlagen mit Tabellen, Sprech- oder Gedankenblasen) ist der Platz fürs Aufschreiben ein wenig zu eng, so dass es sich bisweilen empfiehlt, diese beim Kopieren etwas zu vergrößern.
Die Verknüpfung der einzelnen Themen mit der Lebenswelt und Alltagserfahrung der Kinder ist sorgsam bedacht und meist gut nachvollziehbar umgesetzt. Sehr sinnvoll sind die zur Mosegeschichte ins Spiel gebrachten Gedichtformen des Kreativen Schreibens (Elfchen, Akrostichon, Siebenzeiler) und die Anregung, eine sich während der Lernsequenz kontinuierlich entwickelnde ägyptische Tuchlandschaft als gestaltete Mitte zu legen. Viele der Bastelanleitungen (z.B. für dreidimensionale Pop-Up-Karten oder ein Modell zur Bundeslade) und die abwechslungsreichen Rätselformen des Heftes dürften für Kinder sehr motivierend sein. Auch ist anerkennend hervorzuheben, dass dem Ablauf des Sederabends beim Pesachfest (vielen Illustrationen!) im Zusammenhang mit der Erzählung vom Auszug aus Ägypten einige Seiten der Publikation gewidmet sind.
Am Ende des Heftes finden sich neben den Lösungen der Rätsel auch jeweils eine Seite mit Textkärtchen, aus denen jedes Kind recht mühelos sein eigenes Josefs- und Mosebuch basteln kann. Ein Würfelspiel zur Exodusgeschichte und ein kleines, illustriertes Lexikon mit gut verständlichen Erklärungen zu zwanzig wichtigen Begriffen aus beiden Erzählungen runden die insgesamt sehr gelungene Publikation ab.
Das Buch kann in der Mediathek Freiburg (Nr.: 2140306) und den meisten der 17 Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums ausgeliehen werden.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Was glaubst du? Eine kleine Religionskunde
Butt, Christian: Was glaubst du? Eine kleine Religionskunde. Illustriert von Kindern für Kinder. Stuttgart 2014, 32 S.
In dieser Publikation für Kinder werden die wichtigsten Glaubensinhalte und bedeutendsten Feste der monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam vorgestellt.
Zunächst erklärt Autor Christian Butt in der Einleitung des Büchleins, wozu Menschen überhaupt Religion brauchen. Dabei weist er auf zentrale Fragen hin (Woher komme ich? Welchen Sinn hat mein Leben? Wohin gehe ich?), zeigt aber auch die Bedeutung des Glaubens für den Menschen auf, um in verschiedenen Lebenssituationen Halt, Kraft und Hilfe zu finden. Wichtig ist bereits an dieser Stelle der Hinweis, dass eine Hauptursache für interreligiösen Streit in fehlendem Wissen über andere Religionen liege, was oft auch Missverständnisse oder Ängste hervorrufe.
Um diesem Mangel abzuhelfen, gibt der Autor zu jeder einzelnen Weltreligion auf jeweils einer Seite zusammenfassende Informationen über ihr (ungefähres) Alter, ihren Gründer, ihre heilige Schrift, die wichtigsten Gotteshäuser und deren Ausstattung sowie ihre wichtigsten Brauchtümer.
Danach stellt er, jeweils ausführlicher, die bedeutendsten Feste bzw. Festzeiten der einzelnen Religionen vor: Weihnachten, Ostern und Pfingsten für das Christentum, Ramadan, Zuckerfest und Opferfest für den Islam, Neujahrsfest (Rosch ha-Schana), Versöhnungsfest (Jom Kippur) und Pessach für das Judentum. Am Ende ermöglicht der Verfasser auch noch einen kurzen Einblick über die allerwichtigsten Inhalte der fernöstlichen Religionen Hinduismus und Buddhismus.
Neben jeder Seite des Büchleins findet sich ein Farbbild zum jeweils besprochenen Thema. Gemalt wurden die Bilder von jüdischen, christlichen und muslimischen Kindern aus vier Hamburger Grundschulen. Die farbenfrohen Darstellungen zeigen Wertschätzung, Kreativität und kindlich-unbefangene Freude am Glauben. Sie helfen vor allem auch jüngeren Kindern, einen guten Zugang zu den dargestellten Inhalten zu finden.
Die Beschreibungen und Erläuterungen des Autors sind sehr verständlich. Er überhäuft die Kinder nicht mit zu viel Wissen, sondern beschränkt sich (gemäß den Vorgaben des Bildungsplans für die Grundschule) auf das Wichtigste und auf Basisinformationen. Andererseits fehlt es dadurch aber bisweilen auch etwas an Genauigkeit und Differenzierungen. So wird beispielsweise nicht erwähnt, worin die „Fünf Säulen“ des Islam konkret bestehen oder dass auch zugelassene Koran-Übersetzungen aus dem Arabischen in verschiedene Sprachen zugelassen sind. Auch gibt es keine Hinweise auf das wichtigste Gebet/Bekenntnis in Judentum und Islam.
Christian Butts Idee, die bedeutendsten Feste der drei monotheistischen Weltreligionen in den Mittelpunkt seiner Publikation zu stellen, dürfte die Motivation der Schülerinnen und Schüler begünstigen. Zudem wird dadurch deutlich, dass gerade die Religionen zur Strukturierung des Kalenderjahres beitragen. Schließlich können die Kinder erkennen, dass Lebensfreude und gemeinsames Feiern auch in anderen Religionen eine ganz zentrale Bedeutung haben. Insbesondere die Festbräuche sind umfassend und sehr anschaulich erklärt. Zum Christentum wären jedoch noch Hinweise auf die Vorbereitungsphasen Advent und Fastenzeit sinnvoll gewesen. Insgesamt kann die Publikation aber sicherlich als gelungen und empfehlenswert beurteilt werden.
Das Büchlein kann außer in der Mediathek Freiburg (Nr.: 2140174) auch in einigen Religionspädagogischen Medienstellen der Erzdiözese Freiburg ausgeliehen werden.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Religiöses Lernen mit Krippenkindern
Lauther-Pohl, Maike: Mit den Kleinsten Gott entdecken, Gütersloher Verlagshaus 2014, 176 S., ISBN 9783579074160
Die Autorin Maike Lauther-Pohl ist Theologische Referentin für Religionspädagogik im Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen (Schleswig-Holstein). Sie hat mit dem Buch „Mit den Kleinsten Gott entdecken“ ein wunderbares Praxisbuch vorgelegt. Sie zeigt, dass heutige Eltern „religiöse Bildungspartnerschaften“ suchen, da sich mittlerweile rumspricht, dass Kinder für die ganzheitliche Entwicklung auch kompetente Ansprechpartner für ihre religiöse Entwicklung benötigen. Ein Kapitel zeigt die wichtigsten Facetten frühkindlicher religiöser Entwicklung und welch wichtigen Beitrag sie zur Persönlichkeitsentwicklung des Menschen leistet. Für pädagogische Fachkräfte ist das Kapitel zur Bedeutung der Bezugsperson erhellend und ermutigend.
Die Autorin stellt die wichtigsten Aspekte bei der praktischen Umsetzung von Religionspädagogik mit Krippenkindern vor (Symbol, Musik, Singen, Rituale, Wiederholungen, Einfachheit, Kürze, Beteiligung, Mitgestaltung, Freiwilligkeit). Dabei benennt sie auch die Chancen des interreligiösen Miteinanders in der Krippe.
Im zweiten Teil des Buches stellt Maike Lauther-Pohl Praxismodelle vor. Dabei reichen die biblischen Impulse über das eigentliche Angebot weit hinaus – zum Beispiel in die Freispielzeit oder die Elternarbeit. Besonders hilfreich für pädagogische Fachkräfte sind nicht nur die kreativen Umsetzungsideen zu den biblischen Erzählungen aus dem Alten und dem Neuen Testament der Bibel, sondern auch die kurzen Einführungen unter der Überschrift „Gut zu wissen“. Damit können Erzieherinnen und Erzieher ihre eigene religiöse Kompetenz auch in Bezug auf das Glaubenswissen weiterentwickeln.
Das Buch ist ein wahrer Schatz für das religiöse Lernen von Kindern in den ersten drei Lebensjahren (und auch darüber hinaus!) und sollte in jeder Einrichtung vorhanden sein.
Das Buch ist in einigen Medienstellen und in der Mediathek in Freiburg entleihbar.
IRP Freiburg, Referat Elementarpädagogik, Heike Helmchen-Menke
Entdeckungsreise Kirchenjahr. Unterrichtsmaterialien für die Grundschule
Koerrenz, Marita: Entdeckungsreise Kirchenjahr. Unterrichtsmaterialien für die Grundschule. Göttingen 2014, 64 S.
In der Publikation werden die wichtigsten christlichen Feiertage, besonders während des Weihnachts- und Osterfestkreises, thematisiert. Abwechslungsreiche Arbeitsaufträge und ansprechend gestaltete Kopiervorlagen ermöglichen Schülerinnen und Schülern ein vertieftes Verständnis.
Den einzelnen Kapiteln (Weihnachtsfestkreis, Osterfestkreis, Feste im Jahreskreis) ist jeweils eine Einleitung vorangestellt, welche Hinweise zum theologischen Bezug des jeweiligen Festkreises und eine didaktisch-methodische Anleitung zum Umgang mit den Materialien enthält.
Zwölf Feste bzw. Festzeiten werden insgesamt berücksichtigt: Advent, Nikolaus, Weihnachten, Dreikönig, die Fastenzeit, Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Erntedank, der Reformationstag, Sankt Martin und das Christkönigsfest. Dabei bildet jedes dieser Feste einen in sich abgeschlossenen Baustein.
Am Anfang steht jeweils ein Sachtext mit Hintergrundinformationen, der ab der dritten Jahrgangsstufe größtenteils auch selbstständig von den Schülerinnen und Schülern aufgenommen und erschlossen werden kann. Die stets auf den Einleitungstext folgende Geschichte ist zum Erzählen oder Vorlesen geeignet und enthält meist gute Anregungen für ein lebhaftes Unterrichtsgespräch.
Die Arbeitsaufträge auf den Kopiervorlagen knüpfen vorwiegend an die vorausgegangene Geschichte an und stellen einen Zusammenhang zum jeweiligen Fest bzw. zur Festzeit her. Zudem besteht ihre Funktion darin, einen Bezug vom theologischen Gehalt des jeweiligen Festes zur Lebenswelt der Kinder zu vermitteln. Dies gelingt zumeist gut, beim Baustein „Passionszeit“ werden in dieser Hinsicht jedoch auch Grenzen deutlich, da die hier thematisierten Fragen (z.B. zum „Sühnetod“ Jesu) für Kinder im Grundschulalter noch zu abstrakt und zu schwierig sein dürften.
Ansonsten wären noch etwas mehr Impulse zum handlungsorientierten Lernen (etwa der Arbeit mit Erzählfiguren und Legematerialien, darstellendes Spiel, Tanz…) oder des Kreativen Schreibens sinnvoll gewesen. Auch fehlen in der Publikation Gedichte, Lieder, Musikstücke und Kunstbilder, während die Zeichnungen und graphischen Darstellungen auf den Arbeitsblättern (etwa das von den Kindern zu ergänzende weihnachtliche Krippenbild) größtenteils gut gelungen und ästhetisch sehr ansprechend sind.
Ebenfalls können viele der Erzählungen den Kindern hilfreiche Impulse zur Entfaltung von Empathie und zum sozialen Lernen (etwa im Hinblick auf gewaltfreie Konfliktbewältigung) geben. Die Mischung aus neueren und älteren Texten (z.B. kindgemäß nacherzählten Legenden) ist ebenfalls stimmig. Manchmal, insbesondere zum Osterfest, wäre eine noch größere spirituelle Tiefe wünschenswert. Dennoch enthält die Publikation viele gute Anregungen, um auch religiös weniger sozialisierten Kindern den Sinn und Gehalt der wichtigsten christlichen Feste näher zu bringen.
Das Buch ist in der Mediathek Freiburg (Nr. 2140221) und einigen Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums Freiburg entleihbar.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Ignatianische Schulpastoral
Philipp Görtz: Ignatianische Schulpastoral: Anregungen für eine spirituelle Praxis an konfessionellen Schulen, Echter-Verlag, Würzburg 2014, 165 Seiten, ISBN 978-3-429-03682-9
Mit der „Volksausgabe“ seiner Dissertation (S. 9), einem wissenschaftlich fundierten und doch leicht lesbaren Buch, legt Philipp Görtz SJ eine Konzeption von Schulpastoral vor. Anders als es der Untertitel vermuten lässt, zielen die „Anregungen“ auf die konkrete Umsetzung vor Ort oder aber setzen eine gewisse spirituelle Praxis schon voraus. So eignet sich das Buch vor allem für Kollegien, in denen Schulpastoral entwickelt und im Zusammenspiel mit anderen Diensten an der Schule profiliert werden soll, bzw. für konfessionelle Schulen, an denen eigene Konzepte auf bereichernde Impulse warten. Nicht zuletzt kann die „Ignatianische Schulpastoral“ immer wieder als Kompendium zur Hand genommen werden, wenn grundlegende Entwicklungstheorien, schulpastorale Dokumente oder ein fundierter Bildungsbegriff zu recherchieren sind.
Bereits die Kapiteleinteilung macht deutlich, worauf der Fokus des Autors ruht: Erste Adressatinnen und Adressaten dieses Konzepts sind die Kinder und Jugendlichen an der Schule (dies erläutert er recht spät im Text, S. 132 133). Jedoch geht es zugleich darum, „die Schule als Ganzes zu durchdringen und nicht bloß auf die Schüler hin aktiv zu werden“ (S. 118). Das bringt der ganzheitliche Ansatz der ignatianischen Spiritualität mit sich.
In Kapitel 1: Allgemeine Entwicklung und religiöse Bildung Heranwachsender zeichnet Ph. Görtz die (religions-) psychologischen Theorien zur Entwicklung junger Menschen nach. Hier fallen die Namen der bekannten Klassiker, welche prägnant vorgestellt und in den heutigen Forschungsstand eingeordnet werden. Allerdings lässt die Darstellung der Entwicklungsaufgaben Elemente heutiger Realität unberücksichtigt, wie die Frage der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft (vgl. S. 19; 23) oder das Aufwachsen von Kindern in zerrütteten oder Patchwork-Familien (vgl. S. 20 22).
Kapitel 2: Grundsätzliches zur Schulpastoral setzt sich kritisch-konstruktiv mit den relevanten Grundlagentexten auseinander, dem Dokument „Schulpastoral“ der Vereinigung der Deutschen Ordensoberen 1990, dem gleichnamigen Text der Deutschen Bischöfe 1996 und den zehn Studieneinheiten „Fort- und Weiterbildung Schulpastoral“ des Würzburger Fernkurses aus der Zeit ab 1997. Darauf folgen hilfreiche Begriffsklärungen: Schulpastoral als umfassender und technischer Begriff des Hirtendienstes einerseits und Schulseelsorge als konkrete Form der Zuwendung andererseits. Die grundsätzliche Definition: „Schulpastoral/Schulseelsorge [ist] weder Religionsunterricht […] noch Schulsozialarbeit und auch nicht schulpsychologischer Dienst. [… Sie] ist Lebenshilfe durch Vermittlung von Glaubenserfahrung […] ganz nach dem Vorbild und der Maßgabe Jesu.“ (S. 61) dürfte manche Diskussion in den Religionsfachschaften entlasten. Auch die folgenden Abschnitte, die treffsicher das systemtheoretische, schulpädagogische und theologische Fundament der Schulpastoral benennen, verdienen es, bei der Erstellung zukünftiger Konzepte berücksichtigt zu werden.
Kapitel 3: Jesuitische Erziehung und ignatianische Pädagogik referiert und bewertet zwei Grundsatzdokumente des Jesuitenordens aus den Jahren 1986 und 1993. Wer mit den Geistlichen Übungen des hl. Ignatius von Loyola vertraut ist, wird die auf den Bildungskontext durchbuchstabierten Prinzipien der Exerzitien wiedererkennen. Angesichts der gegenwärtigen Bildungsdebatten regt das Leitbild ignatianischer Pädagogik zum Nachdenken – und Nachahmen! – an: „Das letztendliche Ziel jesuitischer Erziehung ist […] jenes vollständige Wachstum der Person, das zum Handeln führt – insbesondere zu einem Handeln, das von dem Geist und der Gegenwart Jesu Christi, des Sohnes Gottes und des Menschen-für-andere, durchdrungen ist“ (S. 84).
Kapitel 4: Konzeption ignatianischer Schulpastoral buchstabiert die bereits erläuterten Prinzipien durch, die sich aus dem jesuitischen Bild vom Menschen und seiner Gottesbeziehung ergeben. Um einen knapp gehaltenen Abriss der heutigen schulischen bzw. Lebens-Wirklichkeit ergänzt, wiederholen sich die Spezifika ignatianischer Pädagogik z.B. in den Gestaltungsprinzipien: Subjekt- bzw. Prozessorientierung oder Partnerschaftlichkeit. Von daher votiert Ph. Görtz dafür, Schulpastoral als diakonischen Vollzug im Lebensraum Schule zu verstehen (vgl. S. 119). Im Grundsätzlichen bleibt er mit seiner Formulierung der Ziele und Inhalte, Handlungsfelder und Realisierungsformen von Schulpastoral. So erreicht er das im Vorwort formulierte Ziel, dass Alle „die sich im Bereich von Schulpastoral engagieren und die sich für eine ignatianische Akzentuierung ihrer Arbeit und ihres Dienstes interessieren“ (S. 10), in aller Freiheit des Geistes das übernehmen können, was ihnen zum ignatianischen „magis“, dem „Mehr“ verhilft.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Projektstelle Schulpastoral, Sr. Dr. Jeremia Kraus OSB
Du bist immer da. Kinder der Welt sprechen mit Gott
Offner, Markus (Hg.): Du bist immer da. Kinder der Welt sprechen mit Gott. Aachen: Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ 2013, 46 S.
Um ihre Verbundenheit im Gebet besonders deutlich zu machen, wurden Kinder aus aller Welt vom Aachener Missionswerk eingeladen, ein persönliches Gebet aufzuschreiben. Eine Auswahl davon ist in diesem Band zusammengefasst. Die Texte spiegeln die Sorgen und Nöte, aber auch die Freuden und Hoffnungen von Kindern eindrucksvoll wider.
Mehr als 300 Kinder aus 25 Ländern in Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika sind der Einladung des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“ gefolgt. So ist eine Sammlung von insgesamt 56 Gebeten entstanden. Aus ihnen spricht fast durchgehend ein beeindruckend unbefangenes und tiefes Vertrauen zu Gott.
Erfreulich ist, dass sehr viele der Kinder auch Freundinnen, Freunde und Familienmitglieder in ihre Gebete mit einbeziehen, also keineswegs nur an eigene Anliegen und Bedürfnisse denken. Besonders intensiv sind die Gebete um Hilfe und Schutz aufgrund von widrigen Lebensumständen wie Krankheit, Hunger, Obdachlosigkeit, Naturkatastrophen, dem Getrenntsein von Familienmitgliedern oder Gewalterfahrungen in der Familie. Hierbei wird deutlich, dass vor allem die Kinder aus Ländern der südlichen Hemisphäre unter oft sehr belastenden Lebensbedingungen aufwachsen müssen.
Somit kann ein solches Kindergebet als Einstieg in eine Stunde zum Thema „Eine Welt“ dienen, um Schülerinnen und Schüler hierzulande für die Situation von Gleichaltrigen in Krisengebieten der Erde und für die Notwendigkeit sozialer Gerechtigkeit zu sensibilisieren – zum Beispiel in Verbindung mit den alljährlichen Dokumentarfilmen von Willi Weitzel („Willi will’s wissen“) aus dem jeweiligen Land, für das die Einnahmen der „Sternsinger“ primär bestimmt sind. Auch diese Sternsinger-Kinder sind in einige der Gebete des Buches ausdrücklich einbezogen, was eine große Dankbarkeit und Verbundenheit mit ihnen erkennen lässt.
Überhaupt finden Lob, Preis und Dank in vielen Gebeten der Kinder Platz, was deutlich macht, dass sie trotz aller Not auch viel Schönes und Bewahrenswertes in ihrem Leben wahrnehmen sowie ausdrücklich anerkennen. Demnach können ihr Lebensmut und ihre Zuversicht für die Kinder der westlichen Industriegesellschaften (die in diesem Band nicht vorkommen) durchaus beispielgebend sein.
Die Kindergebete geben darüber hinaus Schülerinnen und Schülern Denkanstöße, wofür sie selbst danken und worum sie selber bitten können. Die schwarzen, scherenschnittartigen Illustrationen von Matthias Adolphi vertiefen die Gebetsaussagen und vermitteln zudem faszinierende Eindrücke des Landes, aus dem das jeweilige Kind stammt. Sinnvoll könnte auch sein, eines oder zwei der vorkommenden Länder auszuwählen und vertieft zu behandeln, gerade in Zusammenarbeit mit Lehrpersonen des Fächerverbundes „MeNuk“ oder im Rahmen einer Projektwoche.
Bei allen Unterschieden machen die Gebete vor allem eines deutlich: Die Sehnsüchte und Ängste der Kinder, aus welchem Land oder Kontinent sie auch immer stammen, sind einander sehr ähnlich: nach Schutz, Geborgenheit, Wohlbefinden und liebevoller Zuwendung.
Weitere Informationen zu den Kindern und ihren Heimatländern finden Sie hier.
Das Buch ist unter der Nr. 2140141 in der Mediathek Freiburg und in einigen Religionspädagogischen Medienstellen der Erzdiözese Freiburg entleihbar.
Weitere Informationen (auch zur Bestellung des Buches) erhalten Sie hier.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
„Erziehen ohne Religion“
Erziehen ohne Religion. Argumente und Anregungen für Eltern, von Ulrike von Chossy und Michael Bauer, Reinhardt-Verlag, München (September) 2013, 146 Seiten, ISBN 978-3-497-02367-7
Die Autorin und der Autor sind Mitglieder des Humanistischen Verbandes. Das geben sie selbst bei den personenbezogenen Daten auf dem Buch an. Frau Dipl.-Sozialpädagogin Ulrike von Chossy leitet die Humanistische Grundschule Fürth. Herr Michael Bauer ist Dipl.-Politologe, M.A. und Vorstand des Humanistischen Verbandes Deutschland/Landesverband Bayern.
Die Autoren haben versucht, das Buch in einem sachlichen Ton zu halten. Im Vorwort des emeritierten Entwicklungspsychologen Rolf Oerter heißt es: „Erziehen ohne Religion heißt nicht, Religionen zu verunglimpfen, sondern ihren Stellenwert in der Menschheitsgeschichte zu respektieren.“ (S. 8) Er schreibt weiter „So plädieren die Autoren dafür, sich durchaus mit Religionen auseinanderzusetzen, ihre historische Bedeutung im Guten wie im Schlechten kennenzulernen und ihren Einfluss auf die Alltagsprache bewusst zu machen.“ (S. 8) Diese Ansage im Vorwort wird im Buch allerdings nicht eingelöst.
Kirchliche Privilegien bei Pädagogischen Einrichtungen
Immer wieder werden die sogenannten Privilegien der Religionsgemeinschaften (insbesondere der christlichen Kirche) so dargestellt, dass sie angeblich zu Benachteiligung anderer führen und historisch so entstanden seien, dass die Kirche ihre Macht übergriffig eingesetzt hätte, so z.B. in der Entwicklung, dass es überhaupt kirchliche pädagogische Einrichtungen gibt: Das „`Subsidiaritätsprinzip´ ist in der katholischen Soziallehre verankert und hat von dort in die Politik ausgestrahlt.“ (S. 100). Die historische Entwicklung, dass nach den Erfahrungen der Nazi-Diktatur in Deutschland verhindert werden sollte, dass pädagogische Einrichtungen „gleichgeschaltet“ werden können, und daher eine Trägervielfalt aufgebaut werden sollte, wird nicht erwähnt. Die Verfasser rufen dazu auf, gegen den Ausbau des Engagements von Kirchen als Träger pädagogischer Einrichtungen vorzugehen: „Versuchen Sie doch politisch darauf einzuwirken, das zumindest bei neuen Kitas nicht abermals kirchliche Träger zum Zuge kommen.“ (S. 105) Ebenso wird in Bezug auf den Religionsunterricht argumentiert, der angeblich sogar innerhalb der Kirche „als ein veraltetes Privileg der Kirche betrachtet *wird+, das mit Recht in die gesellschaftliche Kritik gerät.“ (S. 41)
Religiöse Vorstellungen als Relikte aus alten Zeiten
Bemerkenswert an dem Buch ist gerade der vermeintlich sachliche Ton. Er zeigt das Bemühen der Autoren, über die Nennung von Rechten aus dem Grundgesetz und die Einbeziehung von Ergebnissen wissenschaftlicher Forschungen (z.B. Hirnforschung) einen Klang zu erzeugen, der darauf schließen lässt, dass religiöse Bildung und religionspädagogische Arbeit Relikte aus alter (kirchlich dominierter) Zeit seien, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen längst überholt seien (vgl. S. 34 ff). Religionsfreie Menschen bräuchten keine „konfessionelle Bevormundung. Sie deuten die Welt ohne Götter, Geister oder andere unsichtbare Wesen. Sie gehen davon aus, dass es in der Welt mit rechten Dingen zugeht – ohne Wunder, ohne jungfräuliche Geburten und ohne Himmel und Hölle, auch ohne ein Weiterleben nach dem Ende unserer natürlichen Existenz.“ (S. 10f).
Es wird nicht erwähnt, dass Kinder außer nach wissenschaftlichen Erklärungen bei den meisten Themen auch nach dem Warum und dem Sinn fragen und nicht nur nach dem Wie. Dass Kinder genau dafür eine domainspezifische Sprachkompetenz eben auch für religiöse Themen benötigen, wird bestritten. Die Verfasser berufen sich auf Autoren wie Siebert, der ausdrücklich „den Widerspruch zwischen Absolutheitsanspruch von Religion und der Konstruktion individueller
Weltbilder“ (S. 46) betont. Religionskundliche Auseinandersetzung mit Religionen heißen die Autoren allerdings gut.
Tod und Trauer
Die Auseinandersetzung der Autoren mit dem Umgang von Tod und Trauer regt zwar zu vielen hilfreichen Ritualen an, aber die Fragen nach dem Woher und dem Wohin des menschlichen Lebens, die Kinder umtreiben, werden nicht aufgegriffen. Es soll keinen „falschen Trost“ (S. 78) geben.
Religionslose Festkultur
Zur Festkultur im Familienalltag werden Begrüßungsrituale, Geburtstagsfeiern und eine Jugendfeier als Initiationsritus empfohlen (vgl. S. 81-91). Als Fest im Jahreslauf geben die Autoren Sommersonnwende und Welthumanistentag an, Lichtfeste, Tag- und Nachtgleichen oder den Darwin-Day (vgl. S. 91-95). All die anderen christlichen Feste sollte man, auf ihr Brauchtum reduziert, als Familie auch mitnehmen: „Ostern, Weihnachten, Nikolaus, Halloween – das alles sollten Sie auch feiern, natürlich! Geburtstage sowieso. Ostereier, Weihnachtsbäume und Geschenke – wer will schon darauf verzichten? Die religiösen Inhalte mancher dieser Feste können für den Hausgebrauch verweltlicht werden“ (S. 94).
Bei der Frage nach der Wahl des Kindergartens und dem Umgang mit dem RU an der Schule sind dann auch die Anregungen der Autoren erwartbar.
Kindertageseinrichtungen
Eltern sollen keinen konfessionellen Kindergarten wählen: „Religionsfrei Eltern werden in aller Regel ihre Kinder kirchlichen Einrichtungen nicht anvertrauen wollen. Denn in einer Kita mit religiös grundiertem Konzept wird das Kind nahezu zwangsläufig in religiösem Sinn beeinflusst werden. Falls es also keine andere Wahl gibt, stellen kirchliche Kitas Eltern, die ihre Kinder religionsfrei erziehen wollen, vor ernsthafte Probleme. Falls es keine Alternative gibt, dann sollen sie das Konzept der Einrichtung in Bezug auf den Bereich der religiösen Bildung hinterfragen und weitere religionslose Eltern in der Einrichtung als Mitstreiter gegen die religiöse Beeinflussung der Kinder suchen.“ (S. 104)
Religionsunterricht und Religion an der Schule
Beim Religionsunterricht (RU) wird darauf hingewiesen, dass Kinder vom RU abgemeldet werden können und gleichzeitig einen Anspruch auf alternativen Unterricht haben. Im Schulalltag meinen die Verfasser „übergriffiges religiöses Verhalten im Schulalltag“ (S. 128) auszumachen. So betrachten sie auch die Fragen um das Kreuz in der Schule (S. 125 ff.), um Schulgottesdienste oder um Beginn- und Abschiedsrituale (S. 122 und S. 129 ff), die alle als „bedenkenloses Überstülpen von religiösen Inhalten in Unterrichtsfächern *bezeichnet werden+, wo sie nichts verloren haben.“ (S. 128). Den Umgang mit Religion im Bildungssystem Deutschlands halten die Autoren für „organisierte Ungerechtigkeit: Nur wer das Richtige glaubt, bekommt, was er braucht. Das ist eine häufige Folge der Privilegierung von Religionsgemeinschaften im Bildungswesen – von der Kita bis zur Schule. Sie dominieren soziale Trägerschaften und Werteunterrichte, und ihre Symbolwelt prägt sich im Schulleben auch der öffentlichen Schulen aus.“ (S. 40)
In beiden Argumentatinssträngen wird nicht beachtet, dass die Bildungspläne sowohl für den RU, wie auch für die religiöse Bildung im Elementarbereich vorsehen, dass Kinder und Jugendliche sprachfähig werden, um sich über religiöse Fragen und Fragen zur Religion ausdrücken und um einen eigenen Standpunkt finden zu können.
Alternativen zum Religionsunterricht und Wertevermittlung
Bemerkenswert ist noch, dass die Verfasser als alternativen Unterricht zum RU die Humanistische Lebenskunde vor dem Ethikunterricht und dem Schulfach Philosophie empfehlen: „Ein ausdrücklich weltlich-humanistisches Wertefach gibt es als „Humanistische Lebenskunde“ in Berlin und Brandenburg. … Im Lebenskundeunterricht werden den Kindern grundlegende Prinzipien humanistischer Lebensorientierung wie z.B. Freundschaft, Toleranz und Gleichberechtigung vermittelt und somit eine ethisch bestimmte Form der Wirklichkeitsbetrachtung und –bewältigung ohne Rückgriff auf religiöse Deutemuster aufgezeigt. Anknüpfend an wissenschaftliche Erkenntnisse befasst sich der Lebenskundeunterricht mit den moralischen Konsequenzen des Handels für uns und andere Lebewesen“ (S. 117).
Dabei bleibt ungeklärt, wie sich die „grundlegenden Prinzipien humanistischer Lebensorientierung“ letztlich begründen lassen. Sie schreiben, „dass man Werte und Tugenden nicht religiös aufoktroyieren, sondern durch kritisches Nachdenken gemeinsam aufbauen sollte“ (S. 7). Einen Begründungsversuch für Werte starten die Autoren mit dem Rückgriff auf die Naturwissenschaft: „Durch biologische Forschung wissen wir, dass der Mensch als soziales Wesen natürlicherweise auf Kooperation hin ausgelegt ist. Der Grund dafür liegt in der Evolution begründet. …“ (S. 17). Dass man aber vom Sein nicht aufs Sollen schließen kann, bedenken die Autoren nicht und begehen so den sogenannten naturalistischen Fehlschluss.
Die Autoren vertreten die Meinung, dass im RU und in konfessionellen Kindergärten, Kinder religiös beeinflusst werden. Sie meinen damit Manipulation. Sie möchten, dass ausschließlich religionslose Menschen Kinder und Jugendliche auf der deskriptiven Ebene mit Religion in Kontakt bringen.
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg, Referat Elementarpädagogik, Heike Helmchen-Menke
Die Weltreligionen Kindern erklärt
Monika und Udo Tworuschka, Die Weltreligionen Kindern erklärt, Gütersloh 2013, 242 Seiten, ISBN 978-3-579-06604-2
Monika und Udo Tworuschka sind Religionswissenschaftler – Praktiker und Theoretiker zugleich. Udo Tworuschka war Professor für Religionswissenschaft an der Universität in Jena. Die beiden erklären die großen Weltreligionen für Kinder. Um es gleich vorweg zu sagen: von diesen Erschließungen profitieren auch Erwachsene. Die Informationen zu Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus bieten eine erste Einführung und einen guten Überblick über die jeweiligen Religionen. Jede Religion wird nach folgenden Gesichtspunkten erläutert: Vielfalt innerhalb der Religion, Heilige Orte, Glaubensinhalte und Gebete, Heilige Schrift, Gemeinschaftsfeste, Lebensphasen bezogene Feste, und ethische Inhalte der jeweiligen Religion. Dabei erzählen auch Kinder von ihren Erfahrungen mit ihrer Religion und wie sie z.B. religiöse Feste persönlich erlebt haben. Eltern, pädagogisches Fachpersonal und natürlich Kinder finden in diesem Buch die wesentlichen Informationen, die sie benötigen, um einen Einblick in die Religionen und die lebenspraktischen Konsequenzen für die Lebensführung der Menschen, die der jeweiligen Religion angehören zu bekommen. So lassen sich Unterschiede zwischen den verschiedenen Religionen erkennen und vor allem verstehen. Mit diesem Verstehen kann Toleranz gegenüber Menschen mit anderer Religionszugehörigkeit wachsen. Damit leisten die Autoren einen großen Dienst für das Zusammenleben in unserer religiös pluralen Gesellschaft.
Das Buch ist eine Neuausgabe des 2002 erschienen gleichnamigen Buches der beiden Autoren, die dafür mit dem italienischen Friedenspreis »Premio Satyagraha« ausgezeichnet wurden. Die jetzt aktualisierte, ergänzte und neu gestaltete Ausgabe ist mit Wimmelbildern und Zeichnungen des Illustrators Guido Wandrey und mit Farbfotos von Kindern, die religiöse Symbole oder Handlungen zeigen ausgestattet.
Obwohl sich das Buch an Schulkinder wendet, ist es wegen seiner Eignung als Orientierungsbuch für pädagogische Fachkräfte auch für Kindertageseinrichtungen unbedingt empfehlenswert.
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg, Referat Elementarpädagogik, Heike Helmchen-Menke
Das Recht des Kindes auf Religion
Friedrich Schweitzer, Das Recht des Kindes auf Religion, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013 ISBN: 978-3-579-08500-5, 224 Seiten
Friedrich Schweitzers wichtiges Buch „Das Recht des Kindes auf Religion“ ist in einer überarbeiteten Neuauflage (August 2013) erschienen. Es ist ein gut begründetes Plädoyer für religiöse Bildung und Erziehung von Kindern. Sein Anliegen, Kindern eine Begleitung auch in religiösen Fragen nicht vorzuenthalten, hat seit dem ersten Erscheinen des Buches im Jahr 2000 nichts an Aktualität eingebüßt.
Der evangelische Tübinger Professor für Religionspädagogik hat das Buch mit Verweisen auf neuere Literatur aktualisiert. Vor allem hat er dem Werk zwei wichtige neue Kapitel hinzugefügt: „Neuer Streit um religiöse Erziehung“ klärt, wie Kinder von religiöser Erziehung und Bildung profitieren: Stärkung der Vertrauensbildung, Widerstandskräften (Resilienz), Werteentwicklung und Ich-Stärke; Eröffnen von Symbol- und Bilderwelten; Ermöglichung von Sinnerfahrungen. Zudem ermöglicht die Fähigkeit über Religion zu sprechen und sich darin auszukennen den Dialog mit anderen Religionen. Das ist für den Frieden in unserer multireligiösen Gesellschaft von Anfang an wichtig.
Der Autor arbeitet auch auf, dass Fehlformen religiöse Erziehung bei Menschen die Entwicklung teilweise erheblich belastet haben. Das darf allerdings nicht dazu führen, dass religiöse Fragen der Kinder in der Entwicklung einfach ausgeklammert werden. Das führt lediglich zu einem „religiösen Kasper Hauser Syndrom“. Kinder brauchen aber dringend Kompetenzen, um sich in der Welt der Religion und der Religionen zurecht zu finden. Im Kapitel über die Praxis der religiösen Erziehung beschreibt Schweitzer die Möglichkeiten des Theologisierens und Philosophierens mit Kindern, er zeigt die Weite von biblischen Erzählungen auf und erschließt, dass das Gebet Kindern Erfahrungen von Stille, Vertrauen, Geborgenheit und Hoffnung eröffnen kann.
Schweitzer zeigt eindrücklich, dass nur eine pädagogische Begleitung von Kindern eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung ermöglicht, die von Anfang an keine Bereiche der Entwicklung ausklammert – eben auch nicht die religiöse Dimension, die mit der Entwicklung des kindlichen Weltbildes insgesamt verbunden ist. Konsequenterweise hat der Autor daher ein Kapitel zur Frühpädagogik neu aufgenommen. Er klärt am „Testfall Kindergarten“, dass die religiöse Bildung unabhängig von der Trägerschaft in allen Tageseinrichtungen für Kinder ein Teil des Bildungsauftrags ist. Unterstützung findet dieses Anliegen in den Bildungsaufträgen, die die Länder in ihren Bildungsplänen für den Elementarbereich erstellt haben. Ebenso ist dieses Recht in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen verankert. Deren Auftrag, Kindern eine spirituelle Entwicklung zu ermöglichen, ist bis heute auch in Deutschland noch nicht überall eingelöst.
Das empfehlenswerte Buch richtet sich an Eltern und pädagogische Fachkräfte (Erzieherinnen und Erzieher).
Mehr Infos finden Sie hier.
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg, Referat Elementarpädagogik, Heike Helmchen-Menke
Picknick in der Badewanne
Vollmer, Elisabeth: Picknick in der Badewanne. 24 Vorlesegeschichten für die ganze Familie. ISBN: 978-3-86591-902-1. München: Gerth Medien 2014, 155 S.
Familienleben ist schön, aber manchmal auch anstrengend. Die 24 Vorlesegeschichten von Elisabeth Vollmer geben interessante und unterhaltsame Einblicke, was bei den Schreibers und ihren drei Kindern Lena, Silas und Julia so alles geschieht: beim gemeinsamen Abendessen, bei Familienfesten, dem Großelternbesuch oder im Urlaub.
Die Geschichten des Bandes machen Mut und geben Zuversicht im Hinblick auf ein gelingendes Zusammenleben. Dies liegt zunächst einmal an der Heiterkeit und Leichtigkeit, mit der sie erzählt sind. Immer wieder kommt (auch hintergründiger) Humor zum Vorschein, vor allem aber echtes gegenseitiges Interesse der agierenden Personen und aufrichtiges Mitgefühl. In diesen Familiengeschichten misslingt zwar auch manches, jedoch tut keiner etwas mit wirklich böser Absicht, wüste gegenseitige Beschimpfungen bleiben aus und alle Konflikte renken sich dank der Bemühungen der Akteurinnen und Akteure stets auch bald wieder ein. Zwar ist dies (leider) nicht repräsentativ für alle Familien, vermittelt auf der anderen Seite aber viele gute Anregungen für ein phantasievolles, erfreuliches und vielleicht sogar glückliches Miteinander.
Das Buch eignet sich neben dem Vorlesen auch zum freien Nacherzählen, wobei es ratsam ist, dabei viele der schönen, teilweise auch originellen Redewendungen zu übernehmen. Aufgrund der häufig verwendeten direkten Rede dürften die Geschichten auf die meisten Kinder kurzweilig und lebendig wirken. Spätestens ab dem dritten Schuljahr können Mädchen und Jungen das Buch auch problemlos selbst lesen.
Inhaltlich hängen die 24 Geschichten (eine schöne Parallele zu der Anzahl der Türen eines Adventskalenders!) nur lose miteinander zusammen, auch wenn stets dieselben Personen (oder ein Teil von ihnen) darin vorkommen: neben wechselnden Freundinnen, Freunden und Verwandten ist dies die Familie Schreiber: namentlich Mutter, Vater, zwei Töchter und ein Sohn. Die Kinder sind alle jünger als zwölf Jahre und eignen sich somit gut als Identifikationsfiguren für Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter.
Sehr hilfreich ist, dass jede Geschichte mit einer Verständnisfrage zu Text, einer Gesprächsanregung und einem Aktionsimpuls endet. Dies unterstützt die Kinder dabei, das jeweilige Kernthema einer Geschichte herauszufinden und hilft beim Übertrag auf die jeweils eigene Lebenssituation, gerade im Hinblick auf anstehende Konflikte. Zudem ist es möglich, diese Anregungen auch als Lernimpulse zu verwenden, wenn man die eine oder andere der Geschichten im Religions- oder Deutschunterricht behandeln möchte. Die Erzählungen können auch in anderer Reihenfolge gelesen und besprochen werden, ohne dass dies den Verstehenszusammenhang beeinträchtigt.
In manchen der Geschichten wird auch ein direkter Bezug zu Gott hergestellt – etwa wenn es um Dankbarkeit für schöne Erlebnisse, um Angst in gefährlichen Situationen oder die Sehnsucht nach tiefer Geborgenheit geht. Dies geschieht jedoch stets dezent und behutsam, ohne den Kindern damit zu nahe zu treten. Auch lassen sich gut Verknüpfungen zu biblischen Geschichten oder manchen Gleichnissen Jesu herstellen.
Aufgrund ihres ruhigen Erzähltons und der nur selten dramatischen Inhalte eignen sich die Erzählungen des Buches fast ausnahmslos als Gute-Nacht-Geschichten, zum Beginn oder zur Beendigung eines Schulmorgens oder auch für den Kindergottesdienst.
Alles in allem lassen sie darauf hoffen, dass ein gutes und frohes Familienleben vielleicht gar nicht so schwer zu verwirklichen ist, wie es oftmals den Anschein hat.
Das Buch ist unter der Nr. 214088 in der Mediathek Freiburg und einigen Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums Freiburg entleihbar.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Sprachkompetenz durch Kamishibai-Erzähltheater
Schüler, Holm: Sprachkompetenz durch Kamishibai-Erzähltheater. Dortmund: KreaShibai 22011, 70 S.
Die Publikation gibt wertvolle didaktische und methodische Hinweise zum Erzählen von Geschichten mit Hilfe eines Kamishibai-Theaters. Die Inhalte des Heftes sind eng mit der Vermittlung christlicher Werte und den Anforderungen eines kompetenzorientierten Unterrichts verknüpft.
Der Autor informiert zunächst über die japanische Herkunft des Kamishibai-Theaters; danach gibt er eine umfassende Einführung zu dessen technischer Handhabung. Hierbei werden auch die beiden Ausführungen der Holzrahmen im DIN A3- oder DIN A4-Format vorgestellt: „multi“ (mit Klappen an den Seiten, aber nur zur Präsentation von Bildern im Querformat) und „classic“ (ohne Klappen, aber Quer- und Hochformat möglich). Sehr nützlich sind die Empfehlungen zur Ausgestaltung der „Bühne“ mit schwarzer Tischdecke und kleinem Scheinwerfer- oder Kerzenlicht. Auch weist der Verfasser auf verschiedene Variationsmöglichkeiten hin: Zum Erzählen können sowohl Drucke von Kunstbildern als auch eigens für das Kamishibai angefertigte Bilderserien verwendet werden. (Über 20 solche, meist elfteilige Bilderfolgen zu Festen des Kirchenjahres, Heiligenbiographien, Geschichten aus dem Alten Testament, Gleichnissen Jesu und Begegnungsgeschichten aus den Evangelien können in der Mediathek Freiburg ausgeliehen werden.) Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass auch Schatten-, Stab- oder Handpuppenspiele auf der „Kamishibai-Bühne“ möglich sind.
Viele, teilweise farbige Abbildungen (auch zur dekorativen Gestaltung der beiden Klappen) veranschaulichen sehr gut die Ausführungen des Autors und motivieren dazu, die vorgestellten Darstellungsmöglichkeiten im eigenen Unterricht auszuprobieren. Neu sind die Anregungen zu Meditation und Stilleübungen mithilfe des Kamishibai-Theaters und dafür geeigneten Bildern. Der thematische Schwerpunkt des Heftes liegt aber zurecht auf dem Erzählen von Bildergeschichten. Sehr bedenkenswert sind die „Zehn Tipps für Erzählende“ (S. 31 f.) und die Ausführungen zu einer Erzählwerkstatt, welche sich besonders für eine Gruppenarbeit mit jeweils fünf Schülerinnen und Schülern eignet und neben der sprachlichen auch die soziale Kompetenz der Kinder fördert.
Darüber hinaus wird deutlich, dass das Kamishibai-Theater auch den Anforderungen eines handlungsorientierten Deutsch- und Religionsunterrichts gut entspricht: Die Schülerinnen und Schüler können auch selber angefertigte Zeichnungen, Bilder oder Bilderserien in dem Holzrahmen präsentieren, die „Bühne“ dazu nach eigenen Ideen gestalten und den anderen Kindern ihre (unter Umständen auch selbsterfundene) Geschichte erzählen, während sie ihnen ihre Bilder zeigen.
Konkrete Lernimpulse finden sich einmal zum Trost-Märchen „Das hässliche junge Entlein“ von Hans Christian Andersen (1805-1875), mit acht Umrisszeichnungen als Kopiervorlagen. Zum anderen werden eine vierteilige Bilderfolge zur Heilung des blinden Bartimäus durch Jesus (nach Matthäus 10,46–52) und ausführliche Arbeitsanweisungen dazu vorgestellt.
Obwohl in der Publikation spirituelle Impulse (Gebete, Lieder, kurze Meditationstexte und Hinweise auf geeignete Musikstücke) weitgehend fehlen, ist sie für den Religionsunterricht eine wichtige Bereicherung. Viele der Lernimpulse lassen sich problemlos auch auf andere biblische Erzählungen übertragen. Erfahrungsberichten zufolge ist außerdem die Arbeit mit diesem Medium bei Kindern, auch schon im Vorschulalter, äußerst beliebt.
Weitere Informationen erhalten Sie hier.
Kamishibai-Holzrahmen und -Bilderserien sind sowohl in vielen Religionspädagogischen Medienstellen des Erzbistums Freiburg als auch in der Mediathek Freiburg (Nr. 2140034) entleihbar. Holzrahmen im DIN-A-3- und DIN-A-4-Format, etwa 30 für Kindergärten, Kindertagesstätten und Grundschule geeignete Bilderserien und weitere Zusatzmaterialien können beim Don-Bosco-Verlag und beim KreaShibai-Verlag bestellt werden.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Rituale und Stilleübungen für den Religionsunterricht
Kurt, Aline: Rituale und Stilleübungen für den Religionsunterricht. Mühlheim: Verlag an der Ruhr 2013, 112 S.
Die Autorin hat in dieser Publikation vielfältige Ideen zu Ritualen für den Stundeneinstieg und den Stundenausklang sowie zahlreiche Stilleübungen zusammengestellt.
Gerade solche Rituale, die Ruhe, Stille und Besinnung ermöglichen, sind für Kinder oft besonders hilfreich und entspannend. Diesem Bedürfnis trägt die Autorin Rechnung, indem sie jeweils 16 Rituale für den Beginn und das Ende einer Religionsstunde vorstellt. Die meisten dieser jeweils mit einer Altersempfehlung versehenen Übungen lassen sich in nur wenigen Minuten und ohne großen Vorbereitungsaufwand durchführen. Viele dieser Rituale können dazu dienen, das Vertrauen zueinander und auch zu Gott zu stärken. Bei Übungen, die Körperkontakt erfordern, wird darauf hingewiesen, dass diese nur unter bestimmten Umständen empfehlenswert sind und Sensibilität für die jeweilige Situation erfordern. Sinnvoll sind gerade diejenigen Impulse, welche den Kindern helfen, sich ihre jeweilige Grundbefindlichkeit bewusst zu machen und ungute Gefühle zu überwinden. Auch der gegenseitige Zuspruch und das Wohlwollen der Kinder untereinander werden gefördert und unterstützt, zum Beispiel durch die Übung „Das wünsch ich dir“ (S. 40).
Besonders gut gelungen sind die Textkarten mit Fürbitten (S. 46/47). Diese können zudem hilfreiche Vorgaben für das Verfassen eigener, kurzer Bittgebete sein. Auch die kurzen Segenssprüche (S. 50) sind sehr ansprechend und bereits Schülerinnen und Schülern der ersten beiden Jahrgangsstufen gut verständlich. Die Vorschläge für kurze Rückmeldungen am Ende einer Unterrichtsstunde können der Lehrperson wichtige Hinweise über Motivation und Vorlieben (etwa in Bezug auf bestimmte Methoden) der Kinder geben. Einige Ideen sind auch gut für die Schulpastoral geeignet (etwa die Erstellung eines gemeinsamen Gebetbuches oder der Freude- und Kummerkasten). Stilleren Kindern dürfte entgegenkommen, dass einige der Rituale, etwa kurze Schreibaufgaben, Einzelarbeit erfordern.
Für die Arbeit mit den Liedern gibt die Autorin sinnvolle und interessante Anregungen, zum Beispiel Bewegungsformen oder das Begleiten mit einfachen, selbstgebastelten Rhythmusinstrumenten.
Besonders originell ist der „Reli-Rap“ auf S. 68, der die Schülerinnen und Schüler zum Schreiben weiterer, eigener Strophen einlädt.
Für die Bildmeditationen im zweiten Teil der Publikation sind schöne und kindgemäße Schwarz-Weiß- Fotografien ausgewählt; diese könnten jedoch etwas größer sein und kämen als farbliche Abbildungen noch etwas besser zur Geltung. Die Impulse für die Objektmeditationen zu den Thema „Kreuz“, „Kerze“ und „Brot“ und vor allem die Fantasiereisen am Ende der Publikation (zu den Symbolen „Wasser“, „Baum“ und „Weg“) sind kindgerecht verfasst und für alle vier Jahrgangsstufen geeignet. Die verwendeten Bibelzitate (Psalmworte, Jesus-Worte, kurze Gleichnisse, Heilungsgeschichten) werden von der Autorin in einer sehr gut verständlichen Sprache formuliert.
Eher ungeeignet für die Grundschule sind lediglich die ausgewählten Naturwunder (Sturmstillung, Gang Jesu auf dem See Gennesaret).
Besonders schön ist die Idee, ein gemeinsames Naturmandala zu legen (S. 91). Weitere Stilleübungen ähnlicher Art, die im Rahmen eines kurzen Lerngangs durchgeführt werden können, wären eventuell noch sinnvoll gewesen.
Insgesamt ist das Buch in jedem Fall eine Fundgrube mit einer großen Vielfalt von Übungen, um Kindern zu größerer Ausgeglichenheit und Konzentration zu verhelfen sowie ihr kreatives Potenzial zu entfalten. Auch den Anforderungen eines Lernens mit allen Sinnen wird Rechnung getragen. Weiterhin können viele der vorgestellten Methoden ohne großen Aufwand auch auf andere Symbole oder Inhalte übertragen werden.
Weitere Informationen erhalten Sie hier.
Institut für Religionspädagogik Freiburg, Referat Grundschule, Josef Gottschlich
Ganzheitliche Methoden in der Schulpastoral
Ganzheitliche Methoden in der Schulpastoral, hrsg. v. Ludwig Rendle, Kösel 2013, 398 Seiten, ISBN 978-3-466-36885-3.
Welcher Religionslehrerin, welchem Religionslehrer kommt nicht sofort der rasch zum Klassiker gewordene Band: „Ganzheitliche Methoden im Religionsunterricht“, vom selben Herausgeber publiziert, in den Sinn? Der Wiedererkennungseffekt ist sicher intendiert – doch sei die Frage erlaubt, ob es in der Schulpastoral „Methoden“ gibt und ob schulpastorales Handeln überhaupt anders als „ganzheitlich“ sein kann (vgl. auch L. Rendle, S. 9).
Zwar ist das Buch – anders als es der Titel suggerieren mag – keine Sammlung von „[f]ix und fertige[n] Vorschläge[n]“ (S. 10) für gelingende schulpastorale Projekte, doch dürfte es bald zu einem Vademecum für alle werden, die sich in den nächsten Jahren mit schulpastoralen Konzeptionen befassen. Denn der Sammelband bietet sowohl Anregungen zu den unterschiedlichen Aufgabenstellungen des schulischen Alltags als auch grundsätzliche Artikel zu Fragen der Schulpastoral. Er trägt damit nicht einfach Dokumentationen gelungener Projekte zu Markte, sondern achtet auf ihre Einbettung in den gegenwärtigen schulischen Kontext bzw. die Fachdiskussionen.
Ein weiteres großes Plus ist, dass alle Schularten und Altersstufen vertreten sind und die referierten Beispiele jeweils reflektiert werden. Das gleicht das Fehlen von Bildern aus, die das Buch sicher noch anregender, wenn auch zugleich umfangreicher als ohnehin schon gemacht hätten.
Was erwartet die Lesenden konkret?
Ein klar gegliedertes Buch, das Schulpastoral im Sinne der Emmausgeschichte versteht und die vier Grundvollzüge der Kirche von daher aufschließt: Diakonia: Mitgehend – Martyria: Mitsuchend und mitdeutend – Koinonia: Mitlebend – Leiturgia: Mitfeiernd. Als Nutzerin und Nutzer auf Ideensuche kann man sich in diesem System leicht zurechtfinden. Verfasst wurden die Beiträge von Autorinnen und Autoren aus beiden christlichen Konfessionen – schulpastorales Handeln ist tatsächlich kaum mehr anders als ökumenisch zu denken. Zudem legte der Herausgeber Wert auf eine breite räumliche Streuung: So finden sich Projekte aus dem gesamten deutschsprachigen Gebiet mit seinen unterschiedlichen Regionen.
So wird der zweite Teil (Martyria) mit dem erwähnten Methodenfundus für spirituelles Lernen an der Schule eröffnet, gut gegliedert nach Themen bzw. nach Altersstufen und Zielen. Es folgen intensiv aufbereitete Beiträge zum Beten, zu Tagen der Besinnung und Orientierung, zu einer Stundenreihe (Projekt zu religiösen Erfahrungen), zur Einrichtung eines Raumes der Stille an der Schule und zu einer Adventswerkstatt für die Grundschule. Aus dem Schulgebäude hinaus führen die – immer mit konkreten Hinweisen angereicherten – Erfahrungsberichte über eine Wallfahrt mit Schülerinnen und Schülern, über spirituelle Entdeckungen im Kirchenraum und über ein Sightseeing der etwas anderen Art, bei dem Menschen einer Stadt überraschend neu entdeckt werden. Zum Schluss erhalten die Lesenden Hinweise zu Theorie und Praxis von Spielfilmen in der Schulpastoral.
Im Großkapitel Koinonia stellt sich der erste Beitrag den Herausforderungen vieler Religionen, aber auch der Konfessionslosigkeit an der Schule und regt dazu an, Religionen ganzheitlich zu entdecken. Wie wichtig für die Schulkultur mit ihrer sich immer mehr verdichtenden Zeit einige Übergangsriten in Tag und Jahr sind, veranschaulicht der folgende Artikel zum Anfangen und Beenden. Dem Klima in den einzelnen Klassen widmen sich die Beiträge zur Gestaltung von Klassentagen und zu „Project Adventure“, einem erlebnispädagogischen Lebenskompetenzprogramm. In der Schnittmenge zur Diakonia bewegt sich die Begleitung von Schüler-Mentoren, welche Verantwortung für (soziale) Projekte an der Schule übernehmen. Schließlich folgt eine Ermutigung zum Drehen von Filmen, die an technischen Hinweisen nichts zu wünschen übrig lässt.
Der letzte Teil (Leiturgia) ist eine Fundgrube für kleine liturgische Elemente in der Schule, für die kreative Gestaltung kleiner Gebetszeiten, für verschiedene Arten von Schulgottesdiensten, für Outdoor-Gottesdienste am Fluss, in der Nacht oder auf dem Weg und schließlich für die Praxis des Segnens.
Umrahmt wird dieser zentrale Teil zum einen von einem einleitendenden Großkapitel „In die Schule gehen“. Es versammelt Beiträge, die ohne Scheu Herausforderungen und schwierige Situationen im Schulalltag benennen und den Ort Gottes in der Schule durchbuchstabieren. Wegweisend dürfte die Erweiterung des Fokus der Schulpastoral auf die Träger- und Zielgruppen sein: Nicht nur für Schülerinnen und Schüler, auch für die Lehrenden und die Eltern kann Schulpastoral zum Lebensimpuls werden. Was das konkret für Eltern heißt, wird nur grundsätzlich erwogen – darin spiegelt sich die gegenwärtige Situation, in der das Zusammenwirken von Schule und Elternhaus als notwendig gesehen, jedoch schulpastoral noch nicht ausgebaut ist.
Zum anderen gibt ein abschließendes Großkapitel „Schulpastoral planen – reflektieren – präsentieren“ konkrete, mehr auf das System Schule bezogene Tipps an die Hand.
Ludwig Rendle ist mit seiner Konzeption und umsichtigen redaktionellen Einführung ein Band gelungen, dem ein breiter Kreis an Leserinnen und Lesern zu wünschen ist: Menschen, die, wie der Klappentext sagt, „den Blick offenhalten für ein Mehr an Leben“.
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg i. Br., Projekt Schulpastoral, Sr. Dr. Jeremia Kraus OSB
„Glück und Lebenskunst“
Englert, Rudolf/Kohler-Spiegel, Helga u.a. (Hg.): Glück und Lebenskunst. Neukirchen-Vluyn 2013, kartoniert, 216 Seiten, ISBN 978-3-7887-2734-5.
Das neue Jahrbuch der Religionspädagogik (JRP, Band 29) widmet sich mit 19 Beiträgen dem Thema „Glück und Lebenskunst“.
Herausgegeben von Rudolf Englert, Helga Kohler-Spiegel, Elisabeth Naurath, Bernd Schröder und Friedrich Schweitzer versammelt das im Neukirchener Verlag erschienene Jahrbuch unterschiedliche Perspektiven zu einem Thema, das seit einiger Zeit einen außergewöhnlichen Boom erlebt. Die Herausgeber lassen zunächst Kinder und Jugendliche zu Wort kommen, erst dann folgen wissenschaftliche Disziplinen. Die Frage, ob Glück ein Erziehungsziel sein kann, wird diskutiert, aber auch z.B. die Frage, ob Glaube glücklich macht und was die Bibel hierzu zu sagen weiß, was die Medien – die Werbung, moderne Literatur oder Märchen –, was Philosophie und Religion(en). Religionspädagogisch interessante und anregende Beiträge finden sich im letzten Teil des Buches, wenn es neben konkreten Materialien und Anregungen für den Religionsunterricht um die Auseinandersetzung mit dem neuen Unterrichtsfach „Glück“ geht oder um die Frage, ob Glück und Lebenskunst Thema und Ziel des Religionsunterrichts sein kann.
Der Band bietet nachdenkenswerte Impulse für die Reflexion des eigenen Unterrichts und er mahnt „eine Kurskorrektur an sowohl gegenüber der Vorstellung, Glück sei machbar, als auch gegenüber theologischer Glücksvergessenheit – eine Kurskorrektur, die schon darin zur Geltung kommt, dass „Glück“ (wieder) als Topos der theologischen Reflexion anerkannt wird“ (S. 204).
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg i. Br., Referat Gymnasium, Dr. Maria Jakobs (Stellvertreterin des Direktors)
50 Jahre „Nostra aetate“
Andreas Renz: Die Katholische Kirche und der interreligiöse Dialog : 50 Jahre „Nostra aetate“. Vorgeschichte, Kommentar, Rezeption. Kohlhammer Verlag Stuttgart 2014, 286 Seiten, ISBN 978-3-17-023425-3.
Andreas Renz, Leiter des Fachbereichs „Dialog der Religionen“ im Erzbischöflichen Ordinariat München und Lehrbeauftragter an der LMU München, hat unter dem Titel „Die Katholische Kirche und der interreligiöse Dialog“ die Vor- und Entstehungsgeschichte zur Konzilserklärung „Nostra aetate“ dargelegt, den Text kommentiert und sich mit seiner Rezeption auseinandergesetzt.
Der soeben erschienene Band enthält eine systematische und fundierte Auseinandersetzung mit einem der wohl wichtigsten Dekrete des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ausgehend von der Vorgeschichte (Kap I), in der der Autor die biblischen und geschichtlichen Grundlagen entfaltet, legt er in Kapitel II die Aussagen des Konzils ausführlich dar, auch in ihrem Entwicklungsprozess, und ordnet das Dekret abschließend in das Gesamtkonzil ein. (Der Text und seine einzelnen Stadien werden nach Aussage des Verfassers im Vorwort als Synopse auf der Homepage des Verlags einsehbar sein). Hieran schließen sich Ausführungen zur Rezeptions- und Wirkungsgeschichte (Kap. III) an, in denen Renz auch auf den unterschiedlich praktizierten Religionsdialog der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. eingeht und sich vorsichtig einschätzend auch zu Papst Franziskus äußert. Das Buch schließt mit der Aufforderung, die „Zeichen der Zeit“ zu lesen im Blick auf die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen des interreligiösen Dialogs (Kap. IV). Ansatzpunkt hierbei ist, interreligiösen Dialog im umfassenden Sinn zu verstehen, nicht als intellektuellen Diskurs oder lockeres Gespräch, sondern als ein den ganzen Menschen betreffendes Beziehungsmuster, das sich in vier Dimensionen (im Alltag, im religiösen und theologischen Diskurs, im partnerschaftlichen Handeln sowie in der spirituellen Erfahrung) entfaltet und „zu einer Bereicherung und Vertiefung des individuellen Glaubens und Lebens“ führen kann (S. 209), wenn es gelingt, bei aller Unterschiedlichkeit der Religionen, verlässliche Strukturen und Netzwerke aufzubauen, die auch in schwierigen Situationen und Phasen halten“ (S. 210). Renz beschließt seine sachkundige Analyse mit einer Würdigung von Nostra aetate und einer auf den Tugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Besonnenheit sowie Glaube, Liebe und Hoffnung basierenden „kleinen Tugendlehre des interreligiösen Dialogs“. Sie ist ganz dazu angetan, auch das Bemühen um einen interreligiösen Dialog im schulischen Kontext zu leiten.
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg i. Br., Referat Gymnasium, Dr. Maria Jakobs (Stellvertreterin des Direktors)
„Weißt du, wer ich bin?“
Elisabeth Dieckmann, Clauß Peter Sajak (Hg.): „Weißt du, wer ich bin?“. Initiativen und Projekte für das interreligiöse Lernen Lit Verlag Münster 2014 (= Forum Religionspädagogik interkulturell, Bd. 24) ISBN 978-3-643-12299-5.
Claus Peter Sajak und Elisabeth Dieckmann legen unter dem Titel „Weißt du, wer ich bin?“ einen kleinen Band vor, in dem der Ertrag des gleichnamigen interreligiösen Projekts und des Projekts „Trialog der Kulturen“ zusammengetragen und aus unterschiedlichen Perspektiven analysiert wurde.
Kann es gelingen, dass Kinder und Jugendliche jene Kompetenzen erwerben, die sie befähigen, im interreligiösen und interkulturellen Dialog sprachfähig zu werden und so zu einem friedlichen und wertschätzenden Miteinander in einer zunehmend multireligiösen und multikulturellen Gesellschaft beizutragen – im alltäglichen Zusammenleben in Schule und Umfeld, im religiösen und theologischen Austausch, im partnerschaftlichen Handeln und schließlich auch im Bereich spiritueller Erfahrung? Die Projekte „Weißt du, wer ich bin?“ und „Trialog der Kulturen“ sind zwei wegweisende Initiativen, die sich seit einigen Jahren dieser Herausforderungen im schulischen und elementarpädagogischen Kontext stellen.
Nun erschien in der Reihe „Forum Religionspädagogik interkulturell“ eine Dokumentation zur Evaluation des interreligiösen Projekts „Weißt du, wer ich bin?“, das in den Jahren 2004 bis 2011 in zwei Phasen durchgeführt wurde. Beteiligt daran waren vier Projektträger: die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK), der Zentralrat der Juden in Deutschland (ZJD), der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB). Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die zweite Phase von 2008 bis 2011 mit 84 geförderten Initiativen. Evaluiert wurde erstens die qualitative Ebene, die sich der Frage widmete, wie die Projektarbeit und Zusammenarbeit der Führungsgremien auf Bundesebene gestaltete; zweitens die materialanalytische Ebene anhand der einzelnen Projektabschlussberichte und schließlich drittens auf der Grundlage des Materialhefts zur interreligiösen Erziehung für Kindertagesstätten die Frage, ob die darin zur Verfügung gestellten Projektidee und -materialien dazu beitragen können, die religiöse Pluralität kind- und elterngerecht zu thematisieren. Im Einzelnen enthält die Publikation folgende Beiträge:
Wen Entwicklung, Zielsetzung und Arbeitsweise des Projekts interessieren, erhält mit dem Beitrag von Elisabeth Dieckmann einen umfassenden Überblick von den Anfängen in den 90er Jahren bis 2011. Claus Peter Sajak geht in seinem Beitrag „Interreligiöse Kompetenz entwickeln“ von Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Schulwettbewerb zur Initiative „Trialog der Kulturen“ aus, einem interreligiösen Projekt der Herbert Quandt-Stiftung, das sich parallel zum Projekt „Weißt du, wer ich bin?“ entwickelte. Auf der Grundlage von sieben durchgeführten Wettbewerben zum „Trialog der Kulturen“ analysiert er den darin sichtbar werdenden interreligiösen Kompetenzerwerb und veranschaulicht am Beispiel der Fachschule für Sozialwesen in Speyer (Einen trialogischen Gebetsraum gemeinsam gestalten), wie trialogisches Lernen interreligiösen Kompetenzzuwachs ermöglicht. Anna Vennemann stellt ausführlich ihre qualitative Untersuchung vor. Diese beruht auf der Analyse der Interviews mit Mitgliedern der Führungsebene (Vorstand, Ausschuss, Projektbeauftragte). Insgesamt kommt die Autorin zu dem Ergebnis, dass die Auswertung sowohl positive Aspekte aufweist wie auch Defizite hinsichtlich der Zusammenarbeit der Projektverantwortlichen erkennbar macht. Anna Fragnellis Fokus befasst sich mit der materialanalytische Evaluation. Grundlage hierfür sind die qualitativ wie quantitativ sehr unterschiedlichen Projektabschlussberichte, die sie auf der Folie zweier Kompetenzkonzepte (Sajak/Muth und Schambeck) durchleuchtet. Im Ergebnis bietet sich auch hier kein einheitliches Bild, dennoch gelte es, so die Autorin, gelungene Projektideen regelmäßig zu fördern, um Nachhaltigkeit zu erzielen. Schließlich geht es im Beitrag von Anne Bendler um Projekte aus dem Bereich von Kindergärten und Kindertagesstätten, die im Rahmen des Gesamtprojekts gefördert und in einer Handreichung für das interreligiöse Lernen im Vorschulbereich zusammengestellt wurden. Die Autorin setzt sich hierin kritisch mit der Frage auseinander, „in welchem Maße die interreligiösen und interkulturellen Kompetenzen von Kindern dabei begleitet und gefördert wurden“ (S. 154). Ihre Analyse zeigt, dass interreligiöses Lernen in Kindertagesstätten zwar einen hohen Anspruch an die Verantwortlichen stellt, aber es dennoch gelingen kann, dass Kinder entsprechende Kompetenzen entwickeln. Hilfreich dabei seien nicht zuletzt die in der Handreichung gesammelten Projektvorschläge.
Die Stärke der Publikation liegt in den themenbezogenen detaillierten Einblicken in die Projekte. Eine zusammenschauende Analyse der Einzelergebnisse und eine daraus resultierende, richtungsweisende religionspädagogische Gesamtperspektive steht allerdings noch aus. Möglich, dass diese in einer weiteren Publikation noch folgen. Positiv vermerken die Herausgeber im Vorwort, dass dank des Projekts „Weißt du, wer ich bin?“ die Zusammenarbeit der ACK mit den repräsentativen jüdischen und muslimischen Verbänden als gleichberechtigtes Miteinander qualitativ gestärkt werden konnte.
Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese Freiburg i. Br., Referat Gymnasium, Dr. Maria Jakobs (Stellvertreterin des Direktors)